Dramatischer Appell vom Vorsitzenden der Gesundheitsministerkonferenz
Warnung vor Pflegenotstand: „Laufen sehenden Auges in eine humanitäre Katastrophe“

Politiker und Experten warnen bereits seit Jahren: Der Fachkräftemangel in der Pflege wird in einer überalternden Gesellschaft zum Riesenproblem. So jetzt auch der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Er warnt vor einer „humanitären Katastrophe“ in der Alten- und Krankenpflege. „Wenn wir die Abrechnungsmodalitäten an die erste Stelle setzen, es aber niemanden gibt, der sich um die Menschen kümmert, haben wir ein riesiges Problem“, sagte der CSU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Samstag. „Aktuell laufen wir sehenden Auges in eine humanitäre Katastrophe.“

Personalmangel und schwierige Arbeitsbedingungen
Holetschek verwies auf den Personalmangel und die schwierigen Arbeitsbedingungen in der Pflege. "Bislang ist Gesundheitspolitik ehrlich gesagt vor allem ein Thema der Finanzminister - das müssen wir ändern", forderte er. "Wir brauchen in der Gesundheitspolitik einen großen Wurf. Die Pflege ist am Limit." Die Gesellschaft müsse sich klar darüber werden, was ihr die Pflege wert sei. "Selbstverständlich müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen. Das Thema wird auf jeden Einzelnen zukommen, zu Hause oder im Altenheim."
Lese-Tipp: "I am a Nurse" – Iconista-Preis für Krankenschwester
Pflege-Personalmangel kommt gleich nach Klimakatastrophe
Der Deutsche Pflegerat hatte am Mittwoch ein Einstiegsgehalt von 4000 Euro brutto im Monat für Pflegefachkräfte aller Bereiche gefordert. Die Vorsitzende Christine Vogler erklärte, das Problem des Personalmangels komme aus ihrer Sicht für die Gesellschaft gleich nach der Klimakatastrophe. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unterstützt die Forderungen nach besserer Bezahlung, verweist dabei aber auch auf die Verantwortung der Tarifpartner.
Lese-Tipp: Knochenjob Pflege - so belastet der Beruf den Körper
Holetschek erklärte dazu: „Bezahlung hilft, ist aber nicht das alles Entscheidende.“ Man brauche auch Wiedereinstiegsprogramme, sodass Pflegekräfte, die sich nach dem Abschied aus dem Job doch zur Rückkehr entschlössen, nicht automatisch in den Schichtbetrieb gezwungen würden. Wichtig sei für Pflegekräfte auch Planbarkeit. „Es kann nicht sein, dass sie immer wieder aus ihrer Freizeit herausgeholt werden, weil auf den Stationen und in den Heimen Mangel herrscht. Dafür sollten Springer-Pools geschaffen werden, die bei Personalausfällen zur Verfügung stehen.“ (dpa/ija)