War das Gerüst überladen?

Vier Tote bei Unfall auf Baustelle in Hamburg - Verletzter noch in Lebensgefahr

Gerüststangen und Trümmer meterhoch übereinandergestapelt!
Auf einer Baustelle in der Hamburger HafenCity ist am Montagmorgen (30. Oktober) kurz nach neun Uhr ein Gerüst in einem Fahrstuhlschacht eingestürzt – vom achten Obergeschoss, mehr als 30 Meter tief, bis ins Untergeschoss des Gebäudes. Vier Menschen sind dabei laut Feuerwehr gestorben. Ein weiterer ist lebensgefährlich verletzt worden. Er wird im Krankenhaus behandelt, sein Zustand ist offenbar immer noch kritisch. Drei der fünf Opfer sollen Albaner sein.

Schwierige Bergung des vierten Toten

Am Tag nach dem furchtbaren Unglück laufen gehen die Bergungsarbeiten weiter, denn der vierte Leichnam ist noch in dem Schacht. „Wir haben sämtliche Kräfte jetzt mit von oben gesicherten Seilen im Schacht, die von oben herab dann auch die Lasten Stück für Stück rausnehmen“, sagt Feuerwehrsprecher Heiko Andersen am Dienstagnachmittag. Der Tote liege aber „relativ weit unten“, man arbeite sich Stück für Stück vor. Spezialkräfte der Höhenrettung sind im Einsatz. Erst am späten Abend kann der Leichnam endlich geborgen werden.

Zum Schwerverletzten sagt Andersen: „Nach unseren Informationen ist er leider immer noch in einem sehr kritischen bzw. lebensbedrohlichen Zustand.“ Zuvor hieß es zeitweise, dass der Mann bereits außer Lebensgefahr sei.

Trümmerteile stapeln sich vom Untergeschoss bis in den zweiten Stock

Die Bauarbeiter werden gezählt.
Die Bauarbeiter wurden zunächst gezählt.
RTL Nord

Die Lage am Montag vor Ort ist zunächst unübersichtlich gewesen. Die gut 700 Bauarbeiter haben die Baustelle verlassen müssen. Sie sind gezählt worden, um festzustellen, wie viele Menschen vermisst worden sind. Zunächst hat ein Sprecher der Feuerwehr von fünf Toten berichtet. Später ist die Zahl nach unten korrigiert worden. Inzwischen ist klar, dass es keine weiteren Vermissten gibt. Die Feuerwehr hat am Montag von einer „sehr, sehr schwierige Bergungssituation“ gesprochen. „Wir haben hier drei Stockwerke, wo wir Trümmerteile zur Seite schieben müssen und sichern müssen“, so ein Feuerwehrsprecher. Das sei ein Riesen-Mikado. Gerüststangen lägen kreuz und quer.

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So haben die Bauarbeiter das Unglück erlebt

Rund 150 Einsatzkräfte sind zur Bergung am Unglückstag vor Ort gewesen. Auch Notfallseelsorger sind im Einsatz gewesen. Außerdem ist das Kriseninterventionsteam nach RTL-Informationen am Unfallort gewesen. „Keiner wusste erstmal, was passiert ist“, hat Arbeiter Falko Baranowski nach dem Unfall im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur erzählt. „Erstmal denkt man an die Verletzten und die Angehörigen. Das hätte ja jedem hier passieren können“, so Kollege Manfred Lass laut dpa. Viele Bauarbeiter stehen unter Schock. Bauarbeiter Nico Grubesic laut der Agentur: „Jetzt bin ich echt nachdenklich, ob ich hier nochmal auf so ein Gerüst drauf gehe. Ich habe echt Angst jetzt.“ Er habe sofort seine Eltern angerufen, um zu sagen, dass bei ihm alles in Ordnung sei. „Echt komisches Gefühl.“ Sogar Angehörige von Bauarbeitern sollen am Montag laut Feuerwehr zur Baustelle gekommen sein. Ob sie zu den Verstorbenen gehören, sei jedoch unklar.

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Mehrere Leichen geborgen: "Sehr, sehr schwierige Bergungssituation"

Hier ist das Unglück passiert
Hier ist das Unglück passiert.
RTL Nord

Gegen 13 Uhr haben Einsatzkräfte am Montag mit dem Abbau des Gerüstes begonnen, „von oben nach unten“, wie es hieß. Kurz danach haben sie die erste Leiche geborgen, wie RTL-Reporter Bastian Vollmer berichtet hat. Erst wenn sie sich bis zum Keller vorgearbeitet haben, wird klar sein, was sich unter den Trümmern verbirgt. Am frühen Montagnachmittag ist schließlich die zweite Leiche geborgen worden. Später die dritte.

Unternehmen und Politiker nehmen im Netz Anteil

Hamburg, 301023
Gerüst eingestürzt: Mehrere Tote auf Baustelle in Hamburg
In der Hamburger Hafencity hat es am Montagvormittag einen schweren Unfall mit mehreren Toten gegeben. Nach Angaben der Feuerwehr ist ein Gerüst auf einer Baustelle eingestürzt.
Das Überseequartier ist eine der größten Baustellen Hamburgs. Dort entstehen eine Einkaufspassage, Gastronomie, Büros und Hotels.
action press, ActionPress

Der Unfall ist auf der Großbaustelle des Westfield Hamburg-Überseequartiers passiert, hier soll das größte Einkaufs- und Erlebniszentrum Norddeutschlands entstehen. Auf der Website – am Montag ein Statement zu dem Unglück: „Heute Morgen ereignete sich auf der Baustelle im Überseequartier ein schwerer tödlicher Unfall. Bei dieser Tragödie sind unsere Gedanken in erster Linie bei den Opfern, ihren Familien und allen, die auf der Baustelle arbeiten.“ Das lokale Team unterstütze demnach die Einsatzkräfte vor Ort und arbeite mit den Behörden zusammen.

Auch Hamburgs Innensenator Andy Grote nimmt öffentlich Anteil. Auf X, dem ehemaligen Twitter, schreibt er: „Ein großer Dank an alle Einsatzkräfte und Helfer, die seit Stunden alles tun, um die Verletzten des schrecklichen Arbeitsunfalls in der HafenCity schnell zu bergen. Mein Beileid und meine aufrichtige Anteilnahme gelten allen Angehörigen der Opfer.“

War das Gerüst überladen?

Die Unfall-Ursache ist noch nicht bekannt. Nach RTL-Informationen wird darüber spekuliert, dass das Gerüst mit Steinen überladen gewesen sein könnte. Ein Sprecher der Hamburger Polizei sagt am Montag: „Spezialisten des Landeskriminalamts haben vor Ort bereits erste Ermittlungen aufgenommen, für eine Einschätzung zur Unfallursache ist es aber noch zu früh.“ Erst nach den Bergungsarbeiten können die Untersuchungen im vollen Umfang beginnen.