Trauerfeier für getöteten Polizisten in MannheimDer bewegende Brief von Rouven Laurs Familie im Wortlaut
„Diese riesige Welle der Anteilnahme, das berührt uns zutiefst”
Die ganze Republik trauert um den getöteten Polizisten Rouven Laur (29). Während der Trauerfeier im Mannheimer Congress Center Rosengarten, lässt seine Familie einen Brief verlesen, der viele zu Tränen rührt. RTL veröffentlicht den gesamten Brief im Wortlaut.

„Die Wirklichkeit schlägt mit voller Wucht zu, der Schmerz scheint greifbar zu sein”
„Liebe Menschen, die ihr mit uns gemeinsam trauert, hier im Rosengarten, draußen vor den Leinwänden und daheim vor den Bildschirmen.
Was in den letzten Tagen um uns herum passierte, diese riesige Welle der Anteilnahme, das berührt uns zutiefst. Die Solidarität mit Rouven ist mittlerweile so riesengroß, wir können es irgendwie nicht mehr begreifen. Auch sehr viele, uns unbekannte Menschen finden tröstende Worte. Wir spüren, dass wir mit dieser, für uns immer noch surrealen Situation, nicht alleine sind.
Seitdem wir am Freitagmittag die Gewissheit hatten, dass es Rouven war, der am 31. Mai schwer verletzt wurde, ist unsere Welt eine andere.
Seinem eigenen Kind, dem Bruder und Schwager, mit dem man noch am Vortag gemeinsam gekocht und fröhlich gegessen hat, nun beim Sterben zuzusehen, das will der Verstand nicht begreifen. Aufzuwachen aus einem Albtraum, das war unsere Hoffnung. Vergeblich.
Wir haben Rouven die ganze Zeit begleitet, mit seinen Ärzten gehofft, die mit all ihrem Können und ihrer Erfahrung um ihn kämpften, am Ende vergebens. Den Ärzten und dem gesamten Team der Station 32/2, der Notaufnahme, den Notärzten und der Rettungsmannschaft am Tatort möchten wir hier nochmals für ihren unglaublichen Einsatz und ihren professionellen und liebevollen Umgang mit Rouven und uns von Herzen danken. Und auch vor allem seinen Kollegen, die sich vor Ort sofort beherzt um ihn kümmerten.
Nach den letzten Tagen, in denen wir immer wieder glaubten, dass Rouven nur in Heidelberg in seiner Wohnung ist, wird es nun jeden Tag gewisser, dass er nicht mehr wiederkommt. Es weicht die Hoffnung der Realität. Und die tut verdammt weh. Die Wirklichkeit schlägt mit voller Wucht zu, der Schmerz scheint greifbar zu sein.
Wir fangen jetzt langsam an zu realisieren, wo er uns fehlen wird:
Wenn wir bei WhatsApp schreiben, wer zum Essen kommt, wird seine Antwort fehlen.
Wenn wir Dinge erleben, die wir ihm erzählen möchten oder wo wir seinen weisen Rat brauchen. Keine Antwort mehr.
Es werden unsere Gespräche fehlen über Gott und die Welt und sehr oft über Politik, seine klugen Worte, ihm war wirklich nichts Menschliches fremd.
Wenn seine kleine Nichte, die so gerne mit ihm spielte, immer wieder fragt: wo ist Rouven? Und wir ihr versuchen zu erklären, dass er jetzt in unseren Herzen wohnen wird.
Wenn wir gemeinsam Geburtstage und Weihnachten feiern und einer nicht dabei ist.
Wenn am Esstisch ein Platz leer bleibt und die Gespräche mit ihm und sein Lachen fehlen werden.
Die angefangene Feuerstelle in unserem Garten, wo er die Planung und erste Arbeiten übernommen hatte.
Sein Esskastanienbaum, den wir zu seiner Geburt gepflanzt haben, der grad so wunderschön blüht und uns die Tränen laufen lässt, wenn wir aus dem Fenster blicken.
Beim Stand Up Paddling auf den Badeseen oder dem Neckar wird einer weniger dabei sein, und es gibt noch soviel mehr. Rouven fehlt. Überall.
Unser Verlust ist unbeschreiblich. Ohne Rouven fühlt sich unser Zuhause leer und still an.
Wir vermissen seine Stimme, seine Wärme und seine unerschütterliche Unterstützung, die er uns allen bedingungslos schenkte.
Wir können es uns noch nicht im Geringsten vorstellen, wie schlimm es sein wird, seinen 30. Geburtstag im Dezember ohne ihn zu feiern.
