Preissenkung kommt beim Verbraucher nicht anStreit um Tankrabatt bei "Stern TV am Sonntag": "Es könnte sogar noch teurer werden"

Bei "Stern TV am Sonntag" haben unter anderem Kabarettist Serdar Somuncu, Michael Kruse (FDP) und Energieexpertin Claudia Kemfert über den Tankrabatt diskutiert.
Bei "Stern TV am Sonntag" haben unter anderem Kabarettist Serdar Somuncu, Michael Kruse (FDP) und Energieexpertin Claudia Kemfert über den Tankrabatt diskutiert.
RTL
von Marko Schlichting

Trotz Tankrabatt: Spritpreise steigen wieder

Viele Menschen in Deutschland sind stinksauer. Die Bundesregierung wollte sie unterstützen und hat zur Abfederung der steigenden Spritpreise zum 1. Juni einen Tankrabatt eingeführt. In den ersten Tagen sind die Preise für Benzin und Diesel auch tatsächlich gesunken. Aber das hat sich ganz schnell wieder geändert. Der Preis für den Liter Diesel stieg in der letzten Woche um acht Cent und liegt jetzt bei 2,03 Euro. Benzin liegt leicht unter dem Wert von zwei Euro. Das Problem: Offenbar geben die Mineralölkonzerne die vom Bundestag beschlossene Steuersenkung für Sprit nicht an die Kunden weiter.

Vielleicht nehmen sie die Ausführungen von Bundesfinanzminister Lindner einfach zu wörtlich: „Es geht darum, die Bürgerinnen und Bürger, die auf ein Auto angewiesen sind, aber auch die Gewerbetreibenden, für die die angestiegenen Kraftstoffpreise eine wirtschaftliche Belastung darstellen, schnell zu unterstützen.“ Gewerbetreibende – das sind eben auch Shell, Exxon, Aral und Total. Aber auch, wenn es im Moment so aussieht: Die hatte Lindner nicht gemeint.

Nun will Bundeswirtschaftsminister Habeck durchgreifen, und SPD und FDP haben Unterstützung signalisiert. Habeck will das Kartellrecht verschärfen. Der Staat soll die Gewinne von Mineralölkonzernen leichter abschöpfen können. Außerdem soll er die Konzerne dazu zwingen, Geschäftsfelder wie Raffinerien oder Tankstellen abzugeben.

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Im Video: Robert Habeck zu Tankrabatt

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Energieexpertin Claudia Kemfer: "Tankrabatt wieder zurücknehmen"

Doch bis die Gesetze beschlossen sind und angewendet werden können, ist mit dem Tankrabatt schon lange Schluss. Energieexpertin Claudia Kemfert sagt denn auch bei „Stern TV am Sonntag“ auf RTL: „Der Tankrabatt ist unsinnig, weil er in die Taschen der Mineralölkonzerne geht.“ Sie will ihn schnell wieder abschaffen und das eingesparte Geld lieber den Empfängern von niedrigen Einkommen direkt geben. Außerdem plädiert sie für eine Übergewinn-Steuer. Die sollten Unternehmen bezahlen, wenn sie durch eine Krise höhere Gewinne als sonst erzielen.

Michael Kruse ist energiepolitischer Sprecher der FDP. Er ist gegen eine Übergewinn-Steuer. Denn sie könnte auch falsche Unternehmen treffen, wie zum Beispiel Biontech. Das Unternehmen hatte in der Corona-Krise den ersten Impfstoff gegen das Virus hergestellt und ebenfalls Riesengewinne gemacht.

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Im Video: Kampf gegen die Öl-Multis - so soll Sprit günstiger werden

Kruse: "Knappes Angebot am Weltmarkt"

Kruse unterstützt die Forderung von Minister Habeck, das Kartellrecht zu stärken. „Es kann nicht sein, dass die Gewinne bei denen ankommen, für die sie nicht da sind“, sagt Kruse auf RTL. Allerdings sei auch das Ölangebot auf dem Weltmarkt niedriger, das Öl dadurch teurer geworden. Schließlich wollten immer mehr Länder kein Öl mehr von Russland. „Ohne die Entlastungen wäre der Preisanstieg auch bei uns viel stärker, und darum glaube ich auch nicht, dass der Stopp dieser Maßnahme jetzt eine gute Entscheidung wäre.“ Kruse selber will mehr Wettbewerb am Markt schaffen. Dann würden die Preise schon von alleine runter gehen.

Eine Abstimmung unter den Zuschauern von Stern TV am Sonntag auf RTL bringt ein klares Ergebnis. Sie wollen, das bald Schluss ist mit dem Tankrabatt. 86 Prozent sind dieser Meinung.

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Im Video: FDP-Generalsekretär: Tankrabatt wird bis Ende August bleiben

Kabarettist Serdar Somuncu: "Den Menschen die Wahrheit sagen"

Ob Kabarettist Serdar Somuncu den Tankrabatt gut findet oder nicht, lässt er offen. Er will etwas ganz anderes: „Wir lösen das Problem dadurch, indem wir die Frage stellen: Können wir Embargos und Maßnahmen verhängen gegen die Russen, und können wir auf der anderen Seite erwarten, dass diese Maßnahmen uns nicht auch treffen? Sollten wir den Leuten nicht die Wahrheit sagen? Wir sind im Krieg. Das wirkt sich nicht nur auf die Energie aus, sondern auf unsere gesamten Lebenshaltungskosten. Ich würde mir von der Regierung wünschen, dass sie den Leuten nicht immer nur Honig ums Maul schmiert und sagt: Ihr müsst jetzt einfach mal der Wahrheit ins Auge blicken. Es wird Euch vielleicht sogar noch schlechter gehen.“

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