Der unberechtigte Berechtigungsschein!? Chaos um Masken-Berechtigungsscheine - ein Erfahrungsbericht

RTL-Reporterin Nina Pal Singh über das Chaos um die FFP2-Berechtigungsscheine
Die Bundesdruckerei hat fälschungssichere Berechtigungsscheine für FFP2-Masken an die deutschen Krankenkassen verschickt - aber wirklich nur an berechtigte Personen?
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Wie jeder Deutsche muss ich seit dieser Woche eine FFP2-Maske tragen, wenn ich für meine Familie Lebensmittel einkaufe. Ich war darauf eingestellt, dass ich mir diese Masken selbst besorgen und selbst bezahlen muss. Doch dann finde ich, nach meiner Auffassung kerngesund und vom Alter her definitiv nicht zur Risikogruppe zugehörig, plötzlich einen Brief in meinem Briefkasten. Absender ist die Bundesregierung.
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Ich gehöre nicht zur Risikogruppe - oder doch?

Es ist ein ganz normaler Vormittag. Ich gehe zum Briefkasten – Post. Ich öffne den Umschlag und halte zwei Berechtigungsscheine für FFP2-Masken in den Händen. Damit darf ich mir insgesamt 12 FFP2-Masken in meiner Apotheke abholen und muss nur insgesamt 4 Euro zuzahlen. Ich bin verwirrt. Lache kurz unsicher. Frage meinen Partner, ob er auch so einen Coupon von der Bundesregierung erhalten hat. Er grinst: „Nein. Ich wusste nicht, dass Du schon über 60 bist.“ Ich auch nicht. Laut meinem Pass bin ich es nicht. Dann kriege ich eine kleine Panikattacke. Bin ich vielleicht Risikopatient und weiß nichts davon? Wer kriegt überhaupt so einen Maskenschein?

Augenscheinlich gehöre ich nicht dazu. Ich frage aber zur Sicherheit bei meiner Hausärztin nach. Sie mailt mir zurück: „Anhand Ihrer Krankheitsgeschichte besteht meines Wissens dafür keine Indikation. Am besten fragen Sie bei der Krankenkasse direkt nach.“ Kurze Erleichterung, aber immer noch viele Fragezeichen. Also telefoniere ich mit meiner Krankenkasse. Sie wollen das recherchieren und sich bei mir zurückmelden. Jetzt heißt es warten.

Übrigens: Meine Eltern sind 70 und 74 Jahre alt und haben zu diesem Zeitpunkt noch keinen Brief erhalten.

Mit meiner Verwirrung bin ich offenbar nicht allein

Zu diesem Thema flattern auch einige Mails in unser Zuschauerpostfach, anscheinend bin ich nicht die einzige, die solch einen „unberechtigten Berechtigungsschein“ bekommen hat. Es schreiben uns Menschen, die sich wundern, dass ihre kerngesunden Kinder - 6 und 9 Jahre alt - tatsächlich so einen Schein bekommen haben. Menschen, die uns fragen, warum sie noch keinen Berechtigungsschein bekommen haben, obwohl sie über 60 sind. „Ich muss jeden Euro dreimal umdrehen und alle Ausgaben genau berechnen. Da macht es für mich einen großen Unterschied, ob ich die Masken selber kaufen muss, oder nur den Eigenanteil leisten muss“, lesen wir. Es sind verzweifelte Menschen, die krank, die knapp mit dem Geld sind, und darauf warten.

Manche Menschen können sogar ein Attest ihres Arztes vorweisen, in dem steht, dass sie zur Risikogruppe gehören. Trotzdem bekommen sie auf Nachfrage, warum sie keinen Berechtigungsschein erhalten haben, von der Krankenkasse die eine Standard-Antwort: „Der Anspruch auf die Versorgung von Schutzmasken richtet sich nach den Kriterien des BMG (Bundesministerium für Gesundheit, Anmerkung der Autorin).“ Ein Attest des Arztes gehört nicht zu diesen Kriterien. Ich verstehe das nicht. Wer, wenn nicht der behandelnde Arzt, kann einschätzen, ob ein Mensch zur Risikogruppe gehört? Warum das so ist, soll mir das Bundesministerium für Gesundheit beantworten. Ich warte auf eine Stellungnahme der Behörde.

Und: „Wie wird das dann erst mit den Impfungen, wenn solche Fehler passieren?“, fragt uns eine Zuschauerin.

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Ein verzeihbares Versehen

Ein paar Tage später: Wieder bekomme ich Post. Diesmal ist es eine Versicherungsauskunft von meiner Krankenkasse. Vielleicht erfahre ich jetzt, warum ausgerechnet ich diesen Berechtigungsschein für kostenlose FFP2-Masken bekommen habe. Ich blättere viele Seiten durch. Dann entdecke ich eine gelb markierte Stelle: „Diabetes mellitus, während der Schwangerschaft auftretend“. Meines Wissens nach bin ich kein Elefant und selbst die sind nur 22 Monate schwanger. Mein Sohn ist jetzt 3 Jahre alt. Im Dezember 2019 habe ich einen Diabetes-Test gemacht. Ich bin gesund.

Ob ich nun unberechtigt einen Berechtigungsschein erhalten habe? Ist es ein Irrläufer? Gibt es viele Irrläufer? Auch hierzu habe ich das Ministerium für Gesundheit um Antworten gebeten, die allerdings noch ausstehen.

Inzwischen haben meine Schwester und zwei Kolleginnen ebenfalls einen Berechtigungsschein erhalten – warum auch immer. Denn sie haben eines gemeinsam: sie sind heute definitiv alle gesund und sie sind alle nicht so alt, als dass sie zur Risikogruppe gehören. Jedenfalls soweit sie wissen. Nur in der Vergangenheit gab es Aspekte in ihrer Krankenakte, die sie zur Berechtigung befähigt hätten. Eine Kollegin beispielsweise zählte aufgrund ihres Alters zur Gruppe der Risikoschwangeren. Aber auch ihr Kind ist mittlerweile schon über ein Jahr alt.

Eine Unterstützung der Bundesregierung für über 34 Millionen Menschen, damit sie sich FFP2-Masken besorgen und ihre Gesundheit schützen können, das ist schon was. Und wenn Menschen - wie ich - den Schein aus Versehen bekommen haben, ist das dann ja gar nicht so schlimm. Es darf nur keiner vergessen werden, der eigentlich Anspruch hätte. Zum Glück haben eben auch meine Eltern endlich ihre Berechtigungsscheine erhalten.