WHO veröffentlicht Studie
Ist das Coronavirus weniger tödlich als gedacht?
Weltweit Antikörper in Studie ausgewertet
Ist das Coronavirus doch weniger tödlich, als bisher vermutet wurde? Das legt nun eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte Metastudie nahe, in der weltweite Antikörper-Studien ausgewertet wurden, um die Infektionssterblichkeit von Covid-19 zu bestimmen.
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Corona ist tödlicher als die Grippe
In der Diskussion, wie mit den rapide wachsenden Neuinfektionszahlen umgegangen werden soll, geht es auch immer wieder um die Frage, wie tödlich Covid-19 ist. Manche behaupten, die Krankheit sei nicht gefährlicher als eine saisonale Grippe, doch Wissenschaftler sind sich zumindest darin einig, dass dem Coronavirus mehr Menschen als einem Influenza-Virus erliegen. Doch wie tödlich Sars-CoV-2 genau ist, ist schwer zu bestimmen, weil man nicht weiß, wie viele Menschen sich tatsächlich angesteckt haben.
Jetzt hat das Bulletin der WHO eine Metastudie der Stanford-Universität veröffentlicht, in der die sogenannte Infektionssterblichkeit anhand von weltweiten Antikörper-Studien ermittelt wurde. Ihren Ergebnissen zufolge ist Covid-19 zwar tödlicher als die Grippe, aber nicht so gefährlich wie bisher angenommen.
Geprüfte Studie eines renommierten Wissenschaftlers
Die Metastudie stammt von John P. A. Ioannidis, Professor für Medizin und Epidemiologie an der Stanford-Universität. Laut Berliner Einstein-Stiftung gehört er aktuell zu den zehn meistzitierten Wissenschaftlern der Welt. Außerdem wurde die Studie bereits geprüft und editiert.
Ioannidis hat insgesamt 61 Studien ausgewertet, in denen erforscht wurde, wie viele Personen eines Landes oder einer bestimmten Bevölkerungsgruppe Antikörper gegen Sars-CoV-2 im Blut haben. So kann ungefähr ermittelt werden, wie hoch in dieser Gruppe die tatsächliche Infektionsrate ist, also wie viele von ihnen sich tatsächlich infiziert haben.
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Nicht alle Infizierten entwickeln Antikörper
Diese sogenannten Seroprävalenzen sind letztendlich nur ungefähre Werte, da vor allem frühe Antikörpertests als relativ unzuverlässig gelten. Außerdem entwickeln offenbar nicht alle Infizierten Antikörper oder bauen sie schnell wieder ab. Trotzdem sollte die Breite der Studie zu recht zuverlässigen Ergebnissen führen.
Insgesamt erstellte Ioannidis aus den Studien 74 Schätzungen von Infektionssterblichkeiten. Dazu teilte er ganz einfach die Anzahl der Covid-19-Todesfälle durch die Anzahl der vermutlich Infizierten einer Region. Dabei korrigierte er seine Ergebnisse um die Anzahl der getesteten Antikörper-Typen. Zusätzlich nahm er in seine Metastudie acht vorläufige nationale Schätzungen auf. Aus Deutschland übernahm Ioannidis die Gangelt-Studie von Hendrik Streeck und eine Studie, die in Frankfurt am Main durchgeführt wurde.
Durchschnittliche Infektionssterblichkeit nur 0,23 Prozent
Dabei gab es höchst unterschiedliche Ergebnisse, was der Wissenschaftler auf Unterschiede in der Altersstruktur der Bevölkerung, der Fallmischung von infizierten und verstorbenen Patienten sowie andere unterschiedliche Faktoren zurückführt. Die Schätzungen der Seroprävalenz reichten von 0,02 bis 53,40 Prozent. Die Infektionssterblichkeiten lagen zwischen 0,00 und 1,63 Prozent, die korrigierten Werte betrugen 0,00 bis 1,54 Prozent.
Insgesamt errechnete Ioannidis eine durchschnittliche Infektionssterblichkeit über 51 Standorte hinweg von 0,27 Prozent, korrigiert 0,23 Prozent. In Regionen mit weniger als 118 Todesfällen pro eine Million Menschen betrug die Rate lediglich 0,09 Prozent. Wo 118 bis 500 Covid-19-Tote pro eine Million Einwohner gezählt wurden, betrug sie 0,20 Prozent, an noch schlimmer betroffenen Standorten lag die Infektionssterblichkeit bei 0,57 Prozent. Betrachtet man nur Bevölkerungsgruppen mit Menschen unter 70 Jahren, betrug die durchschnittliche Rate sogar nur 0,05 Prozent. Zum Vergleich: Christian Drosten geht in Deutschland von einer Sterblichkeitsrate von rund 1 Prozent aus.
Ioannidis räumt ein, dass Antikörper-Studien nicht perfekt sind. Unter anderem sei ihr größtes Problem, dass man nicht genau wisse, ob sie ein repräsentatives Bild einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zeichneten. Außerdem ließen die Ergebnisse einer Region nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Situation eines ganzen Landes zu. Trotzdem geht er davon aus, dass die meisten Gebiete Infektionssterblichkeiten unter 0,20 Prozent aufweisen. Mit Maßnahmen zum Schutz von Risikogruppen könnten sie sogar noch niedriger ausfallen, schreibt er.
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Quelle: ntv.de/RTL.de