Ihr Mann ist Deutscher, IS-Kämpfer und sitzt in HaftIS-Braut (19) Leonora will zurück nach Deutschland: Was wird aus ihr und den Kindern?

Leonora war gerade 15 Jahre alt, als sie aus Sangershausen (Sachsen-Anhalt) abhaut, um nach Syrien zu reisen und sich dem Islamischen Staat anzuschließen. Dort angekommen, heiratete sie den IS-Kämpfer Martin Lemke, Schweißer aus Leipzig. Heute, knapp fünf Jahre später, sitzt ihr Mann in Haft - und Lenora mit ihren beiden Kindern in Syrien fest.

Eine Kindheit im Krieg?

Habiba (16 Monate) und Maria (weniger als einen Monat alt) wachsen im Krieg auf. Ohne Spielsachen. Oft ohne ausreichend Nahrung. Die hygienischen Zustände sind katastrophal. Beschämt blickt Mutter Leonora zu Boden, als sie sich daran erinnert, wann sie sich zuletzt gewaschen hat. Vor 20 Tagen war das, nach der Geburt ihrer zweiten Tochter. Mit 15 Jahren war sie hierher gereist mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch es kam anders.

„Man denkt, der Islamische Staat ist groß, hat ein System, in dem dir geholfen wird. Aber wenn es darauf ankommt, stecken sie dich in eine Moschee und lassen dich dort zurück“, erzählt sie CNN. Am Ende, sagt sie, müssten Familien um Essen und Trinken betteln.

Die Kinder können nichts für die Entscheidungen ihrer Eltern. Sie müssen aber mit den Konsequenzen leben. Wie sehr sie unter der Situation leiden und was IS-Braut Leonora zu sagen hat, zeigt das Video oben.

„Ich habe realisiert, dass das hier nicht gut ist"

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Leonora an der Seite ihrer beiden Kinder
CNN

Ihr Mann, das ist Martin Lemke. Der aus Leipzig stammende Schweißer galt lange Zeit als einer der wenigen Deutschen im IS-Kalifat, der zur Führungsfigur „aufgestiegen“ war. Zunächst arbeitete er für die Sittenpolizei, dann wurde er Mitglied des berüchtigten Geheimdienstes der Terror-Miliz. Dort soll er Zeugenaussagen zufolge an Hinrichtungen beteiligt gewesen sein und auch mehrere Personen selbst erschossen haben. Leonora streitet das ab.

„Ich habe nichts getan. Mein Mann ist kein Kämpfer. Er ist ein Techniker, arbeitet am Laptop. Er hat niemanden getötet.“ Sich dem IS anzuschließen sei ein Fehler gewesen. „Ich habe realisiert, dass das hier nicht gut ist. Ich lebe hier, ich habe mein Leben hier, aber wir sind Teil des Terrors, des Tötens“, sagt sie CNN.

Leonora, Martin Lemke und seine zweite Ehefrau Sabina (34) wurden in der Nähe der irakischen Grenze von den Syrian Democratic Forces gefangen genommen. Die SDF sind ein 2015 gegründeten Militärbündnis, das von den USA unterstützt wird. Nach CNN-Angaben ist jedoch unklar, ob der SDF über die nötigen Mittel verfügt, um die Menschen mittel- bis langfristig festzuhalten.

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Leonora will heim nach Deutschland, ihren Kindern eine Zukunft in Frieden ermöglichen. Doch geht noch eine Gefahr von ihr aus? Hat sie dem Gedankengut des IS wirklich abgeschworen? Alles Fragen, die sich nur schwer beantworten lassen. RTL-Terrorismus-Experte Michael Ortmann kennt Fälle wie diesen. „Es hängt entscheidend davon ab, wie tief die Ideologie des sogenannten Islamischen Staats verwurzelt ist und welche Erfahrungen sie gemacht hat“, sagt Ortmann. „Und natürlich wird auch wichtig sein ob es uns gelingt, ihr ein Angebot zur Reintegration zu bieten.“ Alles hänge davon ab, ob sie Fuß fassen, ob sie einen Job finden und für die Kinder sorgen kann.

Ortmann gibt zu Bedenken: "Wir können nicht ausländische Kämpfer und Kriminelle zum Beispiel nach Tunesien oder Afghanistan abschieben, weil sie keine Deutschen sind - aber wir selbst nehmen niemanden zurück. Das geht nicht. Also werden wir sie wieder aufnehmen müssen und wir müssen uns überlegen, wie wir mit ihnen sinnvoll umgehen.“ In Deutschland drohen den IS-Abtrünnigen Haftstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Leonora würde vermutlich nach Jugendstrafrecht verurteilt werden, weil sie Deutschland als Minderjährige verlassen hat. Um ihr den Prozess machen zu können, müsste sie allerdings nach Deutschland zurückkehren.

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