Job weg, aber es gibt eine Abfindung

"Mir wurde wegen 40 Cent gekündigt" - Einigung im Stromklau-Prozess

von Aristotelis Zervos

Den Job ist er los, aber wenigstens bekommt er eine Abfindung!
Weil ein Mitarbeiter den Akku seines Privatautos an einer Firmensteckdose aufgeladen hat, hatte ihm sein Arbeitgeber fristlos gekündigt. Das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf sagt: Grundsätzlich ist das unerlaubte Laden eines Privatfahrzeugs auf Kosten des Arbeitgebers ein Kündigungsgrund. ABER: Im konkreten Fall wäre eine Abmahnung aber wohl ausreichend gewesen.
RTL.de ist jetzt auch bei WhatsApp – HIER direkt ausprobieren!

Streit um Kündigung wegen 40 Cent landet vor Gericht

Der Fall hatte Schlagzeilen gemacht, weil es in Endeffekt um einen Gegenwert von lächerlichen 40 Cent ging. Weil das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer belastet war, riet das Gericht zu einem Vergleich. Die Streitparteien einigten sich darauf, dass der Rezeptionist 8.000 Euro Abfindung bekommt und nicht auf die Stelle zurückkehrt.

Dem Rezeptionist war fristlos gekündigt worden, wogegen er sich wehrte. Er war in einem Hotel in der Spätschicht eingesetzt. Sein Hybridauto hatte er nach Angaben des Gerichts an einer 220-Volt-Steckdose im Flur eines Seminartraktes aufgeladen, obwohl dies laut Hausordnung verboten gewesen sei.

Vertrauensverlust wegen 40 Cent Stromkosten?

Der Mann behauptete vor Gericht, er habe sein Auto nur für wenige Minuten aufgeladen, weil es an dem Tag zu einem unerwarteten Leistungsabfall seines Fahrzeug-Akkus gekommen sei. Er habe nur seine Heimfahrt sicherstellen wollen.

Lese-Tipp: Kündigung wegen Krankmeldungen! Ab so vielen Fehltagen wird es gefährlich

Das Hotel führte dagegen an, er habe sein Auto nicht nur am besagten Tag, sondern mehrfach auf Firmenkosten aufgeladen. Am 12. Januar 2022 habe dies mindestens 20 Minuten gedauert, der Wert dieses Stroms habe 40 Cent betragen. Zwar sei der finanzielle Schaden minimal, räumt auch das Hotel ein, es liege aber ein erheblicher Vertrauensverlust vor.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Video-Tipp: Im privaten Chat über den Chef gelästert - Kündigung!

Nutzung von Strom am Arbeitsplatz wirklich verboten?

Aber kann der Arbeitgeber die Nutzung von Strom verbieten und liegt vielleicht sogar eine Strafbarkeit vor? Immerhin gibt es im Strafgesetzbuch den Tatbestand „Entziehung elektrischer Energie“.

„Tatsächlich ist die Frage unter Strafrechtlern umstritten. Es wird dabei durchaus auch die Meinung vertreten, dass man von einer mutmaßlichen Einwilligung des Arbeitsgebers ausgehen können und auch die Nutzung sozialadäquat sei, so dass gerade keine strafrechtsrelevante Tat vorliegt, wenn man zum Beispiel das Handy am Arbeitsplatz auflädt“, sagt Rechtsanwältin Nicole Mutschke im Gespräch mit RTL.

Gerade weil es sich – trotz steigender Strompreise – doch um Schäden handelt, die regelmäßig deutlich im Cent-Bereich liegen, wird im Übrigen selten ein Strafantrag gestellt, erklärt die Anwältin weiter. „Auch bei einem Strafantrag ist aber in aller Regel davon auszugehen, dass ein strafrechtliches Verfahren eingestellt würde“, so Mutschke weiter.

Lese-Tipp: Weil sie im Homeoffice kaum tippte! Frau wird nach 18 Jahren gekündigt

In einem ähnlich gelagerten Arbeitsrechtsfall aus dem Jahre 2009 hatte der Arbeitgeber auch die fristlose Kündigung zurückgenommen, die er deswegen ausgesprochen hatte.

Private Handynutzung im Job erlaubt?

Aber welche Konflikte drohen sonst im Job? Im beruflichen Alltag ist die private Handynutzung Dauerthema. Wie sieht es hier aus?

„Grundsätzlich muss in der Arbeitszeit gearbeitet werden“, sagt Nicole Mutschke. Sie schränkt aber ein: „Vielen Arbeitgeber ist aber an einem guten Betriebsklima gelegen und es stört sie daher auch nicht, wenn Arbeitnehmer gelegentlich aufs Handy schauen.“ Man sollte die Nutzung des Handys aber auf keinen Fall übertreiben.

Lese-Tipp: Reif für den Jobwechsel? Wann eine Kündigung sinnvoll ist - und wann nicht

Grundsätzlich empfiehlt die Rechtsanwältin: „Wer aber auf Nummer sicher gehen will, der fragt einfach bei seinem Arbeitgeber nach, was erlaubt ist und was nicht.“

Der Rezeptionisthat übrigens in der ersten Instanz gewonnen. Im konkreten Fall wäre eine Abmahnung ausreichend gewesen, befand das Arbeitsgericht. An diesem Dienstag wird das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf den Fall verhandeln. (mit dpa)