Zwei weitere Zeugen im Hoeneß-Prozess – Entscheidung über Urteilstermin

Nach den spektakulären Enthüllungen über weitere Steuerschulden in zweistelliger Millionenhöhe wurden am dritten Prozesstag gegen Uli Hoeneß zwei zusätzliche Zeugen angehört, die ursprünglich nicht auf der Vernehmungsliste standen. Dabei handelte es sich um einen Betriebsprüfer, der Einkommensmillionär Hoeneß regelmäßig kontrolliert hat, und einen EDV-Mann des Finanzamtes Rosenheim. Die Gerichtssprecherin gab bekannt, dass die Beweisaufnahme am Donnerstag geschlossen und ein Urteil erwartet wird.

Der Präsident des FC Bayern München Uli Hoeneß, steht am 12.03.2014, dem dritten Prozesstag, als Angeklagter im Landgericht München II (Bayern). Hier findet der Prozess gegen Hoeneß statt, der im großen Stil Steuern hinterzogen haben soll. Foto: Marc Müller/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Das Urteil gegen Bayern-Boss Uli Hoeneß könnte nun doch wie geplant am Donnerstag fallen.

Der EDV-Mann brachte Licht in das Dunkel der zeitlichen Abläufe. Vor allem ging es um ein Dokument, das Hoeneß und seine Anwälte dem Gericht erst kurz vor Prozessbeginn vorlegten. Die pdf-Datei mit Daten zu seinem Schweizer Konto war nach Angaben der Steuerfahnderin bereits am 18. Januar 2013 erstellt worden - einen Tag nach Hoeneß' Selbstanzeige. Dem Gericht wurde sie aber erst ein Jahr später vorgelegt. Das Erstellungsdatum konnte der Zeuge nicht voll umfänglich bestätigen. Es beziehe sich nicht auf alle, sondern lediglich einige Daten.

FDP-Politiker Wolfgang Kubicki hält die Aussage des EDV-Experten für wesentlich dafür, ob man dem Bayern-Präsidenten noch Milderungsgründe zubilligen könne. "Das wird wesentlich für die Beantwortung der Frage sein, ob Hoeneß ehrliche Reue zeigt, oder aber versucht hat, zu tricksen", sagte der Jurist auf 'Phoenix'.

Zuvor war am zweiten Prozesstag bekanntgeworden, dass Hoeneß offenbar noch deutlich mehr Steuern hinterzogen hat als von ihm selbst zum Auftakt eingeräumt. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht nun von einer Steuerschuld von mindestens 27,2 Millionen Euro aus. Hoeneß' Anwalt Hanns W. Feigen hat die neue zur Last gelegte Summe akzeptiert. "Die Zahlen hält die Verteidigung für sachgerecht, da zweifeln wir nicht dran", sagte er. Hoeneß hatte am Montag gestanden, 18,5 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben. In der Anklageschrift stand ursprünglich die Summe von 3,5 Millionen Euro.

Die neuen Zahlen fußen auf Berechnungen, die eine als Zeugin geladene Steuerfahnderin aus Rosenheim am Dienstag dem Gericht schilderte. Die Finanzbeamtin sichtet eine Unmenge an Daten, die Hoeneß erst kurz vor dem Beginn seines spektakulären Verfahrens eingereicht hatte. Der Bayern-Patron muss nach der weiteren Verschärfung seiner Lage mehr denn je eine Freiheitsstrafe befürchten.

"Freiheitsstrafe so sicher wie das Amen in der Kirche"

Der Bundesgerichtshof sieht Haft schon bei einer Steuerschuld ab einer Million Euro vor. Kubicki glaubt nicht mehr daran, das Hoeneß mit Bewährung davon kommt. Die drastische Erhöhung beim Umfang der Steuerhinterziehung habe endgültig dazu geführt, dass eine Strafbefreiung unmöglich geworden ist. "Es kann keine korrekte Selbstanzeige gewesen sein, sonst wären wir alle von den Summen jetzt nicht überrascht worden." Im Prinzip habe das Gericht bereits mit der Zulassung der Anklage deutlich gemacht, dass man eine strafrechtliche Relevanz für möglich halte.

Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, hält eine Bewährungsstrafe für zunehmend unwahrscheinlich. "Die Freiheitsstrafe ist so sicher wie das Amen in der Kirche", sagte er dem 'Kölner Stadt-Anzeiger‘. "Bei einer Strafe von über zwei Jahren ist keine Bewährung mehr möglich. Und wenn man alle Strafen addiert, könnten es theoretisch bis zu 15 Jahre sein."

Eigenthaler kritisierte zudem, dass Hoeneß Informationen lange Zeit zurück gehalten hat. "Das ist Teil einer Salamitaktik", erklärte er. "Mich würde es als Gericht stören, wenn ich zu Beginn einer Verhandlung so viele neue Unterlagen und Details kriege, dass meine gesamte Prozesskonzeption über den Haufen geworfen wird."

Die Steuerstrafrechts-Expertin Christine Varga hält dagegen eine Bewährungsstrafe weiter für möglich. Obwohl Hoeneß Unterlagen offenbar verspätet eingereicht und Fristen verstreichen lassen hat, könne die Selbstanzeige "trotz der formalen Unregelmäßigkeiten erheblich zu seinen Gunsten gewichtet werden", sagte Varga.

Laut der Juristin müssten die Gesamtumstände im Fall Hoeneß berücksichtigt werden. "Wer Selbstanzeige erstattet und den Steuerbehörden freiwillig Unterlagen vorgelegt, erleichtert deren Arbeit spürbar." Das Gericht müsse nun entscheiden, "ob das erheblich zu seinen Gunsten gewichtet wird", oder ob es sich der Staatsanwaltschaft anschließe. Diese betrachtet Hoeneß' Selbstanzeige als nicht wirksam. "Diese beiden Positionen muss das Gericht bewerten. Der Ausgang des Prozesses ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer vorherzusagen." Allerdings meint Varga: "Eine Bewährungs- in Verbindung mit einer Geldstrafe ist durchaus möglich."