Krim-Krise: Nur EU-Sanktionen light gegen Russland
Ob man dem russischen Präsidenten Wladimir Putin so beikommen kann? Die Europäische Union konnte sich auf ihrem Sondergipfel zur Ukraine in Brüssel nach sechsstündigen Verhandlungen nur auf leichte Sanktionen gegen Moskau einigen. Auch die USA beschlossen erste Strafmaßnahmen gegen Russland. Zusätzliche Sorge bereitet dem Westen, dass das Parlament der Halbinsel Krim für eine Abspaltung von der Ukraine und einen Anschluss an Russland gestimmt hat. Die OSZE-Beobachter wurden gar nicht auf die Krim gelassen.

Die EU hat die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen sowie über das neue Grundlagenabkommen mit Russland ausgesetzt, teilte EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy mit. Weitere, härtere Sanktionen seien in dem Drei-Stufen-Schritt angedacht.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, wenn Russland weiter Destabilisierungsmaßnahmen wie militärische Aktionen auf der ukrainischen Halbinsel Krim unternehme, werde es zu einer weitreichenden Veränderung der Beziehung zu Moskau kommen. Das könne wirtschaftliche Konsequenzen bedeuten. “Wir wünschen uns das nicht“, verdeutlichte Merkel. Auf Nachfrage wollte sie die möglichen wirtschaftlichen Maßnahmen gegen Russland nicht konkretisieren.
Van Rompuy sagte, die EU erwäge Einreiseverbote und Kontensperrungen, falls Moskau sich weiterhin Gesprächen mit den ukrainischen Behörden verweigere. “Weitere Schritte zur Destabilisierung hätten enorme Konsequenzen, die auch eine große Bandbreite an Wirtschaftssanktionen umfassen könnten“, ergänzte er. Zudem droht die EU damit, den nächsten geplanten Gipfel mit Russland abzusagen. Zur Unterstützung der Ukraine kündigte Van Rompuy an, den politischen Teil des geplanten Assoziierungsabkommen mit der Ukraine noch vor dem 25. Mai zu unterzeichnen.
US-Präsident Barack Obama verfügte finanzielle Sanktionen gegen all diejenigen, die direkt oder indirekt die ukrainische Sicherheit, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit bedrohten. Namen nannte das Weiße Haus nicht. Später sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter, man werde vorerst keine persönlichen Sanktionen gegen Putin verhängen. Es sei ein “seltener und außergewöhnlicher Fall“, direkte Sanktionen gegen einen Staatschef zu verhängen. Die USA würden ihre Strafmaßnahmen nicht mit solch einem Schritt beginnen.
Kriegsgefahr ist noch längst nicht gebannt
Beim Thema Krim wurde Merkel deutlicher und bezeichnete den Beschluss des Krim-Parlaments für ein Referendum über die Abtrennung der Halbinsel von der Ukraine als "illegal". Die Entscheidung sei nicht mit der ukrainischen Verfassung vereinbar und habe die Lage nochmals zugespitzt. Es handele sich um einen Beschluss eines lokalen Parlaments, das sich in keiner Weise mit der Zentralregierung abgesprochen habe.
Nach Angaben der Regionalregierung gilt der Parlamentsbeschluss ab sofort. Die einzig legitimen Streitkräfte auf der Krim seien die russischen Truppen, sagt Vize-Regierungschef Rustam Temirgaliew. Die ukrainischen Einheiten würden fortan als Besatzer betrachtet. Die Soldaten müssten entweder ihre Stützpunkte räumen oder die russische Staatsbürgerschaft annehmen und sich der russischen Armee anschließen.
Die Ukraine reagierte gereizt. Ministerpräsident Arseni Jazenjuk sagte, sein Land werde bei einer weiteren Eskalation der militärischen Intervention auf der Krim auch militärisch reagieren. Die Krim sei integraler Bestandteil der Ukraine und
werde es bleiben.
Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist der Zugang zur Krim verwehrt worden. Moskautreue “Selbstverteidigungskräfte“ wiesen die internationale Expertengruppe von einem Kontrollposten in Armjansk im Nordwesten der Krim ab. Die Gruppe sei daraufhin umgekehrt und habe sich in einem Hotel in der Nähe einquartiert, um dort in Abstimmung mit der OSZE über ihr weiteres Vorgehen zu beraten, teilte das Bundesverteidigungsministerium mit.
Insgesamt beteiligen sich 18 OSZE-Länder mit 35 Experten an der militärischen Beobachtermission. Darunter sind auch zwei Soldaten der Bundeswehr.
Angela Merkel wirkte nach dem Verhandlungsmarathon in Brüssel sichtlich angefasst und verhehlte nicht, dass sie gern mehr erreicht hätte. "Wir wünschen uns einen diplomatischen Prozess. Wir werden auch jede Anstrengung in den nächsten Tagen weiter darauf lenken", sagte die Kanzlerin. Und vor allem in Richtung Wladimir Putin ergänzte sie. "Aber es muss auch klar sein: Wir haben in den letzten Tagen viele Enttäuschungen auf dem Gebiet erlebt, dass wir dann auch bereit sind zu handeln."