Im Schnitt 11 Prozent mehr Lohn

Mehr Geld für Millionen Deutsche: Wer von der Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst profitiert

Im Schnitt sollte jeder Beschäftigte damit 11 Prozent mehr Lohn bekommen! Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes haben sich Bund, Kommunen und Gewerkschaften auf mehr Geld für die 2,5 Millionen Beschäftigten geeinigt. Das hatten alle Tarifparteien nach mehrstündigen Verhandlungen am späten Samstagabend in Potsdam mitgeteilt. Vor der Einigung gab es einen monatelangen Streit zwischen Arbeitnehmergewerkschaften und den Arbeitgebern im öffentlichen Dienst, der mehrere Warnstreiks zur Folge hatte, unter anderem an Krankenhäusern und bei Müllabfuhren.

Verdi-Chef Werneke: "Das ist die größte Tarifsteigerung in der Nachkriegsgeschichte im öffentlichen Dienst"

Mit der größten Tariferhöhung seit Jahrzehnten im öffentlichen Dienst wird für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bund und Kommunen der drastische Anstieg der Verbraucher- und Energiepreise abgefedert.

Zunächst sollen steuer- und abgabenfreie Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 3000 Euro die Auswirkungen der Inflation dämpfen. Die ersten 1240 Euro daraus gibt es im Juni. Ab Juli und bis Februar 2024 sollen dann monatlich jeweils 220 Euro fließen, berichtet die dpa.

Ab März 2024 erhalten die Beschäftigten laut Vereinbarung dann als weiteres Plus einen fixen Betrag von monatlich 200 Euro brutto sowie eine anschließende Lohnerhöhung von 5,5 Prozent - mindestens aber 340 Euro brutto mehr. Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt 24 Monate.

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Erzieher, Feuerwehrleute, Altenpfleger: Millionen Beschäftigte kriegen mehr Geld

Nach monatelangem Ringen übernahmen Bund, Kommunen und Gewerkschaften am späten Samstagabend damit im Kern die Vorschläge der eingesetzten Schlichter.

Der erzielte Tarifabschluss gilt für insgesamt 2,5 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen aus verschiedensten Berufszweigen - unter anderem für Frauen und Männer, die als Erzieher, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Kranken- und Altenpfleger, Verwaltungsangestellte, Klärwerksmitarbeiter, Förster oder Ärzte arbeiten. Die Gewerkschaftsmitglieder müssen noch zustimmen, Verdi-Chef Frank Werneke äußerte sich aber zuversichtlich, wie die dpa mitteilt.

22.03.2023, Mecklenburg-Vorpommern, Rostock: Mit einem Warnstreik und einer Kundgebung fordern Erzieherinnen und Erziehern bessere Betreuungsmöglichkeiten in Kindertagesstätten. Die Gewerkschaft GEW hatte in rund 40 Kitas zum Warnstreik aufgerufen, rund 300 Erzieher nahmen der GEW zufolge teil. Mit der Aktion wollte die GEW Druck in der laufenden Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst ausüben. Foto: Jens Büttner/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Warnstreik und Demo von Erziehern Ende März in Mecklenburg-Vorpommern. Die Gewerkschaft GEW hatte rund 40 Kitas aufgerufen, Druck auf die bundesweite Debatte auszuüben.
jbu mre, dpa, Jens Büttner
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Gegen die Inflation kommen auch 11 Prozent durchschnittlicher Lohnzuwachs nicht an

SPD-Chefin Saskia Esken sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern, es sei eine faire Lösung gefunden worden, die insbesondere für die niedrigen Einkommen eine wesentliche Verbesserung sei. Hingegen bezeichnete der Vorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, den Abschluss als unzureichend. Er bringe viele Beschäftigten dennoch „einen Reallohnverlust", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sagte der Augsburger Allgemeinen, die Lohnerhöhungen erreichten im Durchschnitt etwa elf Prozent. „Allerdings bedeutet dieser Tarifabschluss einen weiteren Verlust an Kaufkraft und Wohlstand für die Beschäftigten", sagte er mit Blick auf die Inflation.

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Milliardenschwere Kosten bereiten Arbeitgebern von Bund und Kommunen Sorgen

Die Gesamtkosten des Abschlusses belaufen sich allein für den Bund für die vereinbarte Laufzeit auf rund 4,95 Milliarden Euro, so die dpa. Die Kommunen gehen gar von einem Vielfachen dieser Belastung aus. Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Karin Welge, sprach vom „teuersten Tarifabschluss aller Zeiten", der die schon klammen Städte und Gemeinden rund 17 Milliarden Euro kosten werde. Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, sagte, der Tarifabschluss treffe die Kommunen „hart“, die „ohnehin unter einer schwierigen Finanzlage leiden“ würden.

Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, nannte es positiv, dass der öffentliche Dienst seine Attraktivität als Arbeitgeber stärke und die Leistungen seiner Mitarbeiter anerkenne.

Weitere Streiks abgewendet - doch das gilt nicht unbedingt für andere Branchen

Verdi hatte in den vergangenen Monaten mit unzähligen Warnstreiks regelmäßig Stadtverwaltungen, öffentliche Bäder, Müllabfuhren oder Krankenhäuser lahmgelegt. Gemeinsam mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft - die nach wie vor mit 50 Eisenbahnunternehmen im Tarifkonflikt steht - gab es Ende März einen großangelegten bundesweiten Warnstreik im Verkehrssektor.

Auf der Schiene und auch an Flughäfen sind weiterhin Warnstreiks und damit Behinderungen der Fahrgäste möglich, da es hier um andere Branchen geht. (lmc mit dpa)