Nervenkrieg auf der Krim dauert an: EU droht Russland

Die westlichen Staaten versuchen mit Strafandrohungen und Verhandlungsangeboten Russland zum Einlenken in der Krim-Krise zu bewegen. Sollte es keine Fortschritte bei der Bildung einer internationalen Kontaktgruppe zur Vorbereitung einer friedlichen Lösung geben, werde die EU am Donnerstag Sanktionen verhängen, kündigten Deutschland und Frankreich an. Russlands Präsident Wladimir Putin zeigte zwar kein Entgegenkommen, erklärte aber auch, die Wirtschaftsbeziehungen sollten trotz der Spannungen nicht beeinträchtigt werden.

epa04110879 Russian President Vladimir Putin speaks during his meeting with Kazakh president Nazarbayev and Belarus President Lukashenko in Putin's Novo-Ogaryovo residence outside Moscow, Russia 05 March 2014. Western and Russian leaders headed today into a day of diplomatic wrangling over the Ukraine crisis, a day after US President Barack Obama warned Moscow was not 'fooling anybody' over its role in Crimea. EPA/YURI KADOBNOV/POOL +++(c) dpa - Bildfunk+++
Russlands Präsident Wladimir Putin zeigte bisher kein Entgegenkommen, erklärte aber auch, die Wirtschaftsbeziehungen sollten trotz der Spannungen nicht beeinträchtigt werden.
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Die Versuche maßgeblicher Außenminister zur Bildung einer Kontaktgruppe für die Ukraine sind vorerst gescheitert. "Wir sind noch nicht soweit, uns auf ein gemeinsames Format für Gespräche über mittel- und langfristige Lösungen zu verständigen", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Paris nach einem Treffen mit westlichen und dem russischen Kollegen. Einer solchen Kontaktgruppe solle aber "sobald wie möglich" eine Chance gegeben werden. Über die Bedingungen dafür solle in den kommenden Tagen verhandelt werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte Russland zum Verzicht von Provokationen auf. "Russland muss auch alles unterlassen - jeden Nadelstich, der zur Destabilisierung führen könnte", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Übereinstimmend mit Frankreich kündigte er an, die Staats- und Regierungschefs der EU würden bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag Sanktionen gegen Russland besprechen, wenn eine Deeskalation ausbleibe. Zu den Maßnahmen könnten Reiseeinschränkungen sowie das Einfrieren russischer Vermögen gehören.

Auch die USA haben bereits Sanktionen ins Auge gefasst. Zudem haben die westlichen Staaten die Vorbereitungen für das im Juni im russischen Sotschi geplante G8-Treffen auf Eis gelegt. US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Merkel besprachen die Lage in einem Telefonat. Nach Angaben eines hochrangigen US-Vertreters sprachen sie über einen Vorschlag zur Lösung der Krise, nach dem Russland seine Soldaten auf der Krim in die Stützpunkte zurückbeordern soll. Zudem sollten internationale Beobachter zugelassen werden, um sicherzustellen, dass die Menschenrechte der überwiegend russischstämmigen Bevölkerung gewahrt blieben.

Mitten in der angespannten Lage auf der Schwarzmeer-Halbinsel geraten jedoch auch die Vereinten Nationen zwischen die Fronten. Bewaffnete bedrohten den Sondergesandten Robert Serry, der will daraufhin abreisen. Wie er seine Arbeit fortführen kann, ist unklar. Zudem überprüft die Nato jegliche Zusammenarbeit mit Russland. Es werde derzeit keinen Austausch mehr auf Arbeitsebene zwischen Vertretern von Nato und Russland geben, erklärte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen.

Russische Truppen besetzen Raketenbasis

Putin wandte sich gegen eine Ausweitung des Konflikts auf die Wirtschaftsbeziehungen. "Wir müssen die Dinge nicht aufschaukeln", sagte er in Nowo-Ogarjowo in der Nähe von Moskau. "Wir müssen mit unseren traditionellen Partnern zusammenarbeiten." Er warnte zudem vor negativen Auswirkungen eventueller Sanktionen auf die Zollunion von Russland, Weißrussland und Kasachstan.

Auch die deutsche Wirtschaft sprach sich gegen eine härtere Gangart aus. Sanktionen wie Handelsverbote könnten erheblich schaden, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Volker Treier, der 'Rheinischen Post'. Ähnlich hatte sich der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Rainer Lindner, geäußert.

In Gesprächen mit Vertretern des Westens zeigte Russland zunächst kein Entgegenkommen. In Paris lehnte Außenminister Sergej Lawrow ein Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Andrej Deschtschytsia ab, zu dem ihn sein US-Kollege John Kerry aufgefordert hatte. Russland wies zudem Vorwürfe zurück, es habe eigene Truppen auf der Krim eingesetzt und damit separatistische Tendenzen unter der Bevölkerung unterstützt. Russland könne die bewaffneten Gruppen auf der Krim nicht zurückkommandieren, weil es sich nicht um die Streitkräfte handele, sagte Lawrow.

Insgesamt bleibt die Lage angespannt. Auf der Krim brachten russische Streitkräfte der Nachrichtenagentur Interfax zufolge zwei ukrainische Raketenabwehrstellungen unter ihre Kontrolle. In Donezk im russisch geprägten Osten der Ukraine besetzten pro-russische Demonstranten ein nur wenige Stunden zuvor von der Polizei geräumtes Regierungsgebäude erneut.

Die Bemühungen, die Zahlungsunfähigkeit der neuen ukrainischen Regierung abzuwenden, liefen unterdessen auf Hochtouren. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso kündigte Hilfen im Umfang von elf Milliarden Euro für die kommenden zwei Jahre an. In den USA erklärten sich die oppositionellen Republikaner bereit, von Obama geplante Ukraine-Hilfen zu unterstützen.