Angstattacken und Chemotherapie
Para-Star Elena Semechin vor WM: "Ich quäle mich jeden Tag"

Sie ist so eine starke Frau!
Ende Juli will Elena Semechin (29) bei der Para-Schwimm-WM in Manchester den Titel. Doch zuvor muss sie durch die „Hölle“ gehen – inklusive einer Chemotherapie, Schmerzen und einer Angstattacke.
Elena Semechin: Angstattacke bei Paralympicssiegerin
Das Märtyrium der sehbehinderten Schwimmerin beginnt im November 2021 – mit der Entfernung eines Gehirntumors. Anschließend schloss Semechin im Februar den 13. und letzten Zyklus einer Chemotherapie ab.
Dennoch weiß sie, dass der Tumor trotz OP wieder zurückkommt. Gerade deswegen, hat sie bei der ansstehenden Para-Weltmeisterschaft hohe Ziele. "Ich möchte immer die Beste sein, das war vor dem Krebs so und ist jetzt immer noch so."
Tumor wird wiederkommen
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Dafür stehe sie "jeden Tag auf und quäle mich", sagt Semechin. Es ist ein Kampf gegen das Schicksal und die Schmerzen, wie auch im Höhentrainingslager in der Sierra Nevada. Im April beim ersten Versuch auf 2300 Meter habe das "gut geklappt", sagt Semechin, aber diesmal sei es "die Hölle" gewesen, "mental und körperlich".
Vizeweltmeisterin zwischen zwei Chemophasen
Sie merke einfach, dass durch die Chemo "der Körper nicht mehr so funktioniert wie früher. Als Sportler musst du immer über die Grenzen hinaus, aber gerade mit dem Hintergedanken, ich habe Krebs, ist das nicht so einfach", betont die Athletin aus Berlin, die im vergangenen Jahr Vizeweltmeisterin wurde - zwischen zwei Chemophasen. Eine unglaubliche Leistung.
Jammern ist nicht das Ding der Paralympicssiegerin von Tokio und zweimaligen Weltmeisterin. Sie genieße jetzt ihr Leben "noch mehr als vor dem Krebs. Ich bin total dankbar und schätze, was ich erleben darf. Ich nehme Dinge intensiver wahr", sagt Semechin, geborene Krawzow.
"Ich möchte dafür kämpfen"
Sportlich sind bei Semechin nach den Titelkämpfen in Manchester, wo sie am Donnerstag auf ihrer Paradestrecke über 100 m Brust auf Goldjagd geht, die Paralympics 2024 in Paris "das klare Ziel". Sie spricht angesichts ihrer dramatischen Krankheitsgeschichte von einer "krassen Ausgangsposition.“ Sie frage sich jetzt schon: "Wie wird das sein? Was kann ich in diesem Zustand erreichen? Aber das kitzelt mich. Ich habe das Feuer in mir, dass ich sage, ich möchte dafür kämpfen." Selbst kurzzeitige Angstattacken können Elena Semechin auf ihrem beeindruckenden Weg nicht aufhalten.
Denn: Eine plötzliche Angstattacke beim Training in Spanien brachte die Paralympicssiegerin völlig aus der Fassung. "Da ging nichts mehr. Ich war in einem labilen Zustand. Da kam zum ersten Mal die Sorge, die Angst, ich könnte wieder Krebs haben. Es ist ein Auf und Ab", erzählt Semechin - und fügt mit einem Lächeln an: "Aber jetzt geht es mir wieder besser als letzte Woche.".
Hoffentlich kann sie sich bei der WM mit einer Medaille belohnen! (sid/nie)