„Grober Unfug!“ Tierärztin verrät, was wirklich hilft
Zahnstein-Alarm bei meinem Hund! Wie ich voll in die Werbefalle tappte
Diese 40 Euro waren die dümmste Investition des letzten Jahres.
Ich liebe meine Hündin über alles und möchte ihr das Leben so angenehm wie möglich gestalten. Dafür nehme ich auch gerne Geld in die Hand. Doch in meinem ersten Jahr als Hunde-Mama habe ich auch gelernt, dass man mit Frauchen wie mir gutes Geld verdienen kann – einfach, indem man völlig überflüssige Quatsch-Produkte verkauft. Worauf ich genau reingefallen bin und was stattdessen wirklich hilft.
Hilfe, mein Hund hat Zahnstein - und jetzt?
Als ich meine Hündin Luna bekommen habe, hatte sie einige gesundheitliche Baustellen. Eine war angesichts ihres strengen Mundgeruchs auch für Medizin-Laien offensichtlich: Das Tier hat Zahnprobleme. Ein Besuch beim Tierarzt brachte Gewissheit. Mehrere Zähne mussten gezogen werden, waren teils sogar entzündet. Die Ursache dafür: Zahnstein, der über Jahre, in denen unsere Hündin in schlechter Haltung gelebt hatte, nicht behandelt worden war.
Obwohl ich geahnt hatte, dass es Zahnprobleme geben kann, war ich über das Ausmaß schockiert. Immerhin wirkte Luna fit, aß ohne Probleme und spielte. Doch das ist ein weit verbreiteter Irrglaube, wie Tierärztin Tanja Pollmüller, bekannt als Doc Polly, erklärt: „Grundsätzlich haben viele Hunde Probleme mit Zahnstein, das wird oft total unterschätzt. Viele Halter denken sich: Ach der frisst ja noch, dann kann es nicht so schlimm sein. Das ist aber ein Trugschluss!“
Sie wird deutlich: „Bis ein Hund nicht mehr frisst, muss quasi der halbe Kieferknochen weggeeitert sein. Man macht sich kein Bild davon, wie viel Zahnschmerz ein Tier aushalten kann.“
Ein Zahnstein-Spray aus dem Internet soll angeblich helfen
Nach der Diagnose bei meiner Hündin mache ich direkt einen Termin für eine Zahnsanierung. Dafür gibt es zunächst diverse Voruntersuchungen, schließlich wird meine Kleine für die Zahnreinigung und -entfernung in Narkose gelegt. Deshalb dauert es einige Wochen, bis wir das Zahnstein-Problem tatsächlich beheben können. Im Internet suche ich zwischenzeitlich nach Mitteln, die meiner Hündin helfen können. Schnell finde ich die scheinbare Lösung: ein Zahnstein-Spray!
Diese Dentalsprays für Hunde gibt es in diversen Farben und Formen. Allen gemein ist der hohe Preis von im Schnitt 40 Euro für 150 Milliliter – und das Versprechen, effektiv gegen Zahnstein zu helfen.
„Entfernt Zahnbelag 100% natürlich“ oder „Natürlich-effektive Zahnpflege (...) entfernt Zahnstein und hilft bei Zahnfleischentzündung“, versprechen die Slogans. Dazu gibt es Beweis-Fotos und -Videos. Man sieht dreckige Zähne, teils entzündetes Zahnfleisch – und Fotos, angeblich nach der Spray-Anwendung, mit blitzeblanken Hunde-Beißerchen.
Natürlich erhoffe ich mir bei meiner Hündin durch das Dentalspray keine Wunderheilung. Aber in jedem Fall kann es nicht schaden, oder?!
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Zahnstein beim Hund selbst entfernen - entgegen der Werbeversprechen hilft Dentalspray gar nicht
Kaum ist das Paket mit der „Wunderwaffe“ angekommen, informiere ich meinen Freund darüber, dass es fortan über jede Mahlzeit zu sprayen sei. Er ist von Anfang an skeptisch, sagt aber zu. Tag für Tag sprayen wir das (durchaus etwas müffelnde) Spray von jetzt an über das Futter unserer Hündin.
Nach drei Wochen haben wir wieder einen Termin beim Tierarzt. Ich frage, ob er eine Besserung sehen kann, wir hätten ein Dentalspray gekauft. Seine Antwort: ein mitleidiges Lächeln. Nein, da gäbe es keine Besserung, im Gegenteil.
Auch Doc Polly ist nicht überrascht. Sie betont, dass es keine ausreichend nachgewiesene Wirkung für Zahnpflegesprays gibt. „Das ist zwar nett gemeint, aber nicht ausreichend wirksam. Grundsätzlich gilt: Was nicht durch Tierarzthände geht, sollte mit Vorsicht betrachtet werden“, betont die Expertin.
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Tierärztin Doc Polly über Dentalsprays: „So grober Unfug, das ist in meinen Augen strafbar“
Tatsächlich können Produkte wie das, was ich erworben habe, richtig gefährlich für die Tiere werden.
„Es gibt wirklich ganz gruselige Dinge. Da werden teils extrem eitrige, kaputte Zähne gezeigt, die angeblich mit irgendeinem Spray geheilt werden können – das ist so grober Unfug, das ist in meinen Augen strafbar. Das ist eine Verkaufsmaschinerie auf Kosten der Gesundheit der Tiere“, so Doc Polly.
In meinem Fall sollte das Spray zwar nur zur Überbrückung bis zur Zahnsanierung dienen. Doch was, wenn ich mich wirklich darauf verlassen hätte? Dann hätte mein Hund möglicherweise wochen- oder monatelang gelitten.
Zahnstein vorbeugen und entfernen: Was Hunden wirklich hilft
Um das Problem zu vermeiden, gibt es nur eine Lösung: vorbeugen! Doc Polly empfiehlt, den Hund so früh wie möglich ans Zähneputzen zu gewöhnen. „Wenn man das geschafft hat, sind das 20 Sekunden pro Tag, die einem im Zweifelsfall bis zu 1.500 Euro für eine Zahnsanierung des Hundes sparen.“ Wichtig: Keine Zahnpasta für Menschen benutzen, denn die enthält Fluorid.
„Nicht ganz so hilfreich, aber immer noch gut sind Zahnpflegesticks oder bestimmtes Dentalfutter, das einen höheren Abrieb bewirkt“, sagt Doc Polly. Und wenn es zu spät ist? Dann muss eine professionelle Zahnreinigung stattfinden – und zwar ausschließlich beim Tierarzt.
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Der Grund: „Dort werden auch die Zahntaschen gereinigt. Dafür braucht man aber eine Narkose, denn die Behandlung ist schmerzhaft. Sollte bei einem Hund nur der sichtbare Teil des Zahnes gereinigt werden, handelt es sich um eine rein kosmetische Behandlung – und medizinische Augenwischerei. Das schafft im Zweifelsfall noch mehr Unheil.“
Für gesunde Hundezähne gilt also wie bei Menschen: Zähneputzen nicht vergessen! Wir sprühen uns ja auch kein Spray über die Spaghetti…
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