Darauf sollten Sie achten

Nach aufgedeckten Missbrauchsskandal - Wie sicher sind Babysitter-Plattformen wirklich?

Father and daughter having fun at Christmas decorated living room. They play on bed, stack cubes on floor, using phone and making selfies.
Wie sicher sind Babysitter-Plattformen? (Symbolbild)
svetikd, iStock

Der Missbrauchskomplex Wermelskirchen in NRW sorgt für Entsetzen. Der Hauptverdächtige war über Babysitter-Plattformen in die Häuser seiner Opfer gelangt. Eine Horror-Vorstellung für Eltern. Viele stellen sich jetzt die Frage, ob sie ihre Kinder überhaupt sicher über solche Plattformen betreuen lassen können. Wissen die Betreiber, wen sie an Familien vermitteln? RTL hat bei mehreren großen Babysitter-Plattformen in Deutschland nachgefragt und erklärt Ihnen, worauf Sie achten sollten.
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Wie gewährleisten die Plattformen, dass sie keine Pädo-Kriminellen vermitteln?

Jeder neue Bewerber bei Plattformen wie „HalloBabysitter.de“, „ErsteKinderbetreung.de“ oder „meine-nanny.com“ muss sich anfangs einem Check stellen. Es gibt allerdings keine gesetzliche Vorschrift, wie genau dieser Check aussehen muss. Eine Sicherheitsmaßnahme bei „HalloBabysitter.de“, so Sprecherin Angelika Hage gegenüber RTL, ist die Möglichkeit, Identifikationshinweise zu hinterlegen. Diese seien jedoch keine Pflichtangabe.

Auf der Plattform werden alle Vermittlungsdaten einer so genannten „Plausibilitätskontrolle“ unterzogen, die neben einer automatisierten Prüfung auch manuelle Sichtungen aller Betreuungsprofile beinhaltet. „Das betrifft die Sichtprüfung jedes Eintrags, auch der angegebenen Referenzen, Bilder“, so Hage.

Sollten sich Eltern einmal unsicher sein, müssen sie, als Nutzer, jedoch erst selbst aktiv werden und gewisse Dinge einfordern. Es kann gezielt nach Betreuern mit Referenzen oder Qualifikationen im Profil gesucht werden. Oder aber Eltern fragen vorab nach einem polizeilichen Führungszeugnis.

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Eltern sollten vorher einen genauen Blick auf die Benutzerprofile werfen

Abgesehen von der Prüfung, die die Plattformen selbst durchführen, sollten Eltern daher auch selbst einen genauen Blick auf die Benutzerprofile der Bewerber werfen. „Wir raten interessierten Eltern, sich bereits im Vorfeld zu informieren“, so Lisa Schulze von „ErsteKinderbetreung.de“ im RTL-Gespräch. „ErsteKinderbetreung.de“ habe so zum Beispiel ein Zertifikat für verifizierte Mitglieder, die die Seriosität der Bewerber stützen soll und ein Feedback-System, „über das negative Erfahrungen gemeldet werden können“. „So haben wir die Möglichkeit, unseriöse Babysitter auf unserer Plattform zu sperren und bei Verdacht auf strafbare Handlungen die Polizei einzuschalten“, so Schulze.

Einen Haken gibt es aber: „Als Betreiber von „ErsteKinderbetreung.de“ haben wir jedoch keine Möglichkeit, zu überprüfen, ob ein Mitglied bereits straffällig geworden ist.“

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Doppelte Sicherheitscheck zum Schutz der Kleinen

Auch die Plattform „meine-nanny.com“ nimmt den Schutz der Familien sehr ernst. „Unser System blockiert vorab schon unseriöse Nachrichten mittels einer sogenannten „Blacklist““, erklärt Nadin Balke von „meine-nanny.com“ gegenüber RTL. Außerdem laufe die gesamte Kommunikation über die Plattform, dass sowohl die Eltern als auch die Betreiber bei Auffälligkeiten schnell reagieren können. „Das ermöglicht uns auch eine lückenlose Beweisführung im Falle einer Strafverfolgung“, so Balke. Anschließend folgen ein Videocall mit der Nanny und der Familie, um einen ersten Eindruck zu gewinnen und ein Kennenlernen in Persona. Wichtig ist Balke vor allem eines: „Wir achten auf vorgegebene gesetzliche Regularien. Eine davon ist, dass die Betreuung der Kinder bei einer Nanny nur Zuhause stattfinden kann, wenn diese eine entsprechende Ausbildung zur Tagesmutter abgeschlossen hat und dies regelmäßig vom Jugendamt kontrolliert wird“, sagt sie.

Durch diese genaue Prüfung der personenbezogenen Daten sei die Registrierung der Nanny nicht mehr „anonym“, was potenzielle Täter abschrecke.

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Wie können Eltern seriöse von unseriösen Bewerbern unterscheiden?

„Die Familien sollten entsprechend unterscheiden auf welchen Plattformen sie nach einem Babysitter suchen“, empfiehlt Balke. Heißt: Gerade Profile auf Social Media sollten doppelt gecheckt werden, zum Beispiel anhand folgender Fragen:

  • Wann wurde das Profil erstellt?

  • Ist die Nanny noch mit anderen Personen befreundet?

  • Was steht in ihrem Profiltext?

  • Ist das Profilfoto angemessen? Das Gesicht sollte klar zu erkennen sein.

  • Ist der Profilname angemessen? Im besten Fall ist der Klarname zu erkennen.

Bei folgenden Situationen sollten Eltern laut Balke wiederum hellhörig werden:

  • Die Nanny kann keine entsprechenden Nachweise zu Qualifikationen vorzeigen.

  • Die Nanny möchte Fotos von den Kindern sehen.

  • Die Nanny ist sehr an den Kindern interessiert und stellt viele Fragen nur über die Kinder.

  • Die Nanny verstrickt sich in widersprüchliche Aussagen.

  • Die Nanny ist unzuverlässig in der Kommunikation oder Betreuung.

  • Die Nanny möchte die Kinder ohne die Eltern betreuen.

  • Die Nanny erwähnt mehrmals, dass die Betreuung bei ihr Zuhause stattfinden kann.

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"Jede Nutzerbeschwerde wird ernst genommen"

Karl-Josef Hildenbrand
Babysitter-Plattformen nehmen Beschwerden ernst.
deutsche presse agentur

Schulze von „ErsteKinderbetreung.de“ weist außerdem darauf hin, dass Nutzerhinweise auf unseriöses Verhalten, auch im Sinne eines Verdachts auf pädophile Neigungen und Handlungen eines Babysitters, sehr selten seien. „Grundsätzlich nehmen wir jedoch jede Nutzerbeschwerde über einen Babysitter ernst. In einem solchen Verdachtsfall würden wir den Account umgehend sperren und die Polizei einschalten“, so Schulze.

Auch wenn Kritik jeglicher Form nachgegangen wird, muss man sich vor Augen führen, dass Kinder – besonders die Allerkleinsten – oftmals gar nicht wissen (können), dass sie missbraucht werden. Eltern erfahren in manchen Fällen erst Jahre später von dem Missbrauch – und dann kann sich der Täter, der auf Babysitter-Plattformen aktiv war, schon lange aus dem Staub gemacht haben. Seien Sie daher stets vorsichtig, gucken Sie sich etwaige Profile genau an und melden Sie Unstimmigkeiten umgehend.