Sie erkannte sich in Undercover-Szenen
„Team Wallraff“: Trotz Dreifach-Knochenbruch entlassen - jetzt spricht Klinik-Patientin Alwina
Ihr Fall ist ein Beispiel dafür, was wohl tagtäglich in vielen deutschen Krankenhäusern falsch läuft: Nach einem Autounfall wird Alwina im Frühjahr dieses Jahres ins St. Vinzent Krankenhaus in Limburg gebracht. Obwohl sie starke Schmerzen im Fuß hat und benommen wirkt, motiviert man sie, nach Hause zu gehen – etwa, weil es offenbar zu wenig freie Betten gibt? Alwina unterschreibt ihre Entlassungspapiere und behauptet heute: Sie sei nicht richtig behandelt worden!
Knochenbrüche wurden erst Wochen später erkannt
Als die Recherchen von „Team Wallraff“-Reporterin Zarah im Frühjahr ausgestrahlt wurden, wurde Alwina nur verfremdet gezeigt. Doch danach meldet sie sich bei den Journalistinnen und Journalisten des „Team Wallraff“: Sie hat sich selbst in den Szenen wiedererkannt, will offen darüber sprechen, was an diesem Tag im St. Vinzent Krankenhaus passiert ist. Denn wie sich erst Wochen später herausstellte, waren drei von Alwinas Mittelfußknochen gebrochen, was auch erklärt, warum sie so starke Schmerzen hatte und kaum auftreten konnte. Vor Ort wurde das jedoch nicht erkannt.
„Wir waren richtig sauer“, erklärt Alwina. „Es ist ja auch nichts, was man nicht hätte von Anfang an sehen können.“ Wie kann eine derartige Verletzung in der Notaufnahme übersehen werden?
„Team Wallraff“ konfrontiert die Klinik mit dieser Frage. Diese schreibt: Bei der Erstbehandlung nach dem Unfall sei keine Fraktur zu erkennen gewesen. Und wörtlich:
„Bei sogenannten unverschobenen Frakturen […] kommt es vor, dass diese auf der Röntgenaufnahme nicht zu erkennen sind. Rechtlich gesehen spricht man von einem nicht vorwerfbaren Diagnoseirrtum. Im Übrigen hätte auch die Kenntnis über die vorhandene Fraktur keine Indikation für eine stationäre Aufnahme ergeben.”
Krankenschwester: „Mit den Betten ist halt immer so eine Sache“
Dass Alwina sich selbst nach Hause entlässt, hat sie damals unterschrieben, obwohl ihr übel war, sie sich übergeben musste und benommen fühlte. Sie wurde zwar darüber informiert, dass eine 24-Stunden-Überwachung bei Kopfverletzungen Standard sei und eine Entlassung gegen ärztlichen Rat geschehen würde – doch gleichzeitig erklärte ihr der behandelnde Assistenzarzt: Sie sei jung und solle seiner Ansicht nach nicht dableiben, da sie „keine Probleme“ habe.
Wurde sie dazu gebracht, weil es knapp um freie Betten auf der Station stand? Denn bevor Alwina von ihrer Mutter abgeholt wurde, erklärte eine Krankenschwester Undercover-Reporterin Zarah: „Die hat eigentlich nichts und mit den Betten ist halt auch immer so eine Sache, dass man guckt, dass man die Patienten dann doch entlässt. Man muss sie im PC immer gegen ärztlichen Rat entlassen, weil man sie eigentlich von der Symptomatik her 24 Stunden hierbehalten müsste.“
Alwina entbindet Klinik von Verantwortung – ohne es zu wissen
„Ich habe überhaupt nicht verstanden, dass ich mich quasi gegen ärztlichen Rat entlasse“, so die damalige Patientin heute. „Dass ich das wirklich selber bestätigt habe und eigentlich hätte dableiben müssen, das habe ich überhaupt nicht verstanden.“ Auch, dass sie die Klinik mit ihrer Unterschrift von ihrer rechtlichen Verantwortung befreite, war Alwina nicht klar, wie sie „Team Wallraff“ erklärt.
„Team Wallraff“ bat das St. Vinzent Krankenhaus hierzu erneut um Stellungnahme. Dieses schreibt:
„Das verabreichte Schmerzmittel hat nach subjektiver und objektiver Bewertung des behandelnden Arztes die Entscheidungsfähigkeit der Patientin nicht beeinflusst. Dennoch bedauern wir, wenn es uns nicht gelungen sein sollte, der Patientin die objektive Sachlage zu vermitteln und es zu Missverständnissen gekommen sein sollte.”
Dass sie sich in der Limburger Klinik falsch behandelt gefühlt hat, hat Alwina mittlerweile der Berufsgenossenschaft gemeldet. Sie überlegt auch, juristisch gegen die Klinik vorzugehen.
Video-Playlist zu Team Wallraff
„Team Wallraff – 10 Jahre undercover“ auf RTL+
Die ganze Reportage von „Team Wallraff – 10 Jahre undercover“ sehen Sie am Donnerstag um 20.15 Uhr bei RTL und anschließend zum Abruf auf RTL+. (rka)