Michael Hardt alarmierte den NotrufFluglotse sah, wie 15-Jährige in den Tod stürzte: "Es war nicht zu erwarten, dass das so endet"

Fluglotse Michael Hardt wurde vom Tower am Flugplatz in Schwennigen aus Augenzeuge. wie eine 15-Jährige in den Tod stürzte.
Fluglotse Michael Hardt wurde vom Tower am Flugplatz in Schwennigen aus Augenzeuge. wie eine 15-Jährige in den Tod stürzte.
Networkpictures, Networkpictures, Networkpictures

Michael Hardt ist Flugleiter am Flugplatz in Villingen-Schwenningen am Neckar (Baden-Württemberg). Am Unfalltag saß er im Flugtower und wurde Augenzeuge, wie dort am Sonntagnachmittag eine 15-jährige Fallschirmspringerin in den Tod stürzte. Wie er das Unglück erlebte und welche Ursache er dahinter vermutet.

Sturz vergleichbar mit ungebremsten Fall aus dem fünftem Stock

„Am Anfang hat das eigentlich recht gut ausgesehen, es war sehr diszipliniert, es war noch ein zweiter Fallschirmspringer, der mit nötigen Abstand im Anflug war.“ Die Teenagerin war aus rund 3.200 Metern Höhe zusammen mit ihrem Fluglehrer abgesprungen. Die finale Kurve vor der Landung habe sie relativ eng und „ziemlich steil“ eingeleitet. „Da war schon abzusehen, dass das wahrscheinlich schiefgehen könnte.“ Normalerweise werde diese Kurve flacher gemacht. „Warum sie diese enge Kurve gemacht hat, entzieht sich meiner Kenntnis.“

Nach ersten Polizeiinformationen hatte das Mädchen etwa zehn bis fünfzehn Meter über dem Boden eine tiefe Drehung mit dem Fallschirm gemacht, als sie von einer Windböe erfasst wurde. Der Schirm habe sich zusammengefaltet. So habe sie Geschwindigkeit aufgenommen und sei in Richtung Boden gerauscht. „Durch diese enge Kurve ist sie dann leider auf den Asphalt ziemlich hart aufgeschlagen. Da war eigentlich schon abzusehen, dass das sehr schmerzhaft respektive eventuell sogar mit tödlichem Ausgang sein könnte.“ Der Absturz sei vergleichbar mit einem ungebremsten Fall aus dem fünften Stockwerk eines Hauses. Das Mädchen sei reglos liegen geblieben, habe keine Reaktion mehr gezeigt.

Ex-Fallschirmspringerin über Absturz: "Habe sofort gesehen, dass sie etwas Komisches macht"

Augenzeugen des tragischen Unfalls sind geschockt. Die ehemalige Fallschirmspringerin Deborah N. hat sie zufällig kurz vor dem Absturz beobachtet. Schnell war ihr klar: Irgendetwas stimmt nicht – ihre Einschätzung sehen Sie im Video.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Flugleiter in Schwenningen: "Das bewegt einen schon"

Der Flugplatz Villingen-Schwenningen aus Sicht des Lotsen im Tower: Von dort aus musste Flugleiter Michael Hardt mit ansehen, wie eine 15-Jährige mit dem Fallschirm abstürzte.
Der Flugplatz Villingen-Schwenningen aus Sicht des Lotsen im Tower: Von dort aus musste Flugleiter Michael Hardt mit ansehen, wie eine 15-Jährige mit dem Fallschirm abstürzte.
networkpictures, networkpictures, networkpictures

Hardt habe daraufhin den Notruf abgesetzt und alle weiteren Maßnahmen eingeleitet. Fünf Minuten später seien die Rettungskräfte vor Ort gewesen. Die Witterung sei an dem Tag gut gewesen. „Es war eigentlich ein normaler Anflug, nix Besonderes, der Wind war relativ stetig und wenig“, so der Lotse. „Von daher hat das anfänglich alles normal ausgesehen, sehr organisiert, weil zwei Fallschirmspringer da waren, und es war nicht zu erwarten, dass das so endet.“

Die 15-Jährige hatte schon etwa 40 Alleinsprünge seit September vorzuweisen. Die Polizei geht von einem tragischen Unfall aus, denn der Schirm war richtig gepackt. Diese Ansicht teilt auch Flugleiter Michael Hardt. „Einen technischen Defekt würde ich ausschließen, weil der Flug war bis zu der Kurve, wo sie eingeleitet hat, perfekt, alles einwandfrei. Man hat auch nirgendwo gesehen, dass sagen wir mal eine Leine oder irgendwas am Fallschirm nicht in Ordnung wäre. Ich würde es von fliegerischer Seite her als reinen Flugfehler bezeichnen.“ Die enge Kurve sei zu spät gekommen, in großer Höhe hätte sich der Schirm wieder ausgependelt, doch in diesem Fall sei die Jugendliche „in ziemlich steilem Winkel aufgeschlagen“. Auch der Vater der Jugendlichen sei am Unglückstag gesprungen, habe zum Zeitpunkt des Unfalls Filmaufnahmen gemacht. Zudem war ein Kamerateam des „Südwestdeutschen Rundfunks“ vor Ort. Die Aufnahmen sind Gegenstand der Ermittlungen.

„Im ersten Moment läuft halt der Alarmplan ab, da hat man eigentlich gar keine Zeit zum Nachdenken“, schildert er die Momente nach dem Sturz. Er habe zudem den Flugverkehr stoppen müssen, anfliegende Maschinen per Funk zu informieren. Später dann sei er in sich gegangen, habe bei sich gedacht: „So eine junge Frau, die so verunglückt, das bewegt einen schon.“

Jugendliche dürfen in Deutschland nach Angaben des Deutschen Fallschirmsportverbands mit 14 Jahren die praktische Ausbildung zum Fallschirmspringen beginnen. Die Lizenz bekommen sie nach erfolgreicher Prüfung dann mit 16 Jahren ausgestellt. (cwa)