Russlands Parlament billigt Militäreinsatz: Nimmt sich Putin die Krim mit Gewalt?
Die Ukraine droht die Kontrolle über die Halbinsel Krim an Russland zu verlieren. Kreml-Chef Wladimir Putin erhielt vom Parlament grünes Licht, um einen Militäreinsatz in der Ukraine durchzuführen.

Präsident Putin habe nun alle Vollmachten, um einzuschreiten, teilte sein Sprecher Dmitri Peskow mit. Putin wolle seinen Befehl von der weiteren Lage auf der Krim abhängig machen. Der nun mögliche Marschbefehl sei noch nicht erteilt, betonte Peskow. Der Präsident hoffe darauf, dass sich die Situation in der Autonomen Republik Krim stabilisiere.
Angesichts der russischen Bedrohung versetzte der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow die Armee in volle Kampfbereitschaft warnte Russland, mit einer Invasion einen Krieg auszulösen. "Ich gebe den Befehl, alle Militäreinheiten in volle Kampfbereitschaft zu versetzen", sagte Turtschinow. Russland habe für seinen "Akt der Aggression" keine Grundlage. "Alle Erklärungen über Gefahren für russische Staatsbürger oder russischsprachige Ukrainer sind erdacht", sagte er.
Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk sagte, dass er mit seinem russischen Kollegen Dmitri Medwedew gesprochen habe und in Moskau noch keine Entscheidung über einen Marschbefehl gefallen sei. "Die Regierung der Ukraine wird alle Maßnahmen zur Wahrung von Ruhe, Ordnung und Stabilität ergreifen", so Jazenjuk. "Wir schützen jeden Bürger der Ukraine, ob er Ukrainisch oder Russisch spricht", sagte Jazenjuk. Einen russischen Militäreinsatz werde die Ukraine nicht hinnehmen. "Eine Intervention wird der Beginn eines Krieges und das Ende aller Beziehungen sein."
Zugleich bat die Ukraine die vier übrigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates um Schutz. "Wir fordern die USA, Großbritannien, Frankreich und China auf, die Souveränität unseres Landes zu garantieren und bei (Russlands) Präsident Wladimir Putin darauf zu drängen", sagte der ukrainische UN-Botschafter Juri Sergejew am Rande einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates. Sergejew nannte den Einsatz russischer Soldaten auf der Krim eine Aggression. "Nach allen Regeln, die die Vereinten Nationen aufgestellt haben, ist das eine Aggression."
Putin hatte die mögliche Militärintervention damit begründet, dass russische Bürger und die auf der Krim stationierten russischen Streitkräfte geschützt werden müssten. Zuvor hatte die Krim-Regierung Russland um Schutz vor gewaltbereiten ukrainischen Nationalisten und Extremisten angerufen. In mehreren russisch geprägten Städten der Schwarzmeer-Halbinsel gab es Proteste gegen die Regierung in Kiew.
Schon 6.000 russische Soldaten auf der Krim gelandet?
Europäische Staaten und die USA warnten Moskau eindringlich vor einer weiteren Eskalation. Der britische Außenminister William Hague rief seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow in einem Telefonat dazu auf, die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu respektieren.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton lud die Außenminister der EU für Montag zu einem Sondertreffen nach Brüssel ein. Der UN-Sicherheitsrat will sich in einer weiteren Sondersitzung mit der Lage befassen. US-Präsident Barack Obama hatte zuvor gewarnt, eine militärischen Intervention auf die Krim würde ihren "Preis" haben.
Wie ein russischer Militäreinsatz auf der Krim aussehen könnte, war zunächst unklar. Laut Präsidentensprecher Peskow kann Putin über die Größe des etwaigen Kontingents entscheiden. Russland hat in der Krim-Stadt Sewastopol seine Schwarzmeerflotte stationiert. Die Erlaubnis einer Intervention könnte sich auf dieses Kontingent beziehen.
Ukrainische Behörden hatten behauptet, es seien 6.000 russische Soldaten auf der Krim gelandet, eine Bestätigung gab es dafür nicht. Der moskautreue Krim-Regierungschef Aksjonow übernahm vorübergehend die Befehlsgewalt in der Autonomen Republik. Zugleich zog die prorussische Führung in Simferopol ein Referendum über die Zukunft der Autonomen Republik um zwei Monate auf den 30. März vor. Es war zunächst für den 25. Mai geplant gewesen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte erneut an Russland, die territoriale Souveränität der Ukraine zu respektieren. Man verfolge die Entscheidungen des Föderationsrates "mit Sorge", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter. Merkel telefonierte mit dem ukrainischen Regierungschef Jazenjuk. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von einer gefährlichen Entwicklung: "Wer jetzt weiter Öl ins Feuer gießt, mit Worten oder Taten, setzt bewusst auf Eskalation."