Rouven hat eine Lücke hinterlassen, diese können wir nicht mehr schließen, aber wir dürfen weiterleben und müssen mit dieser Lücke leben lernen, denn sie bleibt.
Rouven hat die Werte gelebt, die uns wichtig sind:
Dass Familie nicht nur wichtig ist, nein, Familie ist einfach alles.
Dass man sich nicht über alles zu viele Gedanken machen sollte.
Dass man, wenn man was angefangen hat, das auch durchzieht.
Sich nicht unterkriegen lassen.
Auf Augenhöhe diskutieren.
Andersdenkende respektieren.
Sich klug auszudrücken.
Die Wahrheit sagen.
Dennoch auch Unbequemes ansprechen, Quellen recherchieren, nicht alles glauben, was im Netz steht.
Was uns in der Trauer hilft, ist, dass wir mit einem reinen, einem guten Gefühl das letzte Mal hier auf Erden gesehen haben, als er einfach mit seinem so typischen Lachen im Gesicht „Tschüss, bis bald“ gesagt hat und um die Hausecke zu seinem Auto gegangen ist.
Rouven wollte schon immer zur Polizei. Für ihn gab es keinen Plan „B“. Seine Arbeit als Polizist war für ihn mehr als ein Job, die Kollegen waren seine zweite Familie. Er hat sich nicht ein einziges Mal beschwert über Wochenend-Schichten und längere Arbeitszeiten. Er war mutig, ambitioniert und stets bereit, sich Herausforderungen zu stellen, um die Sicherheit und das Wohl seiner Mitmenschen zu gewährleisten. Rouven glaubte fest daran, dass jeder einzelne die Kraft hat, die Welt zu einem besseren Ort zu machen und er lebte diese Überzeugung in allem, was er tat.
Wir werden nicht nach dem „Warum“ fragen, darauf würden wir keine Antwort bekommen, aber sein Tod ist ein brutales und für uns alle so herzzerreißendes Zeichen dafür, dass in unserer Gesellschaft noch so viel verändert werden muss.
Rouven hätte nicht gewollt, dass wir uns von Hass und Wut überwältigen lassen. Stattdessen hätte er uns ermutigt, seine Werte weiterzutragen und für Veränderung und Neuausrichtung zu kämpfen.
Es liegt nun an uns allen und vor allem an der Politik, dass sich was ändert. Und dass nicht, wenn die letzte Träne getrocknet ist, wieder alles zur normalen Tagesordnung übergeht. Wir dürfen seinen Tod nicht als sinnlos hinnehmen. Nur so kann Rouven die Ehre erwiesen werden, die er verdient.
Durch diesen unfassbar großen Zuspruch von Menschen aus ganz Deutschland und zum Teil weltweit, schöpfen wir die Hoffnung, dass nun politisch wohlüberlegt reagiert und gehandelt wird.
In der Erinnerung und in Dankbarkeit, dass wir eine schöne, viel zu kurze, aber sehr intensive Zeit mit Rouven verbringen durften, finden wir als Familie die Stärke, weiterzuleben.
In diesem Moment der Trauer sind wir dankbar für die liebevolle Unterstützung und das Mitgefühl, das wir von unseren Freunden und unserer Familie erfahren.
Rouvens Leben war ein Licht, das leuchtet und dieses Licht soll nicht verlöschen.
Lieber Rouven, du wirst immer bei uns sein, in unseren Herzen und in unseren Köpfen. Du warst das Licht, das die Tage hell macht. Wir alle hier sind nun aufgefordert, das zu schützen, was dir wichtig wahr: das Grundgesetz, die Freiheit, die Polizei, die Feuerwehr, die Rettungskräfte, den Frieden und die Werte einer demokratischen Gesellschaft. Dein Tod, so will es deine Familie, soll nicht sinnlos gewesen sein. Ruhe in Frieden, du wundervoller Freund.”
Im Video: Kollege des getöteten Rouven Laur im Interview
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Messerangreifer sticht auf Rouven Laur ein
Am Freitag (31. Mai) kommt es in der Mannheimer Innenstadt zur tödlichen Attacke: Ein Messerangreifer attackiert den Islamkritiker Michael Stürzenberger. Als Rouven in das hektische Geschehen am Marktplatz eingreift, treffen ihn zwei Stiche in den Kopf. Zwei Tage kämpfen Ärzte um das Leben des jungen Polizisten - doch alle Bemühungen sind vergebens., Rouven Laur stirbt im Krankenhaus.





























































