Nebenklage zweifelt Gutachten anMann fuhr absichtlich in Kindergruppe und tötete ein Mädchen –Beschuldigter kommt in Psychiatrie
Es war ein wirklich grausames Ereignis. Anderthalb Jahre nach der tödlichen Fahrt eines 31-jährigen Mannes in eine Kindergruppe in Witzenhausen (Hessen), müssen die Eltern des achtjährigen getöteten Mädchens heute dem Verantwortlichen ein letztes Mal in die Augen schauen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Unfallverursacher vor, absichtlich in die Gruppe gefahren zu sein. Die Emotionen kochen erneut hoch – mehr im Video.
Urteil: schuldunfähig
Der Angeklagte muss sich unter anderem wegen Mordes aus Heimtücke, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Die Staatsanwaltschaft hält den türkischen Staatsbürger wegen psychischer Erkrankung für schuldunfähig. „Der Beschuldigte leidet an einer paranoiden Schizophrenie“, so der Vorsitzende Richter Jürgen Dreyer. Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, den Mann in einer Psychiatrie unterzubringen, weil sie in ihm eine Gefahr für die Allgemeinheit sieht.
Schon Wochen vor der Tat habe der Angeklagte wahnhaftes Verhalten gezeigt, das sich am Tattag zugespitzt habe. Seine verordneten Medikamente habe er seit November 2020 nicht mehr eingenommen. Weil der Angeklagte mit keinem der Ärzte reden wollte, musste eine Sachverständige das Gutachten nur anhand des laufenden Prozesses erstellen.
Die Nebenklage zweifelt das heute an. Der Todesfahrer sei zum Zeitpunkt des Unfalls voll schuldfähig gewesen. Ein entsprechender Antrag wird aber abgelehnt. Der Anwalt der Eltern des getöteten Kindes ist damit nicht einverstanden: „Es ist eine unbefriedigende Entscheidung für uns, weil wir sie inhaltlich für falsch halten. Aber wir haben das zu akzeptieren. Sowohl wir als auch unsere Mandanten sind nicht zufrieden mit dem Urteil“, so der Anwalt Steffen Hörnig.
Nebenklage hofft auf Revision
Nach langem schweigen meldet sich der Angeklagte kurz vor Schluss des Prozesses doch zu Wort. Es sei nie seine Absicht gewesen in die Kindergruppe reinzufahren. Ihm sei schwarz vor Augen geworden.
Bis auf Weiteres wird der Angeklagte auf unbestimmte Zeit in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Die Nebenklage hofft auf eine Revision.

Rückblick: tödliche Autofahrt
Im Oktober 2021 läuft eine Kindergruppe einen schmalen Weg in Witzenhausen-Gertenbach entlang. Dann steuert der 31-Jährige mit seinem Auto auf sie zu – mit Absicht. Die achtjährige Imke stirbt, zwei weitere Kinder werden schwer verletzt. Ein Schock, der bundesweit für Anteilnahme sorgt. (dpa/naw/aba)