Das neue Impfangebot darf noch nicht alles sein!
Wer denkt eigentlich an unsere Kinder? Es fehlt an Visionen auch nach der Pandemie...
Von Laura Maria Weber
Jetzt soll es für die Jugendlichen ab dem 12. Lebensjahr ein Impfangebot geben, sofern der Impfstoff von Biontech/Pfizer zugelassen wird. Aber war das jetzt schon die ganze Strategie, um den Kindern in Deutschland den Weg aus der Pandemie zu erleichtern? Am Montag startet in vielen Bundesländern wieder das Schulleben mit Präsenzunterricht. Doch heißt das jetzt: alles wieder auf Anfang wie vor der Pandemie? Klar ist: Die Pandemie hat massive Spuren bei den Kindern und Jugendlichen hinterlassen – psychisch und physisch. Monatelanges Homeschooling, kaum aufzuholende Lernrückstände und fehlende soziale Kontakte und Strukturen haben, wie Studien zeigen, den Jüngsten in der Gesellschaft massiv zugesetzt. Doch wo bleibt jetzt die Kinderlobby?
Göring-Eckardt: Kinder haben in der Pandemie genug Einschränkungen gehabt
Am kommenden Montag geht er wieder los bei vielen Kindern und Jugendlichen – der Schulalltag in Präsenz. Für die meisten wird das wieder eine Umstellung, ein Stück weit zurück in der Normalität zu sein. Doch Schule wie vor Corona wird es vorerst wohl nicht werden, glaubt auch Lehrerpräsident Heinz-Peter Meidinger. Gemeinschaftsveranstaltungen, Sportwettkämpfe, Schülerfahrten und Schüleraustausche werden weitestgehend noch auf Eis liegen. Nur die Maske bleibt wohl treuer Begleiter bis es einen Impffortschritt auch bei den Kindern gibt. Doch der lässt auf sich warten, kritisiert die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt mit Enttäuschung im RTL-Interview.
Junge Menschen hätten in der Pandemie einige Einschränkungen gehabt, deswegen seien Versprechen wie Schulöffnungen und zusätzliche Impfdosen immer Versprechen auf die Zukunft, so Göring-Eckardt im RTL/ntv „Frühstart“. „Wenn die nicht eingehalten werden, dann ist das ein richtiges Problem fürs Vertrauen.“ Das treffe Gesundheitsminister Spahn genauso wie Finanzminister Scholz, der für die Zeit ab Mai „unfassbar viel Impfstoff“ angekündigt habe. „Das ist jetzt nicht der Fall und das ist eine Enttäuschung“. Göring-Eckardt forderte Spahn und Scholz auf, nun für zusätzlichen Impfstoff zu sorgen. Die Grünen-Fraktionschefin rechnet mit flächendeckenden Impfungen von Kindern und Jugendlichen möglicherweise erst aber ab Herbst.
Kinderschutzbund-Präsident im RTL-Interview: Kinder brauchen Räume, um altersgerecht aufzuwachsen
Für Kinder- und Jugendliche heißt das: Abwarten und Unklarheit darüber, wie es weitergeht. Viele leiden massiv unter den Pandemie-Folgen, deshalb setzt der Kinderschutzbund ganz klare Forderungen auf. „Wichtig ist, dass Kinder und Jugendliche wieder die Räume bekommen, um altersgerecht aufzuwachsen. Dazu zählt auch unbeschwert Zeit mit Freunden zu verbringen. Die Politik muss dafür sorgen, dass die Defizite, die Kinder und Jugendliche wegen der Pandemie aufweisen, ausgeglichen werden“, sagt Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers im RTL-Interview.
„Die junge Generation hatte in den vergangen Monaten das Gefühl von Politik und Gesellschaft nicht ausreichend gesehen und gehört zu werden – Kinder und Jugendliche müssen endlich eine höhere Priorität bekommen“, deshalb stellt der Kinderschutzbund die Forderung, dass allen Kindern und Jugendlichen über 12 Jahren bis zum Ende der Sommerferien ein Impfangebot gemacht werden soll, so Hilgers. „Natürlich unter der Voraussetzung, dass ein sicherer Impfstoff für sie zugelassen und empfohlen wurde. Außerdem sollte vor der Impfung eine doppelte Zustimmung – die von Kind und von den Sorgeberechtigten – vorliegen. Einen Impfzwang oder Nachteile im Bereich Bildung oder Freizeit durch das Nicht-Impfen darf es nicht geben.“
Mehr zur Corona-Impfung von Kindern können sie hier erfahren.
Kinderschutzbund: Zahl der Schulabbrecher besorgniserregend
„Konkrete Maßnahmen wie zum Beispiel das Angebot von Schwimmkursen, Ferienfreizeiten oder Nachhilfe begrüßen wir. Leider kommt das sehr spät. Da die Zahl der Schulabbrecher in den letzten zwei Schuljahren besorgniserregend gestiegen ist, fordern wir als konkrete Maßnahme außerbetriebliche Angebote und eine Ausbildungsplatzgarantie. Die Jugend darf jetzt nicht abgehängt werden“, betont der Präsident des Kinderschutzbundes.
Damit Kinder und Jugendliche in den Entzügen der Pandemie langsam wieder aufatmen könnten, gehe es auch darum, Schulen und Kitas schnell wieder zu öffnen und in den Regelbetrieb zu gehen – noch vor Gastronomie, Einzelhandel und co., so der Kinderschutzbund. „Wir fordern, dass endlich die Priorisierung zugunsten der Kinder und Jugendlichen ausfällt.“
Lehrerpräsident: "Viele Kinder brauchen dringend Erholung"
Auch der Präsident des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger spricht sich im RTL-Interview für konkrete Maßnahmen aus, um Kinder und Jugendliche nach der Pandemie wieder aufzufangen und Lerndefizite aufzuholen. „Wir vom Lehrerverband glauben, dass bestimmte Angebote verpflichtend gemacht werden müssen. Wir schätzen, dass 20 Prozent der Schüler so große Lernlücken aufweisen, dass die Sommerschule oder eine Stunde Unterricht am Nachmittag nicht ausreichen werden, um die Lücken aufzuholen", so Meidinger.
Für Ideen wie Sommerschulen bedürfe es jedoch auch Personal – auch außerhalb der Schule wie beispielsweise Lehramtsstudenten oder pensionierte Lehrkräfte. Klar ist also: Der Handlungsbedarf ist groß. Fraglich ist nur, wann und in welcher Form Unterstützung von der Politik kommen wird.