In den Anden wurden sie zu KannibalenÜberlebende von Flugzeugunglück betonen: "War richtig, tote Freunde zu essen"

Roberto Canessa, former member of an Uruguayan rugby team who survived a 1972 plane crash in the Chilean Andes, and his wife Laura Surraco attend a Mass in remembrance of the accident in Montevideo, Uruguay, Thursday, Oct. 13, 2022. The former rugby players marked the 50 anniversary of the accident where only 16 of the original 45 passengers aboard survived. (AP Photo/Matilde Campodonico)
Roberto Canessa - hier mit seiner Ehefrau - machte damals den Vorschlag, die toten Begleiter zu essen.
MC, AP, Matilde Campodonico

Es sind Worte, die für Unbeteiligte schwer zu verdauen sind. Am 13. Oktober 1972 zerschellte ein Flugzeug mit 45 Menschen an Bord an einem Berghang in den Anden. Erst nach 72 Tagen konnten 16 Überlebende geborgen werden. Um nicht zu verhungern, aßen sie die Überreste ihrer toten Begleiter. Jetzt, 50 Jahre nach dem Unglück, erinnern sich die Männer an das schreckliche Unglück zurück und sagen: „Es war richtig, unsere Freunde zu essen.“

Tragisch: Erst Flugzeug-Absturz, dann riss eine Lawine weitere Menschen in den Tod

Der Flug sollte damals von Uruguay nach Chile gehen. Die Maschine mit der Nummer 571 transportierte die Amateur-Rugby-Mannschaft „Old Christian’s Club“ und einige Clubmitglieder – eigentlich hätten sie ein Spiel in der Hauptstadt Santiago de Chile absolvieren sollen. Doch es kam anders. Wegen eines groben Navigationsfehlers, Turbulenzen und schlechter Sicht krachte das Flugzeug erst mit einer Tragfläche, dann mit der anderen gegen einen Berg. Laut Berichten wurden allein bei dem Absturz 12 Menschen getötet, fünf weitere sollen bereits in der ersten Nacht gestorben sein – die Temperaturen fielen auf bis zu -40 Grad Celsius.

Schon nach 10 Tagen erfuhren die Überlebenden über ein Funkgerät an Bord, dass die Suche nach ihnen eingestellt worden war. An Nahrung blieben nur wenige Tafeln Schokolade, einige Kekse und ein paar Flaschen Wein übrig. Dann habe Roberto Canessa, ein Medizinstudent, vorgeschlagen, die Körper der Verstorbenen zu essen, damit der Rest von ihnen überleben könne. „Mein einziges Problem war, dass dies die Leichen meiner Freunde waren“, sagte er. "Ich musste später zu ihren Familien gehen, um es ihnen zu erklären."

Tragisch: Knapp eine Woche später wurde ein weiterer Teil der Gruppe durch eine Lawine getötet, die in der Nach abging.

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Roberto Canessa, former member of an Uruguayan rugby team who survived a 1972 plane crash in the Chilean Andes, plays with his grandchildren during a Mass in remembrance of the accident in Montevideo, Uruguay, Thursday, Oct. 13, 2022. The former rugby players marked the 50 anniversary of the accident where only 16 of the original 45 passengers aboard survived. (AP Photo/Matilde Campodonico)
Roberto Canessa ist mittlerweile Großvater.
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Ramon Sabelle: "Wir haben uns an das Fleisch gewöhnt."

Auch Ramon Sabelle überlebte das Unglück. Er beschreibt seine Erfahrungen so: „Natürlich war die Vorstellung, Menschenfleisch zu essen, schrecklich, abstoßend. Es war schwer, es in den Mund zu nehmen. Aber wir haben uns daran gewöhnt.“ Und weiter: „In gewisser Weise waren unsere Freunde einige der ersten Organspender der Welt – sie halfen, uns zu ernähren und uns am Leben zu erhalten.“ Die Männer hätten sich untereinander geschworen, sich zu essen, wenn einer sterben würde. So hätten sie sich das schlechte Gewissen nehmen wollen.

Im Gespräch mit der „Sunday Times“ anlässlich des 50. Jahrestages sagte der Überlebende Carlos Paez, es sei die Pflicht der Überlebenden, um die Welt zu reisen und ihre Geschichte zu erzählen. Überraschend: Der heute 68-Jährige hat trotz allem keine Flugangst. „Ich habe sechs Millionen Meilen mit American Airlines zurückgelegt“, sagte er.

Former members of an Uruguayan rugby team who survived a 1972 plane crash in the Chilean Andes, and their relatives attend a Mass in remembrance of the accident, in Montevideo, Uruguay, Thursday, Oct. 13, 2022. The former rugby players marked the 50 anniversary of the accident where only 16 of the original 45 passengers aboard survived. (AP Photo/Matilde Campodonico)
Die Überlebenden des Anden-Unglücks trafen sich anlässlich des 50. Jahrestags des Absturzes.
MC, AP, Matilde Campodonico

Zwei Männer gehen auf Rettungsmission und finden einen Hirten

Nach fast zwei Monaten in den Bergen hätten die Überlebenden alle Hoffnung auf Rettung verloren, erzählten sie. Also hätten Roberto Canessa und Begleiter Fernando Parrado, sich auf den Weg gemacht, um Hilfe zu holen. Das Duo habe seine Rugbysocken mit menschlichem Fleisch gefüllt und sei langsam etwa drei Meilen den Berg hinunter geklettert. Als sie auf einen reißenden Fluss stießen, sei ihre Rettungsmission zuerst gestoppt worden. Kurz darauf hätten sie aber einen chilenischen Hirten auf der anderen Seite des Flusses entdeckt. Der Mann sei am nächsten Tag zurückgekehrt und und habe einen Stein mit Kugelschreiber und Bleistift für die Überlebenden herübergeworfen. So erklärten sie dem Mann ihre Notsituation.

The last eight survivors of the Uruguayan Air Force plane crash in the Andes in South America, huddle together in the craft's fuselage on their final night before rescue on Dec. 22, 1972. A mountain rescue team brought them food. (AP Photo)
Diese Aufnahme zeigt einen Teil der Überlebenden kurz vor ihrer Rettung.
dpa

Der Hirte wurde zu ihrer Rettung. Er stieg 100 Meilen auf, um die Behörden auf die Überlebenden aufmerksam zu machen. Bald darauf wurde eine mehrtägige Hubschrauberrettung durchgeführt, bei der die restlichen Überlebenden gerettet wurden. Viele von ihnen hätten die Hälfte ihres Körpergewichts verloren, so der Bericht. „Sie brachten uns ins Krankenhaus in Santiago“, sagte Sabella der „Sunday Times“. "Ich erinnere mich an die Freude dieses ersten heißen Bades." (dky)