Nach Ungarn-Horror
"Erniedrigtes" England verspottet Nationalcoach Gareth Southgate
Nein, Gary Lineker wollte sich das alles nicht mehr antun. Während die englischen Fußballer der schlimmsten Niederlage vor eigenem Publikum seit immerhin 94 Jahren entgegenstümperten, widmete sich der ehemalige Nationalspieler seiner zweiten Liebe: "Ich bleibe beim Cricket", twitterte er. Wenigstes da hatte er allen Grund zur Freude: England gewann haushoch auch das zweite Match der Länderspielserie gegen Neuseeland.
"Du weißt nicht, was du tust"
Andere sahen beim Fußball genauer hin - und das ebenso krachende wie surreale 0:4 gegen Ungarn in Wolverhampton mit Entsetzen. Englands gewohnt bissige Medien wählten Worte wie "erschütternd", "erniedrigend" oder "furchtbar", um den Zustand der Three Lions nur fünf Monate vor der WM-Endrunde in Katar zu beschreiben. Das Publikum rief Trainer Gareth Southgate ob seiner Personalentscheidungen in Sprechchören gehässig zu: "Du weißt nicht, was du tust."
Von den vier Spielen der Nations League in diesem Juni hat England keines gewonnen. Die trostlose Bilanz: zwei Niederlagen gegen Ungarn (0:1 im Hinspiel), jeweils nur Unentschieden gegen Deutschland (1:1) und Europameister Italien (0:0). Der EM-Finalist ist von der Rolle, in der Gruppe 3 droht ihm als Tabellenletztem der Abstieg. Das 0:4 gegen Ungarn war die höchste Heimschlappe seit dem 1:5 gegen Schottlands "Wembley Wizards" 1928.
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Mannschaftskapitän Harry Kane, per Elfmeter Torschütze gegen Deutschland, bemühte sich dennoch um Gelassenheit. "Es ist nicht die Zeit, um in Panik zu verfallen", sagte er. Ja, "es war eine Nacht zum Vergessen", aber es bringe nichts, sich damit aufzuhalten: "Wir müssen nach vorne blicken. Wir bereiten uns auf eine große WM vor, und das ist das Wichtigste." Und hat Southgate nicht bewiesen, dass er Turnier kann, WM-Halbfinale 2018, EM-Finale im Vorjahr?
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"Die Ergebnisse liegen in meiner Verantwortung"
Die Ergebnisse in der Nations League geben einstweilen keinen Anlass zu Optimismus. Der Coach wechselte vor und in den vier Spielen munter durch, musste aber gestehen, dass er mit vielen personellen Entscheidungen daneben lag. "Die Ergebnisse liegen in meiner Verantwortung", sagte er. Sein größtes Problem aber ist: Außer Kane und Raheem Sterling scheint keiner in der Lage zu sein, Torgefahr auszustrahlen, geschweige denn ein Tor zu erzielen.
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Gegen Ungarn besaß Southgate kein glückliches Händchen. Der Tabellenführer der Gruppe A ging durch den zweifachen Torschützen Roland Sallai vom SC Freiburg (16./70.) in Führung, der Versuch des Teammanagers, diesen Rückstand wettzumachen, misslang gründlich. Er habe in der zweiten Halbzeit auf Sieg spielen wollen, sagte Southgate, er habe gewechselt, um mehr Offensivkraft zu haben, "aber leider waren wir dadurch auch offener".
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Zwei Spiele bleiben noch bis zur WM, um die Stimmung zu drehen. Das Boulevardblatt Sun rechnete allerdings vor, dass sich England in der schlimmsten Ergebniskrise seit 2014 unter Roy Hodgson befinde. "Und wir sollten nicht vergessen", schrieb die Zeitung: Bei der WM in Brasilien "waren wir dann draußen, bevor alle ihre Malaria-Tabletten genommen hatten". (tno/sid)