Anwältin und Privatermittler packen aus!
Kündigung nach Homeoffice-Überwachung: Wie viel weiß eigentlich mein Chef?

54 Tastenanschläge in einer Stunde waren dem Chef der Australierin Suzie Cheikho zu wenig – sie wurde gefeuert! Ihr Arbeitgeber hat sie im Homeoffice mit einer Software überwacht. Aber wäre das in Deutschland auch möglich? Rechtsanwältin Nicole Mutschke und Privatermittler erklären, welche Homeoffice-Überwachung Ihrem Chef zusteht.
Mitarbeiter-Überwachung ist in Deutschland (zum Glück) schwierig
Die gute Nachricht vorweg: In Deutschland können Chefs ihre Mitarbeiter nicht so leicht während der Arbeitszeit überwachen – auch wenn diese im Homeoffice arbeiten. „Denn grundsätzlich stellt jede Überwachung erst einmal einen Eingriff in die Grundrechte des Arbeitsnehmers dar“, erklärt Rechtsanwältin Nicole Mutschke auf Nachfrage von RTL.
„Ein solcher Eingriff kann in Deutschland nur zulässig sein, wenn er geeignet, erforderlich und auch verhältnismäßig ist“, so Mutschke. Das gelte vor allem, wenn es sich um einen bloßen Verdacht handelt. Chefs also nur vermuten, dass ihre Mitarbeiter die Arbeitszeit zu Hause für andere Dinge nutzen.
Doch es gibt Formen der Überwachung, die zulässig sind.
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Diese Überwachung ist erlaubt
Je nach Form der Überwachung gibt es rechtlich große Unterschiede. Was erlaubt ist und was nicht, haben wir Nicole Mutschke gefragt:
Arbeitszeiterfassung: Arbeitgeber sind sogar „verpflichtet“ die Arbeitszeiten der Mitarbeiter zu erfassen, beispielsweise die Log-in-Aktivitäten
Internetnutzung: Ist die private Internetnutzung auf einem Dienstgerät nicht erlaubt, darf der Arbeitgeber dies stichprobenartig kontrollieren.
Anrufe: Chefs dürfen während der Arbeitszeit anrufen.
Kameraüberwachung: Hier kommt es auf die Details an, denn eine offene Kameraüberwachung am Arbeitsplatz ist erlaubt. Eine verdeckt filmende Kamera ist nicht erlaubt, außer es besteht der konkrete Verdacht einer Straftat.
Privatermittler: Der Einsatz von Privatermittlern zur Überwachung von Mitarbeitern ist nur bei einem konkreten Verdacht zulässig. In einem solchen Fall müsse ein „Tatsachen gestützter Verdacht einer schwerwiegenden arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung“ vorliegen.
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Privatermittler aus Köln: „Fünf Prozent meiner Aufträge kommen von Arbeitgebern“
Wenn möglicherweise eine solche schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vorliegt, kommen oft auch Privatermittler wie der Kölner Detektiv Lothar Wenzel ins Spiel!
Vor drei Jahren ist der Ermittler noch vielen Homeoffice-Blaumachern auf die Schliche gekommen, die zum Beispiel, statt am Laptop zu arbeiten, lieber im Biergarten verweilten. Jetzt erlebt der Detektiv sowas viel seltener. „Als das Homeoffice neu aufkam, wurde das zum Teil brutal ausgenutzt. Dieser extreme Missbrauch wurde mittlerweile eingedämmt“, erklärt Wenzel im RTL-Interview. Doch etwa fünf Prozent seiner Aufträge kommen immer noch von misstrauischen Arbeitgebern. Und so geht der Ermittler dann vor:
„Wir observieren die Zielperson von außen und schauen zum Beispiel, ob das Auto des Arbeitnehmers vor der Tür steht. Wenn sich der Mitarbeiter vom Wohnort entfernt, schauen wir genau, wohin er fährt und, ob das etwas mit seiner Arbeit zu tun haben könnte“, beschreibt der Ermittler. All diese Informationen, die er täglich sammelt, gibt er dann protokollartig an den Arbeitgeber weiter. Oft würde sich der Anfangsverdacht der Chefs jedoch nicht bestätigen.
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Schwimmbad statt Arbeit? Detektei beschreibt typische Pflichtverletzungen
Anders sieht es bei der Lentz-Detektiv-Gruppe aus Köln aus, wenn sie Mitarbeiter im Homeoffice überwachen.
„Der Anteil derer, die während des Homeoffice einer Tätigkeit nachgehen, die nicht mit dem Beruf zu tun hat, ist bei uns etwas höher“, erklärt Geschäftsführerin Frances Lentz. „Während der Hitze-Welle haben wir beispielsweise Familien beobachtet, die statt zu arbeiten, mit ihren Kindern ins Schwimmbad gefahren sind“, beschreibt sie. Typisch sei auch, dass Arbeitnehmer zum Beispiel während der Arbeitszeit den Supermarkt aufsuchen, oder Pfandflaschen wegbringen. Anfragen von Arbeitgebern bekommt die Detektei immer noch viele. Zusammen mit den Fällen von mutmaßlichem Lohnfortzahlungsbetrug machen sie etwa 60 bis 65 Prozent der Aufträge aus.
„Die meisten Chefs entscheiden sich bei uns für eine Überwachung von etwa drei bis vier Tagen“, so Lentz. Dann sei die erste Überwachung von Angestellten in der Regel vorbei und die Chefs müssten entscheiden, wie sie mit den gesammelten Informationen umgehen wollen.
Und was kostet das die Chefs in Deutschland? Durchschnittlich würden die meisten Detekteien für ihre Arbeit nach geleisteter Arbeitsstunde zwischen 50 und 90 Euro netto verlangen, so die Geschäftsführerin abschließend.