Ex-Werder-Coach bricht Schweigen - Darum ist er nicht geimpftMarkus Anfang: "Keiner kann mir die Angst nehmen"

Der frühere Werder-Trainer Markus Anfang hat sich auch nach dem Skandal um seinen gefälschten Impfpass bis heute nicht gegen das Coronavirus impfen lassen. Im November war der 47-Jährige als Trainer von Werder Bremen zurückgetreten. Jetzt bricht er sein Schweigen und spricht über seine falschen Entscheidungen, verrät, warum er immer noch nicht geimpft ist und bei wem er sich am meisten entschuldigen will.
"Ich habe einen großen Fehler begangen"
„Ich denke sehr viel nach“, offenbart Markus Anfang im Interview mit der „Bild am Sonntag“. „Weil ich meiner Familie großen Schaden zugefügt habe. Und weil ich Menschen, die viel für mich getan haben, die mir vertraut haben, nicht die Wahrheit gesagt habe. Ich habe gelogen. Und dafür möchte ich mich entschuldigen.“
Das war passiert: Gegen den Fußball-Trainer waren im November Ermittlungen wegen der Nutzung eines gefälschten Impfpasses eingeleitet worden. Anfang war daraufhin in Bremen zurückgetreten, vom Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes gesperrt und zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Auch das Bremer Amtsgericht verurteilte ihn zu einer Geldstrafe.
Die Nutzung des gefälschtes Dokuments bereue Anfang nach eigener Aussage – eine frühere Entschuldigung sei aber nicht möglich gewesen. „Ich hätte liebend gerne schon vorher etwas gesagt. Öffentlich durfte ich mich nicht äußern, solange das Verfahren lief. Das ist jetzt abgeschlossen und auch die 14 Tage, die ich danach hatte, um Einspruch einzulegen, sind um. Ich habe der Strafe zugestimmt und alles beglichen. Jetzt ist der Punkt gekommen, an dem ich mich äußern darf und allen sagen möchte, dass es mir leidtut und dass ich einen großen Fehler begangen habe.“
Liebe zum Fußball war der Grund
„Ich wollte unbedingt Trainer bleiben“, erklärt Markus Anfang sein Handeln gegenüber der „Bild am Sonntag“. „Das ist der Job, den ich liebe. Und Werder Bremen ist ein großartiger Verein, mit dem ich erfolgreich sein wollte. Das sind die Gründe, aber es ist keine Entschuldigung.“
Dass er den Impfpass gefälscht hat, bereue er. Nicht aber, sich nicht impfen zu lassen. Der Corona-Impfung steht der Ex-Trainer bis heute skeptisch gegenüber. „Jeder hat seine persönliche Geschichte. Ich habe selbst schon eine Herzmuskelentzündung hinter mir und ich habe große Angst vor dieser Impfung“, sagte Anfang im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF. „Ich kämpfe da gegen meine Ängste.“
Auch eine familiäre Vorgeschichte sei ein Grund für seine Impf-Skepsis. „Mein Vater ist 2019 im Stadion in Duisburg mit einem Herzinfarkt umgefallen, musste neunmal wiederbelebt werden. Das habe ich hautnah miterlebt, das macht etwas mit einem. Ich rede mit vielen Ärzten über die Impfung. Keiner kann mir die Angst nehmen, keiner kann mir die Sicherheit geben, dass bei mir alles gut geht“, sagte er gegenüber der „Bild am Sonntag“.
Für eine Impfung würde er sich auch jetzt noch erst dann entscheiden, wenn ein Arzt es schaffen würde, ihm die Angst zu nehmen. Gegen die Angst könne er nicht angehen. „Aber das soll keine Entschuldigung für meinen Fehler sein.“

"Habe als Vorbild auf ganzer Linie versagt"
Markus Anfang erntete massive Kritik aus der Öffentlichkeit. Insbesondere der Ärger der Fans entlud sich im Internet. Der Ex-Werderaner meldete sich deshalb von Facebook ab, erzählt er. Mit Hass in seine Richtung könne er leben. „Aber was mir wehgetan hat, das waren die Drohungen, die gegen meine Familie gerichtet waren. Meinem Vater hat man den Tod gewünscht. Meine Lebensgefährtin hat Probleme auf der Arbeit bekommen, meine Kinder in der Schule. Sie haben oft am Tisch gesessen und waren verzweifelt. Wir haben dann viele Gespräche geführt, sind als Familie noch enger zusammengerückt.“
Er sei grundsätzlich ein ehrlicher Mensch. „Aber in dieser Sache habe ich gelogen, und das passt nicht zu mir. Das bin nicht ich, das schmerzt mich besonders. Ich wollte auch meinen Kindern vorleben, dass ich kein Mensch bin, der lügt. Da habe ich auf ganzer Linie als Vorbild versagt.“
Anfang könnte ab 10. Juni wieder als Trainer arbeiten
Dass er mit dem gefälschten Impfpass im November noch Karneval gefeiert habe, bezeichnete Anfang als „riesengroßen Fehler“. „Es galten die 2G plus Regeln an diesem Tag, doch habe ich mich nicht korrekt verhalten. Ich war in der Lüge gefangen und kam da nicht mehr raus“, sagte er. Er hoffe, dass er dennoch eine Zukunft im Fußball-Geschäft habe. „Natürlich wünscht man sich, dass ein Mensch eine zweite Chance bekommt, aber ich kann das nicht erwarten.“ Anfangs Sperre wird ab dem 10. Juni zur Bewährung ausgesetzt - dann könnte er theoretisch wieder als Trainer für einen Verein arbeiten. (lgr/dpa)