Prüfen, Rufen, Drücken
Kids zeigen Heldenpotenzial: Erste-Hilfe-Kurs im Kindergarten
Manchmal passiert alles ganz schnell: Plötzlich kippt jemand um und braucht Erste Hilfe. „Was tun?“, fragen sich in so einer Schock-Situation wahrscheinlich viele. Die Kinder der Bad Homburger Kita am Bonnhoefer Haus wissen jetzt genau, was sie dann tun sollen – dank des Vorschul-Erste-Hilfe Kurses von Notärztin Janina Lemmer-Etzrodt. Mehr dazu im Video.
Vorschulkind Paul: „Ich rette gerade den Menschen!“
„Prüfen, Rufen, Drücken“ tönt es aus den Lautsprecherboxen in der Bad Homburger Kita am Bonnhoefer Haus. Passend zum Beat drückt Kita-Kind Paul auf die Brust der Reanimationspuppe. „Ich rette gerade den Menschen, damit das Herz weiter schlägt und das Blut wieder in den Körper gedrückt wird“, sagt der aufgeweckte Junge. Gelernt hat er das bereits im Kindergarten.

Gefahren und Verletzungen erkennen
Denn Notärztin Janina Lemmer-Etzrodt erstmalig ein Pilotprojekt ins Leben gerufen: Ein Erste-Hilfe- und Reanimationskurs für Vorschüler. In dem zweitägigen Kurs wird schon den Kleinen beigebracht, wie man Leben retten kann. Sie lernen, Gefahren und Verletzungen zu erkennen und ihnen– im Zweifel durch Reanimation – das Leben zu retten.
Mit liebevoll gestalteten Zeichnungen und Grafiken sowie mit Stethoskop bewaffnet dürfen die Kita-Kinder die Grundlagen der Ersten Hilfe und des Herz-Kreislaufsystems lernen. „Wir haben die Stabile Seitenlage gelernt“, sagt der sechsjährige Jonis.
Notärztin will Kinder die Angst nehmen
Für Notärztin und Kursleiterin Lemmer-Etzrodt ist es wichtig, den Kindern zu vermitteln, dass sie keine Angst haben sollen, anderen in einer Notfallsituation zu helfen: „Ich habe erlebt, dass viele Menschen Angst davor haben zu reanimieren, und es deshalb nicht machen.“ Dem will die Kursleiterin entgegenwirken: „Das ist wie beim Ski- oder Fahrradfahren. Je früher man es lernt, desto sicherer wird man im Erwachsenenalter“, sagt sie.
Lesetipp: Alles zum Thema erste Hilfe
Außerdem möchte die Ärztin Berührungsängste zu Rettungskräften gar nicht erst aufkommen lassen: „Ich denke, dass es auch schön ist, wenn Kinder einen Bezug zu Rettungskräften haben, und zwar auch einen positiven, nicht nur den negativen, dass man kommt, wenn es dem Opa oder der Oma sehr schlecht geht, man die mitnimmt und die vielleicht nie wieder kommen.“

Kursleiterin: „Man kann nichts falsch machen“
Selbst wenn man nicht weiter wisse, könne man sich jederzeit an die 112 wenden, die Einsatzstelle hilft einem telefonisch weiter, weiß Lemmer-Etzrodt: „Man kann nichts falsch machen. Die einzige Sache, die man falsch machen kann, ist nichts zu tun.“
Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung treten rund zwei Drittel der Herz-Kreislauf-Stillstände im eigenen Zuhause auf, wovon 45 Prozent von Familienangehörigen, Freunden oder anderen Menschen beobachtet werden. Die Notärztin hat schon einige Fälle miterlebt, bei denen Menschen, die Zeuge eines Notfalls wurden, nichts unternommen haben. Das möchte die Ärztin ändern - ihr Traum: Vorschulangebote für ganz Deutschland anbieten. Denn durch Reanimation können in Deutschland rund 10.000 Menschenleben gerettet werden – und dank Janina Lemmer-Etzrodt bald vielleicht noch viele mehr. (apo)