Flammenhölle in Chile
Ariel findet Leichen von Mutter und Stiefvater - jetzt er sucht er seine vermisste Schwester (14)
„Das Feuer kam so schnell!“
Der Schock der vergangenen Nacht ist dem jungen Mann aus Valparaíso (Chile) deutlich anzusehen. Sein Gesicht verbirgt Ariel Orellana Diaz hinter einer Sonnenbrille, als er ins Mikrofon eines CNN-Reporters spricht. Er steht vor dem Haus seiner Mutter, aber davon sind nur noch verkohlte Trümmer übrig. „Mein Bruder und ich kamen um 1.30 Uhr diese Nacht hier an und da habe ich zwei Leichen gefunden. Eine war meine Mutter und das andere ihr Partner“, erzählt Ariel. Nach seiner 14 Jahre alten Schwester sucht er noch.
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Ariel fand zwei Leichen im abgebrannten Haus seiner Mutter in Valparaíso
Die Zahl der Todesopfer nach heftigen Waldbränden in Chile steigt immer weiter. Nahe der Küstenstädte Valparaíso und Viña del Mar habe sich ein Brand auf eine Fläche von etwa 11 000 Hektar ausgeweitet, hieß es. Dort stand auch das Haus von Ariels Familie. Er habe sofort versucht, dorthin zu fahren, als seine Mutter ihm plötzlich nicht mehr geantwortet habe. Doch als er es schließlich in die Wohnsiedlung schaffte, war es schon zu spät. Das Feuer hatte das Haus komplett verschlungen.
Der Mann erzählt, dass er bisher keine dritte Leiche in der Brandruine finden konnte. „Meine Schwester ist vermisst“, erklärt er. „Wenn jemand Informationen über Anastasia Elizabeth Orellano Diaz hat...“, dann bricht er ab. „Sie ist 14 Jahre alt“, fleht er in die Kamera. Auch bei Instagram teilte er ein Foto von Anastasia. „Helft mir, meine kleine Schwester zu finden. Ich spüre in meinem Herzen, dass sie da ist“, schrieb Ariel dazu. In einem weiteren Video bittet er immer wieder darum, das Foto zu teilen. Seine Stimme überschlägt sich, während er darum bettelt, sich mit jeder noch so kleinen Information an ihn zu wenden. Ob es der 14-Jährigen gelang, aus dem brennenden Haus zu entkommen, ist völlig unklar.
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Chilenische Behörden befürchten noch viel mehr Tote
So wie Ariels Familie erging es vielen. Tausende Häuser wurden in den Flammen zerstört. Allein in der Region Valparaíso seien es mehr als 3.000, sagte Innenministerin Carolina Tohá. Und dort, wo nach dem Feuer die Aufräumarbeiten beginnen, werden auch immer mehr Leichen gefunden.
Videoaufnahmen aus einem Feuerwehrauto zeigen, wie die Einsatzkräfte durch ein Meer aus Flammen fahren. Als der Löschzug an einem ausgebrannten Bus vorbeifährt, schreit einer der Feuerwehrmänner plötzlich: „Der ist voll mit Leuten. Da sind Leute drin.“ Für sie kommt aber auch jede Hilfe zu spät.
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Valparaíso ruft wegen Waldbränden den Katastrophenfall aus
Aktuell gehen die Behörden von mindestens 112 Todesopfern aus. Nach Behördenangaben galten 200 Menschen in der Touristenstadt Viña del Mar und Umgebung als vermisst. „Das ist die schlimmste Tragödie, die unser Land seit dem Erdbeben von 2010 erlebt“, sagte Präsident Gabriel Boric bei einem Besuch im Katastrophengebiet in der Region Valparaíso an der Pazifikküste. Damals waren mehr als 520 Menschen ums Leben gekommen. Boric kündigte eine zweitägige Staatstrauer ab Montag an. In Valparaíso wurde der Katastrophenfall ausgerufen.
Boric hatte am Samstag gesagt, die Waldbrände im Zentrum des Landes seien wegen ungewöhnlich hoher Temperaturen, niedriger Luftfeuchtigkeit und starken Winds schwer unter Kontrolle zu bringen. Das Wetterphänomen El Niño hat im Westen Südamerikas in diesem Jahr Dürren und ungewöhnlich hohe Temperaturen verursacht. Durch die Trockenheit hat die Gefahr von Waldbränden zugenommen. (jgr, mit dpa und ap)