Interview mit einem Ermittler

Immer mehr Fälle von Kinderpornografie: LKA Berlin durchsucht täglich Wohnungen von Tatverdächtigen

Arne Dedert
Eine Kommissarin sitzt vor einem Computer bei Ermittlungen gegen Kinderpornografie. Foto: Arne Dedert/dpa/Illustration
deutsche presse agentur

Ein bis zwei Wohnungen durchsucht allein das Berliner Landeskriminalamt am Tag, um Kinderpornografisches Material zu finden. Denn immer mehr aufmerksame Bürger melden Verdachtsfälle bei der Polizei. Aber auch große Datenmengen aus den USA sorgen bei den Landeskriminalämtern für Aktenberge. „Dort ist es so, und das wird auch im nächsten Jahr in Deutschland so kommen, dass Anbieter von Internetdiensten, also Facebook, Instagram usw., verpflichtet sind, kinderpornografische Inhalte zu melden“, erklärt Thorsten Ivers, Leiter eines Fachkommissariats zur Bekämpfung von Kinder- und Jugendpornografie beim Landeskriminalamt Berlin im RTL-Interview.

Jeden Tag werden Wohnungen wegen des Verdachts auf Kinderpornografie durchsucht

Kinderpornografische Inhalte werden in den USA von den Unternehmen wie Facebook und Google über Filtertechnologien automatisch erfasst und an die amerikanische Organisation „National Centre for Missing and Exploited Children“ (NCMEC) übermittelt, die dann Berichte an deutschen Behörden schickt. Das bedeutet jede Menge Arbeit für die Ermittler.

Die Landeskriminalämter verfolgen die Fälle, es werden Strafanzeigen gestellt. Jeder von Ivers Kollegen bearbeitet 40 bis 60 Fälle gleichzeitig. Meist sitzen sie Monate an einem Fall. Allein die Durchsuchung und Auswertung der Datenträger kann viel Zeit und Personal beanspruchen, wie auch Fälle aus Hessen im September zeigen.

Kinderpornografische Fotos im Netz verschwinden niemals ganz

Auch im Darknet ist Ivers Team aktiv. In Foren werden oft Bilder ausgetauscht, die schwere sexuelle Gewalt an Kindern zeigen. Dass die Bilder einmal ganz aus dem Netz verschwinden, sei nahezu unmöglich: „Wie bei anderen Inhalten im Internet gilt: Was einmal im Internet landet, verschwindet dort nicht wieder. Wir haben hier auch mit eingescannten oder nachträglich digitalisierten Inhalten aus den 1970ern zu tun und die kursieren immer noch“, erzählt der Ermittler. So haben die Landeskriminalämter kaum Möglichkeiten die Dateien vollständig von allen Seiten zu löschen.

Für Thorsten Ivers aber zählt vor allem, dass Täter ermittelt und der Missbrauch an Kindern so schnell wie möglich beendet wird. Manchmal sind es auch Kinder und Jugendliche, die sexualisiertes Material von Gleichaltrigen besitzen und über Chats an Mitschüler verschicken. Mehrfach täglich vernehmen Ivers und seine Kollegen Minderjährige und klären sie darüber auf, dass das strafbar ist.

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Polizei gerät wegen der vielen Kinderporno-Ermittlungen an ihre Grenzen

Schon im Jahr 2020 registrierte die deutsche Polizei 18.761 Fälle von Kinderpornografie in Deutschland. 53 Prozent mehr als im Vorjahr. 2.600 weitere Fälle wurden aus den USA an deutsche Behörden weitergegeben. In diesem Jahr aber sind die Zahlen noch einmal deutlich gestiegen. Allein im ersten Halbjahr 2021 sind so viele Fälle erfasst worden wie im gesamten letzten Jahr, sagte BKA-Chef Holger Münch der Bild am Sonntag. Die Zunahme der Fälle bringe die Polizei aber auch an ihre Kapazitätsgrenzen, warnt er. (nba)