Kleine Larve – große Leistung!

Statt Tierversuchen an Mäusen: Revolutionieren diese kleinen Kriecher die Medikamentenforschung?

Sie krabbeln, kriechen, sind klein, grün und irgendwann fliegen sie davon: Insektenlarven. Doch sie können mehr als das: Molekularbiologe Dr. Anton Windfelder von der Justus-Liebig-Universität Gießen hat die Tierversuche an Ratten und Mäusen schon lange satt, deswegen entscheidet er sich für die Forschung am Tabakschwärmer, einer äußerst nützlichen Larve. Ob wir durch diese Insekten bald schon chronische Krankheiten heilen können – im Video.

Auf die Larve gekommen

Chronische Erkrankungen befinden sich laut dem Robert-Koch-Institut weltweit auf dem Vormarsch, sie sind aktuell Thema und nehmen leider mehr und mehr Platz in unserem Leben ein. Eine Lösung muss her. Um jedoch unnötige Versuche mit Mäusen und anderen Säugetieren zu vermeiden, befasst sich Dr. Anton Windfelder von der Uni Gießen mit dem Tabakschwärmer, einer grünen Insektenlarve, die ungefähr so groß wie ein Finger ist.

Lese-Tipp: Geboren, um getötet zu werden: 2,5 Millionen Tierversuchstiere sind "reine Wegwerfware"

Diese sind nicht nur klein und handlich, sie weisen eine Ähnlichkeit zum menschlichen Darm auf und eignen sich daher besonders gut für Forschung, die Gewebe abbilden kann (Magnetresonanztherapie, Computertomografie): „Das Immunsystem des Darms des Tabakschwärmers ist zu circa 90 Prozent mit den von Menschen vergleichbar. Deshalb können wir die Larven des Tabakschwärmers sehr gut als alternatives Tiermodell für chronische Darmerkrankungen wie zum Beispiel Morbus Crohn nutzen“.

CT-Bilder von Insektenlarven, Tabakschwärmer.
Hinter diesen CT-Aufnahmen verstecken sich viele hilfreiche Informationen für die Forscher über den Darm der Insekten.
rtl.de

Schädlingsraupen ersetzen traditionelle Versuchstiere

Die Larven werden von Dr. Windfelder und seinem Team vor Ort im Labor gezüchtet. Das ist nicht nur unkompliziert, sondern auch wesentlich kostengünstiger und ethisch vertretbarer als die Säugetier-Forschung.

Lese-Tipp: Protestaktion in Gießen: Mit Kuscheltieren gegen Tierversuche

„Der Darm der Tiere ist sehr groß. Man kann an der Darmwand sehen, wie viel Kontrastmittel sich anreichert und dadurch den Grad der Entzündung bestimmen. Damit können dann beispielsweise neue Kontrastmittel getestet werden, aber auch neue Medikamente, die vielleicht eine Entzündung verhindern“, so der Projektleiter des Frauenhofer Instituts in Gießen.

Der Deutsche Tierschutzbund ist jedoch der Meinung, dass sich Versuche an Tieren generell nur schwer auf den Menschen übertragen lassen und sind daher für eine allgemeine Abschaffung. Sie fordern tierversuchsfreie Test- und Forschungsmethoden.

Dr. Anton Windfelder im Labor, Uni Gießen.
Im Labor an der Justus-Liebig-Universität Gießen erforscht und züchtet Dr. Anton Windfelder gemeinsam mit seinem Team Insektenlarven
rtl.de
Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Forschung an Insektenlarven – wie geht das?

Im Vergleich zu traditionellen Labortieren wie Ratten oder Mäusen bieten Insekten mehrere Vorteile in der Forschung. 70-80 Prozent der Gene, die für die Entstehung von menschlichen Erkrankungen verantwortlich sind, kommen auch bei diesen Insekten vor. Die Untersuchung selbst ist für die Tiere nicht schmerzhaft. Sie haben dadurch weder Spätfolgen noch Einschränkungen. Erst wenn ein Medikament den Larven-Test besteht, wird es an Säugetieren getestet, somit fallen viele unnötige Versuchsreihen weg.

Inzwischen werden viele Krankheiten an Larven erforscht. Für jedes Forschungsgebiet eignet sich ein anderes Insekt. Obwohl sie so klein sind, können sie großes leisten. (naw)