Urteil im Stutthof-Prozess

Beihilfe zum Mord in 10.000 Fällen: Welche Strafe bekommt KZ-Sekretärin Irmgard F.?

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Im Prozess gegen die frühere Sekretärin Irmgard F. im KZ Stutthof wird heute das Urteil gesprochen.
bra tba, dpa, Marcus Brandt

Am Dienstag ist es soweit: Nach ganzen 40 Verhandlungstagen im Prozess gegen die ehemalige Sekretärin Irmgard F. im KZ Stutthof will das Landgericht Itzehoe gegen 10 Uhr das Urteil verkünden. Ihr wird Beihilfe zum heimtückischen und grausamen Mord in mehr als 10 000 Fällen vorgeworfen.

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Irmgard F. sass meist teilnahmslos im Landgericht Itzehoe.
bra, dpa, Marcus Brandt

Die Angeklagte soll von Juni 1943 bis April 1945 als Zivilangestellte in der Kommandantur von Stutthof bei Danzig gearbeitet und damit den Verantwortlichen des Konzentrationslagers bei der systematischen Tötung von Inhaftierten Hilfe geleistet haben. Weil sie zur Tatzeit erst 18 bis 19 Jahre alt war, läuft der Prozess vor einer Jugendkammer.

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Irmgard F. brach Anfang Dezember endlich ihr Schweigen

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Die Angeklagte Irmgard F. und ihr Anwalt Wolf Molkentin.
bra tba, dpa, Marcus Brandt

Am 7. Dezember hatte Irmgard F. vor dem Landgericht Itzehoe erstmals ihr Schweigen gebrochen: „Es tut mir leid, was alles passiert ist und ich bereue, dass ich zu der Zeit in Stutthof gewesen bin.“ Mehr sagt die 97-Jährige nicht.

Seit Beginn des Prozesses am 30. September 2021 hat das Gericht acht der zeitweise 31 Nebenkläger angehört, meist über eine Videoverbindung in die USA, Israel oder Polen. Sie berichteten vom Leiden und massenhaften Sterben in Stutthof. Wichtigster Zeuge war jedoch der historische Sachverständige Stefan Hördler, der sein Gutachten in 14 Sitzungen vorstellte. Die Verteidigung stellte einen Befangenheitsantrag gegen ihn, den das Gericht aber ablehnte.

Wahrscheinlich letzter Prozess wegen NS-Verbrechen

Die Staatsanwaltschaft hat eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung beantragt. Die Verteidigung hat Freispruch gefordert. Die 15 Nebenklagevertreter haben sich zum großen Teil der Strafforderung der Staatsanwaltschaft angeschlossen. Einer von ihnen hat sich jedoch gegen eine Bewährungsstrafe ausgesprochen.

Es ist möglicherweise der letzte Prozess in Deutschland wegen NS-Verbrechen. 1979 hatte der Bundestag die Verjährung von Mord und Beihilfe zum Mord endgültig aufgehoben. Das bedeutet, dass sich Tatverdächtige bei Verhandlungsfähigkeit bis ins hohe Alter einem Verfahren stellen müssen. (dpa/kst)