Prozess gegen Erzieherinnen startet

Horror-Misshandlungen in bayerischer Kita? - Eltern: „Das Schlimmste, was man sich vorstellen kann!“

von Patricia Kiel und Michaela Johannsen

„Hätte ich gewusst, was passiert ist, wäre ich sofort ins Krankenhaus gefahren.“
In einer bayerischen Kita soll eine Erzieherin (31) Kleinkinder gequält haben - vor den Augen der Gruppenleiterin (37). Nun beginnt der Prozess vor dem Landgericht in Würzburg gegen die beiden Frauen. Die Eltern eines betroffenen Kindes haben mit RTL gesprochen.

Würzburg: Kind zum Essen gezwungen, Junge aus Hochbett gerissen

Ein Mann und eine Frau in einer Interview-Situation.
Teresa und Ulrich R., die Eltern eines misshandelten Kindes, im Gespräch mit RTL.
RTL

Es sind schreckliche Anschuldigungen, auf die die Anklage der Staatsanwaltschaft Würzburg fußt: Zwei Erzieherinnen einer Kindertagesstätte in Unterfranken werden beschuldigt, Kinder möglicherweise misshandelt zu haben. Die Taten sollen sich zwischen September und Dezember 2021 ereignet haben. Von den Übergriffen betroffen: vier Kinder im Alter zwischen 18 Monaten und zwei Jahren. Eine 31-Jährige soll ein kleines Mädchen zum Essen gezwungen haben, bis es sich erbrochen habe. Einen Jungen (3) soll die Frau zur Strafe brutal aus einem Hochbett gerissen haben - er habe einen großen Bluterguss über einem Auge erlitten. Teresa und Ulrich R., die Eltern des Jungen, sind fassungslos.

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„Unser Kind soll aus dem Hochbett grob am Arm herausgerissen worden sein und hat davon Verletzungen erlitten“, erzählen sie RTL. „Ich habe an dem Tag, als ich mein Kind aus der Kita abgeholt habe, nicht im Geringsten gewusst, dass es so etwas Schlimmes sein sollte, was passiert ist“, so die Mutter. Denn es dauert über ein Jahr, bis die Vorwürfe laut werden und die Eltern Wind davon bekommen. „Das war das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Da ist mir der Boden unter den Füßen weggerutscht“, sagt die Mutter des Jungen.

Im Video: RTL-Reporterin Michaela Johannsen mit neuen Details

Kita-Personal wurde inzwischen ausgetauscht

08.04.2024, Bayern, Würzburg: Eine der beiden Angeklagten (31, l) unterhält sich mit ihrem Rechtsanwalt Hans-Jochen Schrepfer im Sitzungssaal im Landgerichts. Das Landgericht Würzburg verhandelt gegen zwei frühere Erzieherinnen einer Kita in Unterfranken wegen möglicher Misshandlungen von Kindern. Die Taten sollen sich laut Staatsanwaltschaft in einer Einrichtung im Landkreis Würzburg zwischen September und Dezember 2021 ereignet haben. Foto: Heiko Becker/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Hauptangeklagte 31-Jährige erscheint maskiert und in Begleitung ihres Anwalts zur Verhandlung,
hbe kde, dpa, Heiko Becker

Die Taten der Horror-Erzieherin bleiben offenbar nur so lange unentdeckt, weil die Gruppenleiterin weder Eltern noch Kita-Leitung informiert haben soll. Sie muss sich daher wegen Unterlassung vor Gericht verantworten. „Für mich ist das ein Rätsel, wie es überhaupt so laufen kann, dass niemand die Missstände dort mitbekommt“, so der Vater des Jungen.

„Ich weiß, dass ich nicht geholfen habe und dafür auch angeklagt bin“, gibt die 37-jährige Gruppenleiterin vor Gericht an. Ihrer Aussage nach habe ihre ehemalige Kollegin den Kindern „sichtlich wehgetan“. Dennoch bleibt sie lange untätig.

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„Es ist unentschuldbar – es ist gar nicht möglich, dass man so etwas wiedergutmacht“, so der Vater. Warum es zu den Misshandlungen gekommen ist, wird vor Gericht aufgearbeitet. Angeblich habe Unmut und Frust unter den Erzieherinnen zu den Übergriffen geführt. Die 31-Jährige bestreitet die Vorwürfe den Angaben nach bislang. Ihre Kollegin habe sich dagegen bei den Ermittlungen geständig gezeigt.

Junge nach Misshandlungsvorwürfen in neuer Kita untergebracht

Für den Prozess sind insgesamt elf Verhandlungstage bis Anfang Juni angesetzt. Teresa und Ulrich R. hoffen nach dem Vorfall nun, dass „die ein oder andere Mutter oder der ein oder andere Vater ermutigt wird, sensibel mit diesem Thema umzugehen.“ Die Kita-Leitung hat ihren Posten geräumt.

Heute ist die Kita umgebaut. Das ganze Team hat gewechselt. Familie R. ist aktuell sehr zufrieden. Ihr Sohn gehe gerne in die Kita. Er war - so hoffen sie - zu klein, um zu realisieren, was ihm passiert ist.