Der Leidensweg der zweifachen Mutter begann vor 20 Jahren„Ich schlafe nur eine Stunde am Stück": Kerstin (55) über ihr Leben mit Schlafstörung

Wälzen, wach liegen, nicht einschlafen können – auf Dauer macht das krank.
So viele Menschen wie nie leiden an Schlafstörungen. Kirsten Kindt aus Schwentinental in Schleswig-Holstein ist eine davon, bereits seit 20 Jahren ist sie betroffen. Dabei verschlimmert jede durchwachte Nacht ihren Zustand.
Freunde haben sich distanziert

Gerade mal eine Stunde am Stück kann Kerstin Kindt aus Schwentinental schlafen, dann ist die 55-Jährige wieder hellwach. So läuft das schon seit zwei Jahrzehnten. Bei der gelernten Hotelfachfrau und Mutter hat das tiefe Spuren hinterlassen: „Ich bin krass unkonzentriert, gereizt und weine viel“, erzählt sie im Gespräch mit RTL. Sie sei chronisch müde und funktioniere nur, so die zweifache Mutter weiter. Ein normales Leben – kaum denkbar. Auch Freunde habe sie schon verloren, weil viele nicht damit klar kämen, wenn sie Verabredungen absagen muss, weil es ihre Kraft nicht zulässt. „Es ist irgendwie einfacher, wenn man den Unterschenkel amputiert bekommt oder einen steifen Arm hat, denn ich sehe für alle ja aus wie immer, und niemand sieht, wie meine Nacht ist“, so die 55-Jährige.
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Schlafmangel: Das passiert im Körper
Schlaf ist lebenswichtig
Die Zahl der Betroffenen steige, weiß Prof. Dr. Robert Göder vom Universitätsklinikum Kiel. „Die Menschen, die wirklich unter Schlafstörung als Erkrankung leiden, das hat in den letzten zehn Jahren um 25 Prozent zugenommen“, so der Schlafexperte im Gespräch mit RTL. Und dabei sei Schlaf so lebenswichtig: Man könne zwar lange Zeit ohne Schlaf leben und sterbe nicht sofort, aber auf Dauer halte man das tatschlich nicht durch. Frauen seien dabei doppelt so häufig betroffen wie Männer, weiß der Experte.
Die Vermutung: „Frauen haben eine höhere Sensibilität für Tagesprobleme“, sagt Göder. „Wenn dann noch die genetische Veranlagung dazu kommt, dann kann man dagegen nichts machen.“
Schlafmangel kann schlimme Folgen haben, weiß der Experte: Verminderte Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsleistungen und Stimmungsschwankungen seien dabei noch harmlos. „Wir wissen, dass der Blutdruck steigt und dass damit auch das Risiko für Schlaganfälle oder Herzinfarkte im Langzeitverlauf zunehmen“, so Prof. Dr. Göder.
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Das hilft bei leichten Schlafproblemen
Und doch: Es gibt Tipps, die den Schlaf verbessern können:
Man sollte erst ins Bett gehen, wenn man wirklich müde ist.
Das Schlafzimmer abdunkeln und für eine kühle Raumtemperatur zwischen 16 und 18 Grad sorgen
Helles Licht am Abend meiden, auf technische Geräte wie Fernseher oder Handy möglichst verzichten oder Blaulichtfilter verwenden
Auch leichte Kost hilft: Zwei bis drei Stunden vor dem Zubettgehen zuletzt essen, z.B. Salat
Die sprichwörtliche Milch mit Honig kann helfen, auch Kräutertees wirken beruhigend.
Yoga oder autogenes Training können entspannen.
Wichtig, so der Experte, „Stress hat im Schlafzimmer nichts zu suchen!“
Kerstin Kindt glaubt nicht an "Heilung" ihrer Schlafstörung
Kerstin Kindt war schon zweimal im Schlaflabor, eine medizinische Ursache für ihr Schlafdefizit konnte bisher nicht gefunden werden. Die 55-Jährige vermutet jedoch, es könne die lange Zeit im Hamsterrad gewesen sein, wie sie es beschreibt. Ein Hamsterrad aus Schichtarbeit und Kindererziehung. Heute versucht sie, mit Yoga und angepassten Schlafenszeiten ihre Nächte angenehmer zu gestalten. Dass sie aber irgendwann ganz normal durchschlafen wird, daran glaubt sie nicht.
Generell gilt: Nachts aufzuwachen, ist zunächst einmal normal und kein Anlass zur Sorge. Zweimal sei völlig ok, so der Schlafexperte. Wenn man dann aber nach dem Toilettengang wachliege, grüble und sich ärgere und das über einen langen Zeitraum anhalte, mindere das die Schlafqualität und sollte untersucht werden, rät der Mediziner.
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