Vater droht Bußgeld Ablehnung aller Corona-Maßnahmen: Berliner Kinder seit über einem Jahr nicht in der Schule
Seit über einem Jahr hat Alexander B. (Name geändert) seine Kinder nicht mehr in die Schule geschickt. Denn er lehnt alle Corona-Maßnahmen strikt ab – egal ob Impfung, Test oder Maske. Jetzt droht ihm ein Bußgeld und sogar die Entziehung des Sorgerechts. Doch im RTL-Interview sagt er: Schuld ist die Schule. Alexander B. und seine zwei Kinder wollen unerkannt bleiben, sprechen im Video aber verdeckt zu ihren Beweggründen.
Impfungen, Tests und Maskenpflicht werden abgelehnt
Der Alltag der 16-jährigen Zwillinge von Alexander B. klingt wie Sommerferien, er geht aber schon seit Monaten so: „Die führen jetzt ein gechilltes Leben, die werden von den Schulen ignoriert, sie haben nichts, was sie machen können, sie gucken viel Internet, Fernsehen, lesen, draußen“, erzählt der Vater.
Dabei ist es nicht so, dass den Kindern die Bildung egal wäre. Im Gegenteil, auf die Frage an einen der Söhne, wie wichtig ihm ein guter Abschluss wäre, sagt er: „Es ist mir sehr wichtig, guter Abschluss ist wichtig für ‘nen besseren Job.“
Sie könnten jederzeit in den Unterricht zurückkehren. Genauer gesagt: Sie müssen eigentlich, denn in Deutschland gilt die Schulpflicht, auch während der Pandemie. Doch sie weigern sich, die Corona-Maßnahmen zu akzeptieren. Sie sind weder geimpft, noch wollen sie sich testen lassen oder eine Maske tragen. Doch zumindest die beiden letzten Faktoren wären nötig, um am Unterricht teilzunehmen. Wie ihr Vater haben beide ein Attest, das sie von der Maskenpflicht befreit: „Ich bekomme keine Luft mehr, bekomme Angst und so. Ich hab keinen Bock, wegen Leuten Panikattacken zu bekommen. Und dann antworten die auch noch frech“, sagt der 16-jährige Johannes (Name geändert).
"Nicht ich nehme meinen Kindern das Recht auf Bildung, sondern die Schulen"
Doch die Schule akzeptiert die Atteste nicht. Sie vermutet, dass der Vater es von zweifelhaften Ärzten hat ausstellen lassen. Und nicht nur das Attest zur Maskenbefreiung. Der Vater lässt die Kinder immer wieder krankschreiben, doch auch diese Atteste kommen den Schulleitern zweifelhaft vor, sie schicken sie an die Bundesärztekammer, um sie prüfen zu lassen.
Meinungsverschiedenheiten mit den Schulleitern gab es offenbar schon vor der Pandemie. Der Vater spricht von Mobbing durch die Schulen. Doch die halten sich an die Vorgaben aus der Politik. Die Begründungen des Vaters für die Ablehnung der Tests und Impfungen widersprechen dem wissenschaftlichen Konsens. Corona als Krankheit leugnet die Familie nicht, doch in ihren Argumenten steckt auch der religiöse Glauben, dass ein Gott ohnehin die Schicksale lenkt. Johannes, der gerne zeichnet und sich vorstellen könnte, später mal als 3D-Modellierer zu arbeiten, bekommt seine Corona-Informationen vor allem von seinem Vater: „Der sagt mir auch manchmal was und dann sage ich, ok wenn du mir das sagst, dann sag ich auch dazu nein, weil mein Vater der würde mich ja nicht anlügen.“
Der Vater spricht von kontaminierten Teststäbchen, angeblich gefälschten Doktortiteln anderer Experten und anderen Argumenten, die auch innerhalb der Querdenkerszene aufgegriffen werden. Dass er seinen Kindern schadet, indem er ihnen die Bildung verweigert, sieht er nicht: „Ich nehme meinen Kindern nicht das Recht auf Bildung, das wird ihnen von den Schulen genommen.“
Dem Vater drohen Bußgeld und möglicherweise ein Sorgerechtsstreit
Das sieht die Rechtslage anders. Die Familienanwältin Eva Becker erklärt: „Vorrangig ist die Elternverpflichtung, die Schulpflicht der Kinder zu gewährleisten, die Kinder also zu motivieren oder mit auch leichtem Druck in die Schule zu bringen. Das ist ganz klar. Das Problem hat jeder von uns mal gehabt, der Kinder hat. Nicht jedes Kind möchte jeden Tag in die Schule gehen, muss es aber trotzdem.“
Dass die Kinder aber solange schon keinen Unterricht bekommen, spricht laut der Anwältin aber auch dafür, dass Konsequenzen nur sehr schleppend anlaufen. Das zuständige Schulamt will sich nicht zum Einzelfall äußern, sagt aber auf RTL-Anfrage: „Sie können davon ausgehen, dass generell in solchen Fällen Schule und Schulaufsicht sich ganz intensiv einschalten. Als letzte Konsequenz sind dann die bezirklichen Jugendämter oder die Familiengerichte am Zuge.“
Denn die Verletzung der Schulpflicht ist das eine. Gegen den Vater läuft deshalb bereits ein Ordnungswidrigkeitsverfahren, das ein hohes Bußgeld zur Folge haben dürfte. Doch auch der Entzug des Sorgerechts steht im Raum. Das Bezirksamt schreibt dazu:
„Das Jugendamt prüft in solchen Fällen, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Bei einer permanenten Verweigerung der Unterrichtsteilnahme durch die Eltern könnte das durchaus der Fall sein. Dies würde dann bei fehlender Mitwirkung der Eltern zwangsläufig dazu führen, dass eine Lösung über das Familiengericht gesucht werden muss.“
Dann könnten die Kinder in Pflegefamilien landen. Alexander B. sagt, er mache sich darüber keine Gedanken, seine Kinder würden in jedem Fall zu ihm zurück kommen. Sohn Christian (Name geändert) wünscht sich nach einem Jahr ohne Unterricht eine andere Lösung:
„Ich hoffe, dass Corona schnell vorbei geht und wenn es schnell vorbei geht, versuche ich, so viel wie möglich in der Schule nachzuholen und dann einen guten Job zu finden und dann meinen Träumen nach zu gehen.“ (mch/tbi)