"Es bedeutet nur, dass mehr Frauen sterben"
US-Touristin in Malta wird Abtreibung verweigert - jetzt spricht sie im Interview über die schlimme Erfahrung
Eigentlich kamen Andrea Prudente und Jay Weeldreyer nach Malta um die Schwangerschaft von Andrea zu feiern. Sie freuten sich auf ihr Baby und waren einfach nur begeistert. Doch nach einer Woche Urlaub sollte sich ihr Glück wenden und das Leben von Mutter und Kind auf dem Spiel stehen. In einem Interview erzählen die beiden nun, was sie durchgemacht haben.
Andrea bekommt in der 15. Schwangerschaftswoche schwere Blutungen
Etwa in der 15. Schwangerschaftswoche bekam Andrea starke Blutungen, zwei Tage später platzt ihre Fruchtblase und sie entdeckten, dass sich die Plazenta teilweise von der Gebärmutter ablöst. Andrea suchte sofort einen Arzt auf und diesem war sofort bewusst, dass das Baby so nicht überleben wird. Trotz kaum vorhandenen Fruchtwassers und einer fortschreitenden Plazentaablösung gab es noch einen fetalen Herzschlag doch es war klar, ihr Baby wird nicht überleben. „Das war ein verheerender Schlag für uns. Aber es war nur der Anfang dessen, was sich zu einem echten Albtraum entwickelte“, so Andrea Prudente im Interview.
Abtreibungsverbot auf Malta: Andreas Leben gerät in Gefahr
Eigentlich hätte das Baby abgetrieben werden müssen, um eine schwere, potentiell tödliche Infektion zu verhindern doch wegen des totalen Abtreibungsverbots auf Malta durften die Ärzte einen Abbruch der Schwangerschaft nicht durchführen, denn das Baby hatte noch einen Herzschlag. „Das einzige was sie tun würden war, mir Antibiotika zu geben und mich genau auf Infektionen zu überwachen“, so Andrea Prudente im Interview.
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„Ich habe nicht realisiert, dass ihr Leben in Gefahr war“, erinnert sich Andreas Partner Jay Weeldreyer im Interview. „Es dauerte tatsächlich drei oder vier Tage, nachdem wir im Krankenhaus in Malta untersucht worden waren, bis wir entdeckten, dass andere Frauen in ähnlichen Situationen gestorben sind und Andrea einem großen Risiko ausgesetzt war.“
Jay und Andrea verstanden die Welt nicht mehr
Jay Weeldreyer und Andrea Prudente gingen davon aus, dass das Leben der Mutter in dieser Situation an erster Stelle steht, doch dies war für die Ärzte nicht möglich, solange das Baby einen Herzschlag hatte. „Es fühlte sich schon an wie eine Schwangerschaft, die verloren gegangen war, nicht wie als würde es noch ein Baby geben und jetzt haben wir plötzlich Ärzte, die sich weigern sie zu beschützen“, so Jay im Interview. „Es ist ein bisschen so, als würde man sich einen Autounfall vorstellen, bei dem Leute am Unfallort auftauchen und sich weigern, einen Verunglückten zu retten, weil der andere Mitfahrer der es nicht überleben wird noch immer einen Herzschlag hat“, so Jay weiter.
Zur Rettung ging es von Malta nach Mallorca
Da das Leben von Andrea von Minute zu Minute mehr auf dem Spiel stand, beschlossen die Beiden per Rettungsdienst in ein anderes Land zu fliegen. Mit einem Rettungsflugzeug und einem Team von Ärzten wurden Andrea und Jay nach Mallorca geflogen: der nächste Ort, um die Abtreibung durchführen zu können. Ab dem Moment, als sie das Flugzeug betraten fühlten sie sich bestens aufgehoben. Andrea wurde ununterbrochen untersucht und überwacht.
„Die Ärzte auf Mallorca erwarteten uns. Sie kannten meinen Fall, nannten mir alle Optionen und wir konnten wählen, wie es weitergeht“, erzählt Andrea im Interview. „Durch den ganzen schmerzhaften und herzzerreißenden Prozess waren die Ärzte und Pfleger so freundlich, liebevoll und einfühlsam. Wir haben ein Familienmitglied verloren und ich werde dem Team des Krankenhauses für immer dankbar sein, wie sie mit uns umgegangen sind“, erinnert sich Andrea.
Verbot von Abtreibungen: "Es bedeutet nur, dass mehr Frauen sterben"
„Wir verstehen, dass mein Zustand ungewöhnlich war, aber es kann nicht sein, dass es ein Gesetz vorsieht, Mütter in Gefahr zu bringen und Ärzte ins Gefängnis zu werfen, wenn eine Abtreibung unabdingbar ist“, erzählt Andrea weiter. Das Paar empfindet es als beängstigend, dass es viele weitere Länder gibt, die ähnliche oder gleiche Gesetze vertreten, wie sie es sie auf Malta gibt. „Wir hoffen, dass wir durch das Teilen unseres Schicksals etwas erreichen können. Manchmal bedeutet das Verbot von Abtreibungen nicht, dass weniger Babys sterben. Es bedeutet nur, dass mehr Frauen sterben“, so Andrea am Ende des Interviews. (ttr)