Nach Lina-E.-Urteil: Krawalle in Leipzig an "Tag X"
Polizei und linke Demonstranten geben sich gegenseitig Schuld an Eskalation

„Tag X“ beginnt friedlich, doch endet mit Prügel und Wurfgeschossen.
In Leipzig knallte und brannte es am Samstag (3. Juni), als die linksextreme Szene durch die Straßen zog. Hunderte Menschen versammelten, um Solidarität mit der Studentin Lina E. zu zeigen, die wegen linksextremistischer Straftaten veruteilt worden war. Steine, Flaschen und ein Brandsatz wurden auf Polizisten geworfen. Dutzende Autos wurden angezündet. Die Polizei wiederum hielt rabiat dagegen. Für die Beamten gibt es Kritik, für ein paar Teilnehmer Haftbefehle.
Polizei kritisiert aufgebrachte Linksextreme: "Immer wieder attackiert"
Friedlich fing sie an – eine linke Versammlung im Leipziger Süden. Von den 1.500 Menschen, die am Nachmittag zum Alexis-Schumann-Platz gekommen waren, sei allerdings ein Drittel gewaltbereit gewesen, sagte ein Polizeisprecher am Samstagabend. Angemeldet seien nur 100 Teilnehmer gewesen. Die Beamten kesselten viele der Demonstranten für mehrere Sunden ein. Es flogen Böller, Steine, Flaschen und sogar ein Brandsatz soll auf einen Polizisten geworfen worden sein, so der Sprecher. „Unsere Kräfte werden immer wieder attackiert und mit Steinen/Pyrotechnik beworfen", schrieb die Polizei bei Twitter.
Trotz des Verbots einer großen "Tag X"-Demonstration der linksradikalen Szene war die Polizei mit einem Großaufgebot präsent. Denn linke Kreise hatten bundesweit Kräfte für die Präsenz am Samstag mobilisiert. Bereits am Freitag hatte es in Connewitz Randale gegeben. Anlass ist das Urteil gegen Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis, bei denen mehrere Menschen teils schwer verletzt worden waren. Die 28-Jährige war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.
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Zu rigoros? Linke werfen Polizei vor, die Eskalation selbst provoziert zu haben
Nach den Krawallen kritisierten Linke das Vorgehen der Polizei.
Ihr Parlamentsgeschäftsführer im sächsischen Landtag, Marco Böhme, warf der Polizei bei Twitter vor, eine separate Kundgebung mit dem Motto „Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig!" faktisch boykottiert zu haben, obwohl diese genehmigt worden sei. Erst, weil die Menschen über Stunden eingekesselt seien und ihr Demonstrationsrecht nicht hätten wahrnehmen dürfen, sei die Lage eskaliert. Er sprach von „wildgewordenen Polizisten“, die mit Faustschlägen agierten. Sein Fazit: „Polizeikräfte aus beinahe sämtlichen Bundesländern haben heute alles dafür gegeben, die befürchtete Eskalation auch stattfinden zu lassen“.
Auch die Linken-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz kritisierte die Entscheidung, die Demonstranten nicht laufen zu lassen. "Deeskalation sieht anders aus", so die Politikerin bei Twitter. Das linksgerichtete Bündnis "Dresden Nazifrei" nannte das Auftreten der Polizei "martialisch".
Die Bilanz unruhiger Stunden: Verletzte, kostspielige Schäden und einige Festnahmen

Der Protest zog sich bis in den frühen Sonntagmorgen. Die Bilanz: 23 Beamte wurden laut Polizeiangaben verletzt. Einer von ihnen wurde im Krankenhaus behandelt. Ein Journalist wurde von einer unbekannten Person attackiert und leicht verletzt. Ob und wie viele Demonstranten verletzt wurden, dazu gibt es keine offiziellen Angaben.
17 Polizeifahrzeuge wurden beschädigt. Acht Autos wurden in Brand gesetzt, darunter auch Autos von Anwohnern, hieß es. An einer Bankfiliae entstand ein Schaden "in hoher fünfstelliger Summe", teilte die Polizeì mit. Den Angaben zufolge wurden bis zum Abend fünf Männer im Alter zwischen 20 und 32 Jahren festgenommen: ihnen wird Landfriedensbruch vorgeworfen. Drei Menschen kamen in Gewahrsam. (dpa, lmc)