Kommentar von RTL-Politikchef nach Behörden-VideoSommermärchen 2006 Schuld an Rechtsruck? Wie sehr muss man die eigene Fahne verachten!

Geht’s noch?!
Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) veröffentlicht in einem Video eine „steile These”: Die deutsche Nationalmannschaft und Weltmeisterschaft 2006 - DAS Sommermärchen - könnten der Grund für den Rechtsruck in Deutschland sein. Das Video ist mittlerweile gelöscht. Doch die Bundesbehörde hätte so etwas niemals veröffentlichen dürfen. Ein Kommentar.
Im Video: Bundesbehörde bekommt heftigen Shitstorm ab
Es gibt sehr wohl dumme Fragen - diese war saublöd!
Es gibt keine dummen Fragen, es gibt nur dumme Antworten, heißt es oft. Aber das stimmt nicht, es gibt sogar sehr dumme Fragen (mit entsprechenden Antworten). Und das jüngste Video der hochoffiziellen Bundeszentrale für Politische Bildung beweist es. Leider auf Kosten der Steuerzahler.
„Sind Poldi, Klinsi und Co. schuld am Rechtsruck in Deutschland?“, wird allen Ernstes gefragt, und das ist eine saublöde Frage. Ohne das Sommermärchen 2006, bei dem eine ganze Menge schwarz-rot-goldene Deutschland-Fahnen auf den Party- und Fanmeilen geschwenkt wurden, hätte es die fremdenfeindliche „Pegida“-Bewegung (zehn Jahre später) nicht gegeben, bei der auch eine ganze Menge Deutschland-Fahnen geschwenkt wurden.
Das ist in etwa so intelligent wie der Satz: „Sonntags fährt die Straßenbahn schneller als bergab.“ Außer dass sie Fahnen dabei hatten, haben sie nichts miteinander zu tun: die gut gelaunten jungen Leute auf der Fanmeile 2006 und die spießigen Kleinbürger auf den Pegida-Demos in Ost- oder Westdeutschland. Die einen feierten ausgelassen ihre und die Mannschaften aus aller Welt. Die anderen hetzten gegen Flüchtlinge mit anderer Hautfarbe.
Im Video: Orakel sieht keine Chance für Deutschland-Sieg
Schwarz-Rot-Gold sind die Farben der Freiheit
Auch die ganze „Radikalisierung der Rechten“ in Deutschland wäre ohne Sommermärchen (und Pegida) nicht zustande gekommen, heißt es in dem Video von der – noch einmal - hochoffiziellen Bundeszentrale für politische Bildung. Schließlich hat der Rechtsruck etwas mit Nationalismus zu tun, und der mit den Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold. So simpel gestrickt kann man eigentlich nicht sein. Geht’s noch?
Wie sehr muss man die eigene Fahne verachten, um das zu verbreiten? Nur weil irgendwelche Rechtsaußen-Spinner behaupten, die deutsche Fahne gehöre ihnen allein, ist da ja noch lange nicht richtig. So einfach sollte man es ihnen nicht machen, sondern widersprechen: Historisch sind „Schwarz-Rot-Gold“ die Farben des bürgerlichen Aufbegehrens gegen die deutschen Fürsten und Könige vor 150 und mehr Jahren – die Farben der Freiheit. Seit dem Zweiten Weltkrieg sind es die Farben der Bundesrepublik, die mit Willy Brandts Worten ein „Volk der guten Nachbarn“ in Europa und der Welt wurde.
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Bundeszentralle soll eigentlich Demokratie fördern
Die Bundeszentrale für Politische Bildung gilt als Speerspitze der Demokratieförderung in Deutschland. Für dieses ehrbare Ziel wendet die Regierung einen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr aus Steuermitteln auf, und es ist in den letzten Jahren mit der Ampel-Regierung stetig mehr geworden. Die in weiten Teilen anti-demokratische AfD ist in dieser Zeit übrigens stetig stärker geworden. Das könnte man einen krachenden Misserfolg nennen, der sich zur echten Gefahr auswächst. Darüber, ihr eigenes Versagen nämlich, sollten die Verantwortlichen mehr nachdenken als über die Frage, ob Poldi, Klinski und das Sommermärchen irgendwie Pegida und AfD den Weg bereitet haben.
Bundeszentrale für Politische Bildung gibt Fehler zu
Ein Sprecher der Bundeszentrale erklärt auf RTL-Anfrage „Wir haben das jüngst veröffentlichte Reel „2006 – ein Sommermärchen für den Nationalismus“ gelöscht. Die Veröffentlichung war ein Fehler. Das Video entspricht inhaltlich und in der Umsetzung nicht den Qualitätsansprüchen der Bundeszentrale für politische Bildung. Wir haben die übrigen Videos der Serie ‘Politik raus aus den Stadien’ ebenfalls aus dem Netz genommen und werden diese einer kritischen Qualitätsprüfung unterziehen.”