Romance-Scamming-Prozess in Frankfurt

Ilse G. jagt Heiratsschwindler im Internet - jetzt hat sie wieder einen in die Falle gelockt

Frau bringt Heiratsschwindler vor Gericht Sie stellte ihm eine Love-Scamming-Falle
01:33 min
Sie stellte ihm eine Love-Scamming-Falle
Frau bringt Heiratsschwindler vor Gericht

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Ayo A. wollte 70.000 Euro - stattdessen klickten die Handschellen

Über Wochen soll ein Heiratsschwindler Ilse G. die große Liebe vorgegaukelt haben, um sie später finanziell auszunehmen. Doch der Betrüger ahnte nicht, mit wem er sich da angelegt hatte. Denn die 58-Jährige macht Jagd auf Männer wie ihn. Schon acht Mal konnte sie sogenannten Romance Scammern das Handwerk legen.

Betrüger machte einen entscheidenden Fehler

Ist Ayo A. nur ein Handlanger oder Chef einer Scamming-Bande? Seit Montag muss sich der 49-Jährige vor dem Frankfurter Landgericht verantworten. Der Vorwurf: Der Nigerianer soll ein Love oder Romance Scammer sein, also ein virtueller Heiratschwindler. Er soll Ilse G. (Name von der Redaktion geändert) über Wochen umgarnt und so versucht haben, sie um 70.000 Euro zu erleichtern.

Doch der 58-Jährigen dämmerte früh, dass sie es mit einem Hochstapler zu tun hat. Welche Alarmsignale sie misstrauisch machten, welchen schweren Fehler der Mann beging und wie Ilse G. ihn schließlich überführte, sehen Sie im Video.

Die "Romance Scambaiter" chatten zum Schein mit Betrügern

Es ist nicht das erste Mal, dass Ilse G. einen Heiratsschwindler vor Gericht bringt. An insgesamt acht Verhaftungen war sie schon beteiligt. "Ins Gefängnis gebracht habe ich leider noch keinen", erzählt die resolute Frau im RTL-Interview. "Bisher haben sie immer alle eine Bewährungsstrafe bekommen."

Ilse G. ist Teil eines Netzwerkes von Frauen, die gemeinsam Heiratsschwindler aufspüren. Betrüger also, die ihre Opfer emotional und vor allem wirtschaftlich ausbeuten. Die Frauen aus dem Forum "Romance Scambaiter" chatten gezielt mit den Betrügern, sammeln Informationen über sie, finden etwa über die Bilder-Rückwärtssuche von Google heraus, wer ein geklautes Profilbild benutzt. Wenn es gut läuft, locken sie die Täter und ihre Mittelsmänner am Ende in eine Falle. Wie auch jetzt wieder im Falle von Ayo A.

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Können die Frauen nicht mehr zahlen, werden sie für andere Dienste missbraucht

Ihre Jagd auf Liebesbetrüger hatte damit begonnen, dass ein Bekannter Ilse G. via Instagram kontaktierte. Nach einer Weile machte er ihr eine Liebeserklärung, woraufhin Ilse G. ihn in die Schranken wies und mitteilte, sie sei verheiratet. Als der Mann dennoch nicht lockerließ, machte sie das misstrauisch. Die 58-Jährige recherchierte, stieß schnell auf das Thema Love Scamming und fand heraus, dass eine Freundin ebenfalls Opfer eines Heiratsschwindlers geworden war. Ilse G. schloss sich dem Forum "Romance Scambaiter" an.

"Die Motivation ist, die anzuschreiben und zu beschäftigen, damit sie keine Zeit haben, sich wirkliche Opfer zu suchen", sagt die 58-Jährige. Außerdem gehe es darum, möglichst viele Daten zu sammeln, um die Täter dingfest zu machen. "Unter anderem schicken die auch Kontodaten von Frauen. Dann versuchen wir, mit diesen Frauen in Kontakt zu treten, um sie zu warnen." Denn sie seien ebenfalls Opfer der Betrüger. Sobald bei einer Frau finanziell nichts mehr zu holen sei, würde sie für andere Dienste missbraucht - ohne zu wissen, das sie sich mit den vermeintlichen Gefäligkeiten strafbar macht.

"Wenn eine Frau nicht mehr bezahlen kann, dann muss sie ja noch für irgendetwas anderes nütze sein", erklärt Ilse G. Die Betrüger benutzen dann beispielsweise ihr Konto, auf das andere Opfer wiederum Geld überweisen. Zur Erklärung würden die Täter der Kontoinhaberin frei erfundene Geschichten auftischen, sie in Sicherheit wiegen und sie glauben machen, ihnen einen Liebesdienst zu erweisen. In Wahrheit geht es den Betrügern nur darum, das Geld der Opfer über diese Konten etwa nach Nigeria oder Ghana zu schaffen. Die Kontoinhaberin macht sich der Geldwäsche schuldig.

Betrüger tummeln sich auch Seiten seriöser Partnerbörsen

Doch wie kann es sein, dass die Frauen sich so blenden lassen? "Das sind meistens gestandene Damen, die einfach einsam sind und die sich dann auf einer Partnerbörse anmelden", erklärt Ilse G. "Dann schreibt dich jemand an, der sieht nett aus, der kümmert sich um dich." Die Frauen verlieben sich, werden emotional abhängig. Sie rechneten nicht damit, dass auch auf seriösen kostenpflichtigen Agenurseiten Betrüger ihr Unwesen treiben, so Ilse G. Doch die netten Profilfotos sind geklaut, die Identitäten frei erfunden.

Opfer geben häufig ihre realen Daten heraus - und werden dann erpresst

An die Hintermänner heranzukommen, die die Fäden ziehen, ist schwierig. Sie agieren meist aus dem Ausland, lassen die Drecksarbeit andere machen - zum Beispiel die arglosen Opfer selbst. Dabei ist die Masche der Heiratsschwindler immer gleich. Sie spielen den Frauen die große Liebe vor, dann behaupten sie, Probleme zu haben und Hilfe zu benötigen. "Wenn eine Frau einmal bezahlt hat, bezahlt sie immer wieder. Denn er sagt ja: Du kriegst dein Geld zurück, wenn ich zu dir komme", so Ilse G. "Jetzt kann er aber wieder mal nicht kommen, weil wieder was passiert ist, also schickt sie wieder Geld." So lange, "bis sie nicht mehr kann, bis sie nichts mehr hat". An irgendeinem Punkt wüssten die Frauen dann: "Er muss zu mir kommen, weil ich will ja mein Geld zurück. Das ist ein Kreislauf."

Zudem würden die Opfer auch ganz offen erpresst. "Die Frauen sind meist sehr unvorsichtig und geben ihre realen Daten heraus. Dann sagen die Scammer: Ich will dir ein Geschenk schicken, schick doch mal deine Adresse, was die Frauen auch machen. Dann kriegen sie manchmal einen Blumenstrauß und hinterher noch die Rechnung."