Müssen Konsumenten sich jetzt sorgen? WHO bestätigt: Süßstoff Aspartam „möglicherweise krebserregend" - was Experten sagen

Die Liste der Inhaltsstoffe einer Cola Zero, aufgenommen am 16.08.2019 in Berlin. Foto: Andrea Warnecke
Der Süßstoff Aspartam, der unter anderem in der zuckerfreien Coca Cola enthalten ist, ist seit Jahren umstritten.
Andrea Warnecke, picture alliance, dpa

Wie schädlich ist der seit Jahren umstrittene Süßstoff Aspartam wirklich? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte bereits vor einigen Wochen eine Änderung in der Beurteilung angekündigt, jetzt haben Krebsforscher eine neue Einschätzung vorgenommen. Die klingt erst einmal beunruhigend, Ernährungsexperten reagieren aber ziemlich gelassen.

Neue Experteneinschätzung: Aspartam kann Krebs auslösen, aber...

Der häufig in Softdrinks, Joghurt und Kaugummi eingesetzte Süßstoff Aspartam kann laut einer neuen Experteneinstufung unter Umständen bei Menschen Krebs auslösen. „Krebs ist weltweit eine der häufigsten Todesursachen. Die Wissenschaft arbeitet ständig daran, die möglichen auslösenden oder begünstigenden Faktoren zu bewerten, in der Hoffnung, die Zahl der Todesfälle zu verringern", sagte Francesco Branca, WHO-Direktor für Ernährung und Lebensmittelsicherheit.

Aber: In den üblichen konsumierten Mengen dürfte Aspartam kein Problem darstellen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ändert ihre Richtlinien demnach trotz der neuen Einstufung nicht. Sie sieht in den zugrundeliegenden Studien keine Hinweise darauf, dass ein Verzehr im Rahmen der empfohlenen Höchstwerte gefährlich sein könnte. Wer sich daran halte, setze sich nach derzeitigem Wissensstand keinem höheren Krebsrisiko aus, berichtete die WHO.

„Ein Softdrink ab und zu, oder Kaugummi: Da sollte man sich nach jetzigem Stand keine Sorgen machen“, wird Branca zitiert. „Wir empfehlen nicht, dass Verbraucher gänzlich auf Süßstoffe verzichten, aber wir empfehlen Zurückhaltung.“

Und: „Die Bewertungen von Aspartam haben gezeigt, dass die Sicherheit bei den üblicherweise verwendeten Mengen zwar kein großes Problem darstellt, jedoch potenzielle Auswirkungen beschrieben wurden, die durch mehr und bessere Studien untersucht werden müssen."

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Im Video: Die Wahrheit über Aspartam

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Das müssen Sie zu den Hintergründen der Experteneinschätzung wissen

Die neue Einstufung als „möglicherweise krebserregend“ für Aspartam stammt von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) in Lyon, die zur WHO gehört. Die IARC veröffentlichte ihre Erkenntnisse am Freitag in der Fachzeitschrift „The Lancet Oncology“. Sie sah in drei Studien mit Menschen begrenzte Hinweise auf einen Zusammenhang mit einer bestimmten Form von Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom).

Wichtig: Die IARC-Fachleute beurteilen nur, ob ein Stoff im Prinzip Krebs verursachen könnte. Sie berücksichtigen nicht, wie viel davon ein Mensch zu sich nehmen müsste, um ein Krankheitsrisiko zu haben, erklärte Mary Schubauer-Berigan. Sie leitet das für die Einstufung zuständige IARC-Monographs-Programm.

Die IARC-Fachleute fanden unter Hunderten Krebsstudien mit Menschen drei, die sich mit der Wirkung von Süßstoffen befassen. Sie prüften auch Studien mit Mäusen und Ratten. Alle Studien hätten aber für die Beurteilung von Aspartam gewisse Mängel aufgewiesen, räumten sie ein. Deshalb betont die IARC, dass die Beweislage begrenzt ist.

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Aspartam: Ab dieser Menge kann's gefährlich werden!

Aspartam ist ein synthetisch hergestellter kalorienarmer Süßstoff und gehört zu den am weltweit häufigsten eingesetzten Süßstoffen. Das kalorienarme Süßungsmittel ist in Europa für die Verwendung als Tafelsüßstoff und als Lebensmittelzusatzstoff in Nahrungsmitteln zugelassen – etwa in Getränken, Desserts, Süßwaren, Milchprodukten, Kaugummi, kalorienreduzierten Produkten und Erzeugnissen zur Gewichtskontrolle und wird seit Jahrzehnten umfassend untersucht. Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA gilt Aspartam aufgrund eingehender Sicherheitsbewertungen als unbedenklich für den menschlichen Verzehr.

Aber: Laut der EFSA ist Aspartam etwa 200 Mal süßer als Zucker. Der Süßstoff muss auf dem Etikett angegeben sein, entweder mit Namen oder seiner E-Nummer (E951). Aber wie viel davon im Produkt ist, erfahren Konsumenten in der Regel nicht.

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Der WHO-Ausschuss JECFA erklärte, dass er weiterhin empfehle, den Konsum unter 40 Milligramm Aspartam pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag zu halten. Dieser Wert wurde erstmals 1981 festgelegt und Regulierungsbehörden weltweit haben ähnliche Leitlinien.

Ein 70 kg schwerer Erwachsener müsste laut JECFA mehr als neun bis 14 Dosen Diät-Limonade pro Tag trinken, um die zulässige tägliche Aufnahmemenge zu überschreiten. Die WHO fordere die Unternehmen daher nicht auf, Aspartam ganz aus ihren Produkten zu entfernen, sondern rufe Hersteller und Verbraucher zur Mäßigung auf. (vdü/mit dpa)