Prozess um ehemalige KZ-Sekretärin
Beamter sagt als Zeuge aus: Irmgard F. hatte "reines Gewissen"

Knapp vier Jahre vor Beginn des Prozesses gegen die ehemalige KZ-Sekretärin Irmgard F. in Itzehoe bestätigte die Beschuldigte nach Angaben eines Vernehmungsbeamten in dem Lager bei Danzig gearbeitet zu haben. Nach seinen Aussagen soll Irmgard F. bereits 2017 angegeben haben, dass sie als Schreibkraft für den damaligen Kommandanten des KZ Stutthof, Paul Werner Hoppe, tätig war, wie der Beamte der Staatsanwaltschaft am Dienstag als Zeuge sagte.
Irmgard F. floh zum ersten Prozesstag aus ihrem Altersheim

Die Staatsanwaltschaft wirft Irmgard F. Mord in tausenden Fällen vor: Durch ihre Schreibarbeit als Sekretärin im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig soll sie Beihilfe zum systematischen Mord an über 11.000 Gefangenen geleistet haben. Die 96-Jahre alte Irmgard F. soll von Juni 1943 bis April 1945 als Zivilangestellte in der Kommandantur des Lagers gearbeitet haben.
Doch scheint die alte Dame noch sehr rüstig zu sein: Am ersten Prozesstag Ende September 2021 floh sie aus ihrem Altersheim in Quickborn und musste anschließend für ein paar Tage in Untersuchungshaft. Der Prozessauftakt wurde dann auf Oktober verschoben, bei dem die Angeklagte mit einem Rettungswagen zum Gericht gefahren wurde.
Beamter: Ehemalige KZ-Sekretärin hatte "reines Gewissen"
Der geladene Vernehmungsbeamte erzählte am Dienstag vor Gericht von den Angaben der ehemaligen KZ-Sekretärin. Auf die Frage, ob sie dienstverpflichtet wurde, habe die Beschuldigte 2017 angegeben: "Ich wurde gerufen und musste gehen." Sie habe jedoch "ein reines Gewissen" und nie jemanden getötet: Sie habe auch keinerlei Tötungen in dem Konzentrationslager wahrgenommen
Ihr Verteidiger widersprach der Verwertung der Zeugenaussage. Es blieben Zweifel daran, dass seiner Mandantin damals klar gewesen sei, welche Konsequenzen ihre Äußerungen haben könnten. Der Beamte, selbst Staatsanwalt, hatte jedoch zuvor erklärt, die damals 92-Jährige ordnungsgemäß über ihre Rechte als Beschuldigte belehrt zu haben. Der Prozess um Irmgard F. wird noch bis Sommer 2022 gehen – erst dann werde ein Urteil erwartet. (dpa/anr)