„Diese App greift meine Psyche an“
Madeleine (16): Darum habe ich TikTok gelöscht
von Madeleine B.
TikTok ist aus dem Leben vieler Teenager nicht mehr wegzudenken. Rund eine Milliarde Nutzer hat der Social-Media-Riese weltweit. Doch es gibt auch eine Kehrseite. Unsere Praktikantin Madeleine hat sich vor einem Jahr dazu entschieden, TikTok zu löschen. Hier erzählt sie, warum und wie sehr die App ihr Leben beeinflusst hat.
Bis zu 5 Stunden täglich war ich auf TikTok
TikTok - die App, die Jahre lang mein ständiger Begleiter war. Mit gerade einmal zwölf habe ich sie runtergeladen, ohne jegliche Bedenken. So wie alle meine Freunde machte auch ich Tanzvideos und verfolgte die aktuellen Trends. Doch mit der Zeit verwandelte sich die unterhaltsame Beschäftigung in eine zeitfressende und toxische Notwendigkeit meines Alltags.
Vor einem Jahr habe ich mich dazu entschieden, TikTok zu löschen - und das zunächst nicht aus eigenem Interesse. Egal ob in der Bahn, während des Lernens oder sogar im Bad - es war unvorstellbar, eine längere Zeit ohne die App zu verbringen. Bis zu fünf Stunden täglich war ich auf TikTok und es wurde immer mehr. Ich sah mich selbst nicht als abhängig, schließlich könnte ich die App ja immer schließen, wenn ich es wollen würde. Ich wollte immer mehr Videos sehen, damit sie meine Gefühle und Gedanken anregen, ich top informiert bin und auf keinen Fall riskiere, etwas zu verpassen. Meine eigentlichen Interessen im echten Leben vergaß ich komplett.
Mein Freund hatte die Idee, TikTok zu löschen
Was die User gut fanden, befürwortete auch ich, und wo Hate ankam, hielt ich mich sofort fern, ohne auch nur eine Kleinigkeit zu hinterfragen. Als ich damals einen frauenfeindlichen, hasserfüllten Kommentar unter einem TikTok-Video las und vor lauter Wut und Verzweiflung begonnen habe zu weinen, hätte ich realisieren müssen: „Diese App greift meine Psyche an.“ Damals hatte mein Freund die Idee dazu, TikTok von jetzt auf gleich zu deinstallieren. Er hatte gemerkt, wie viel Zeit wir beide auf der Plattform verbringen und wie sehr wir andere Dinge im realen Leben vernachlässigt haben. Ich habe mich sofort auf den Vorschlag eingelassen – was kann daran schon so schwer sein?
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So gelang es mir, auf TikTok zu verzichten
Aber der Verzicht war erschreckend schwer. Zunächst vergaß ich immer wieder, dass ich TikTok nicht mehr hatte. Sobald mein Smartphone an war, wollte ich die App öffnen. Immer wieder war ich enttäuscht, als ich realisierte, dass sie nicht mehr da ist. Für meinen Kopf war es Routine: Handy an, auf die nächste Seite des Homescreens swipen und mit einem kurzen Klick TikTok öffnen. Diesen Ablauf hatte ich unterbewusst verinnerlicht. Aus Ehrgeiz, durchzuhalten und auch aus Solidarität zu meinem Freund habe ich dem Drang widerstanden, die App erneut runterzuladen.
TikTok hat meine Gefühlslage bestimmt
Es hat lange gebraucht, den Schaden wahrzunehmen, den die Nutzung in meiner Psyche hinterlassen hat. TikTok hat große Selbstzweifel in mir ausgelöst. Ich habe mich verglichen und bin so immer unzufriedener geworden. Auch die Konfrontation mit sensiblen, mich belastenden Themen war ein großes Problem – vor allem negative Kommentare unter Posts, durch die ich mich angesprochen fühlte. Beim Schauen mancher Videos kamen so starke Emotionen in mir hoch. TikTok hatte die Macht, meine Gefühlslage zu bestimmen.
TikTok löschen - die beste Entscheidung!
Heute bin ich froh darüber, TikTok gelöscht zu haben. Ich fühle mich, als wäre ich wieder in der realen Welt angekommen und schätze mich selbst wert. Ich empfehle jedem, sich mal Gedanken darüber zu machen: Wie sehr beeinflusst mich das Ganze und wie abhängig bin ich wirklich? Mental bin ich nicht mehr gefangen von einer App und aus meiner heutigen Sicht war das Deinstallieren von TikTok eine der besten Entscheidungen, die ich für mich hätte treffen können.