Wichtige Rohstoffe knapp, Discounter-Produzenten pleite

Ist die Versorgung mit Waschmitteln in Gefahr?

ARCHIV - 15.06.2016, Hamburg: Waschpulver wird in das Waschmittelfach einer Waschmaschine eingefüllt. Vom Waschmittel bis zur Outdoor-Jacke: In Europa werden Zehntausende Chemikalien genutzt. (Zu dpa "Giftige Chemikalien sollen aus dem Alltag verschwinden - EU-Strategie") Foto: Christin Klose/dpa-tmn/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Waschmittelhersteller leiden unter Wettbewerbsdruck und Probleme bei der Rohstofflieferung.
nku toh wst, dpa, Christin Klose

Was ist in der Waschmittelbranche los? Pleiten und Preiserhöhungen ziehen sich durch das Jahr 2021. Jetzt werden auch noch Rohstoffe knapp, auch mit der Produktion für die Discounter Aldi und Lidl könnte es eng werden. Corona trifft diesmal aber nicht die Hauptschuld.

Insider: Versorgung mit Waschmitteln in Gefahr

Wie die „Lebensmittel Zeitung“ berichtet, sei sogar die Versorgung mit Waschmitteln in Gefahr. Unter anderem habe das Chemieunternehmen BASF die Lieferung für wichtige Waschmittel-Rohstoffe eingestellt. Der Dax-Konzern sei an einem Standort in den USA von den Auswirkungen eines Wirbelsturms betroffen.

Außerdem habe BASF die Preise für mehrere Tenside um mehr als 35 Prozent erhöht. Tenside sind ein wichtiger Bestandteil von Wasch- und Reinigungsmittel, sie entfernen die Flecken. Allein in Westeuropa werden jährlich 2,5 Millionen Tonnen Tenside verbraucht, über die Hälfte davon in Waschmittel, Geschirrreiniger und sonstigen Reinigungsmitteln.

Grund für deutliche Preiserhöhung bei Tensiden: Die Rohstoffe für Tenside werden knapp: So basieren die in Wasch- und Reinigungsmitteln eingesetzten Tenside zu rund 80 Prozent auf Palmkernöl und 20 Prozent auf Kokosöl. Bei Palmöl ist die weltweite Nachfrage so groß, dass nicht genügend Mengen aus den asiatischen Hauptanbaugebieten exportiert werden können. Viele Unternehmen auf der ganzen Welt scheinen Palmöl regelrecht zu hamstern, um Produktionsengpässe zu vermeiden. Die Störung der Lieferketten, die weltweit alle Branchen trifft, führt auch bei der Belieferung von Palm- und Kokosöl dazu, dass Schiffscontainer mit der benötigten Ware verspätet eintreffen. Und auch der Transport ist teurer geworden, die Preise für Schiffscontainer sind wegen der Knappheit regelrecht explodiert.

Deutsche Waschmittelhersteller Thurn Germany und Sopronem mussten Insolvenz anmelden

In Deutschland hat es außerdem zwei folgenreiche Insolvenzen von Waschmittelherstellern gegeben, deren Auswirkung vor allem die Discounter Lidl und Aldi zu spüren bekommen haben: Der harte Wettbewerb im Waschmittelmarkt, explodierende Rohstoffpreise und schließlich auch Corona haben den deutschen Reinigungsmittelproduzenten Thurn Germany in die Knie gezwungen. Das Unternehmen mit Sitz in Neunkirchen-Seelscheid musste im Juli Insolvenz anmelden. Bereits vorher gab der Hersteller Sopronem seine Zahlungsunfähigkeit bekannt.

Beide Unternehmen haben unter anderem den Discounter Lidl mit Reinigungs- und Waschmittel beliefert. Sopronem hat für Lidl vor allem flüssige Waschmittel produziert, Thurn Germany Putz- und Reinigungsmittel in Pulverform sowie Spülmaschinen-Tabs. Auch die Aldi-Marken Tandil (Waschmittel) und Alio (Geschirrspülreiniger) wurden von Thurn Germany mitproduziert.

"Grundsätzlich verfolgen wir eine Mehrlieferantenstrategie, um eventuelle Lieferausfälle in einem gewissen Rahmen abdecken zu können", erklärte ein Sprecher von Aldi Süd gegenüber RTL zu den Produktionsausfällen. Die Warenversorgung genießt bei Aldi immer oberste Priorität.

Inzwischen sind die Dalli-Werke (2000 Mitarbeiter) mit Sitz in Stolberg Hauptproduzent der Handelsmarken für Aldi (Tandil), Lidl (Cien) oder dm (Balea) in Deutschland. Außerdem produziert laut „Lebensmittel Zeitung“ das britische Unternehmen McBride für die Discounter, laut Unternehmensangaben „der führende europäische Hersteller und Lieferant von Handelsmarkenprodukten“. Allerdings verfügt McBride laut Standortübersicht auf der Firmenhomepage über keine eigenen Produktionsstätten in Deutschland.

Für Dalli sind die Insolvenzen der Konkurrenten eher ein Warnsignal: Damit der Hersteller nicht in eine ähnliche Situation gerät, müssen die höheren Preise für Rohstoffe und Transport weitergegeben werden. Für die Discounter-Kunden könnte das bedeuten, dass sie für Waschmittel- und Reinigungsprodukte bald deutlich mehr bezahlen müssen.

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Persil & Co. gewinnen deutlich Marktanteile dazu

Gewinner der Entwicklung sind die Markenhersteller. So konnte Henkel im ersten Quartal 2021 das Geschäft mit Persil & Co deutlich ausbauen und verzeichnete bei seinen Haushalts-Klassikern zweistellige Zuwachsraten. Die hohen Rohstoffpreise machen aber auch den ganz großen Konzernen zu schaffen. Henkel-Chef Carsten Knobel kündigte bereits an, wegen der Rohstoffpreise, "die so stark gestiegen sind wie in den vergangenen 15 Jahren nicht", die Preise erhöhen zu müssen.

Am Ende bleibt den Kunden nichts anderes übrig, als für Wasch- und Reinigungsmitte tiefer in die Tasche zu greifen – ob im Supermarkt oder beim Discounter. (aze)

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