Von der Polizei zurückgedrängt

Demo gegen Flüchtlingsunterkunft eskaliert: Rechter Mob will Kreistag stürmen

Grevesmühlen Demonstration
Bei einer Versammlung gegen die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft in Mecklenburg-Vorpommern kam es in Grevesmühlen zu tumultartigen Szenen.
deutsche presse agentur

Vor dem Sitzungsgebäude des Kreistags Nordwestmecklenburg ist es am Donnerstag zu tumultartigen Szenen gekommen. Rund 700 Menschen, zum Teil aus der rechtsextremen Szene, demonstrierten in Grevesmühlen gegen eine Entscheidung zum Bau einer Flüchtlingsunterkunft in Upahl. Einige Teilnehmer wollten den Kreistag stürmen, wurden aber von der Polizei zurückgedrängt. Der CDU Landrat bezeichnet den Bau der Flüchtlingsunterkunft als Notlösung.

Rechtsextreme Demonstranten in Grevesmühlen – Polizei: "Verbal-aggressive Grundstimmung"

Bei den Demonstranten habe es sich zum Großteil um Menschen gehandelt, die bislang nicht als extrem bei den Behörden aufgefallen sind. Aber es kamen auch etliche Demonstranten, die die Polizei "der rechtsextremen Szene zuordnen" würde, sagt Jessica Lerke von der Polizei Wismar zu RTL. Darunter seien "teilweise auch polizeibekannte" Demonstranten gewesen.

Da es Anfang der Woche schon eine ähnliche Versammlung mit rund 400 Teilnehmern gegeben habe, sei die Polizei vom Aufmarsch in Grevesmühlen "nicht überrascht" gewesen, erklärt Lerke. "Ein Teil der Versammlung ist dann zum Haupteingang und wollte sich Zugang verschaffen." Es habe eine "verbal-aggressive Grundstimmung" geherrscht – dabei sei es aber auch geblieben. Einzelne Demonstranten seien vermummt gewesen.

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Kreistag Nordwestmecklenburg beschloss Bau von Flüchtlingsunterkunft in Upahl

Die Einsatzkräfte seien mit verbalen Aggressionen konfrontiert worden, erklärte die Polizei. Unbekannte hätten zudem mehrfach Pyrotechnik gezündet. Es seien entsprechende Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten eingeleitet worden. Zudem werde wegen des Verdachts des schweren Hausfriedensbruchs sowie Verstößen gegen das Versammlungsgesetz ermittelt. Es waren rund 120 Polizeibeamte unter anderem aus Wismar, Rostock und Neubrandenburg im Einsatz.

Der Kreistag stimmte am Donnerstag dem Bau einer Flüchtlingsunterkunft in Upahl zu. Damit könne die Errichtung der in Containerbauweise geplanten Anlage für 400 Flüchtlinge beginnen, teilte der Landkreis mit. Die Versammlungsteilnehmer hätten ihren Unmut darüber zum Ausdruck gebracht, erklärte die Polizei. Gegen die geplante Unterkunft in Upahl hatte es bereits zuvor Protest gegeben. Gegner kritisierten, mit etwa 400 Plätzen sei diese zu groß für eine so kleine Gemeinde.

CDU-Landrat Tino Schomann will jetzt einvernehmliche Lösungen suchen: „Ich habe auch großes Verständnis für die Sorgen und Ängste der Einwohnerinnen und Einwohner von Upahl und wir werden alles tun, um diese zu lindern und entstehende Problemlagen mit der temporären Unterkunft zu lösen“. Der CDU-Politiker sieht den Bau der Flüchtlingsunterkunft mit 400 Plätzen in dem 500-Seelen-Dorf Upahl insgesamt als Notlösung an. „Ich mache keinen Hehl daraus, dass sowohl der Kreistag als auch wir als Verwaltung nicht glücklich damit sind, dass wir diese Entscheidung treffen mussten“, sagte er. Der Bau sei aber nötig wegen der nicht nachlassenden, hohen Zuweisungszahlen.

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Im Video: Kreistagsmitglied spricht über Vorfall

Horst Krumpen, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Kreistagsfraktion die Linke war am Donnerstag bei der Kreistagssitzung in Grevesmühlen dabei als es zu den Tumulten kam. Im Interview mit RTL/ntv berichtet er von einer langen Diskussion im Kreistag über die Freigabe des Budgets für die geplante Flüchtlingsunterkunft: „Wir haben lange Diskussionen geführt und ich glaube kein einziges Kreistagsmitglied hat es sich leicht gemacht gestern, eine Entscheidung zu treffen.“ Er kritisiert, dass das Thema so kurzfristig angegangen wurde: „Das war keine Notwendigkeit, dass in dieser Eile, Dringlichkeit und mit diesem Druck durch den Kreistag zu bringen.“ Man hätte vorher mehr Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern führen müssen.

Von den Tumulten hat der Politiker zwar etwas mitbekommen, aber: „Ich habe mich in keinster Weise durch die Demonstranten bedroht, bedrängt, genötigt oder sonst was gefühlt.“ Viel mehr wäre er bereits darauf eingestellt gewesen, dass beim Thema Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkunft Rechte anwesend sein werden und Stimmung machen werden: „Das ist für mich als Linker eine alltägliche Situation.“

Politiker spricht über Vorfall Stürmungsversuch auf Kreistag
02:31 min
Stürmungsversuch auf Kreistag
Politiker spricht über Vorfall

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Demo in Grevesmühlen: Immer wieder Pyrotechnik gezündet

Die Grünen sprachen am Abend von einem Angriff auf die Demokratie. "Geflüchtete Menschen brauchen Schutz vor Krieg und Verfolgung. Unsere Aufgabe ist es, sie aufzunehmen, eine würdige Unterbringung zur Verfügung zu stellen und für ihre physische und psychische Sicherheit zu garantieren", sagte die Landesvorsitzende Katharina Horn.

Auf die Frage, ob die Polizei mit weiteren Protesten dieser Art rechnet, sagt ein Polizei-Sprecherin gegenüber RTL: "Vorstellen kann ich mir das durchaus." (dpa/bst)