Martyrium in Osnabrück ging über Jahrzehnte

Patrizia G. (25): Mein Vater missbrauchte mich seit meiner Kindheit – dann zeigte ich ihn an

Schon als Patrizia G. noch ein Schulkind ist, zwingt ihr Vater sie zu sexuellen Handlungen. Lange behält die heute 25-Jährige aus Osnabrück alles für sich – bis sie endlich den Mut findet, ihn anzuzeigen. Jetzt hat das Amtsgericht Osnabrück Frank G. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung wegen sexuellen Missbrauchs in fünf Fällen verurteilt. Im Video erzählt Patrizia G., was sie in den letzten beiden Jahrzehnten durchgemacht hat.

Osnabrück: Tochter missbraucht, während die Mutter schlief

Während ihre Mutter schlief oder unterwegs war, musste Patrizia High-Heels und Netzstrumpfhosen anziehen und für ihren Vater posieren. Dabei befriedigte er sich. Als Kind habe sie gar nicht so richtig verstanden, was da passierte. Immer wieder kam ihr Vater ihr zu nah, wenn die beiden allein waren, versprach ihr Belohnungen oder Zeit am Computer, wenn sie tat, was er von ihr wollte.

Patricia G. schwieg viele Jahre lang. Sie hatte Angst, dass man ihr ihren Vater wegnehmen könnte, wenn sie erzählen würde, was er mit ihr gemacht hatte. "Ich habe mich so geschämt, aber irgendwann hat er eine Grenze überschritten", sagt sie. Inzwischen hat sie den Kontakt zu ihrem Vater abgebrochen und empfindet vor allem Hass. "Ich will einfach nur, dass er für das, was er mir angetan hat, bezahlt." Dass ihr Ex-Mann die Taten leugnet, macht auch Patrizias Mutter Susanne G. wütend. "Er ist ein Feigling", schimpft sie.

Patrizia G. will sexuellen Missbrauch mit Therapie aufarbeiten

Dass Betroffene den Missbrauch erst so spät anzeigen, ist laut Patrizia G.s Anwältin Martina A. "absolut nicht ungewöhnlich". Mit dem Urteil ist sie zufrieden: "Das Gericht hat den Missbrauch als jahrelanges Ritual anerkannt."

Susanne G. empfindet die Bewährungsstrafe ganz anders. "Für mich ist das ein Witz", sagt sie. Auch Patrizia selbst, findet das Urteil nicht gerecht, aber sie ist vor allem froh, dass sie den kräftezehrenden Prozess hinter sich hat. Für Patrizia G. und ihre Mutter ist das Kapitel mit dem Urteilsspruch abgeschlossen. Die 25-Jährige will die Horror-Taten ihres Vaters jetzt mithilfe einer Therapie aufarbeiten. Für sie war es wichtig, ihre Geschichte öffentlich zu machen, um so auch anderen Betroffenen Mut zu machen, sich Hilfe zu holen. (bst)

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