Experten erklären, auf welche Warnsignale ihr achten solltetImmer mehr junge Frauen haben Essstörungen - so können Angehörige helfen

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Immer mehr Essstörungen bei jungen Frauen zwischen 12 und 17 Jahren! Doch wie kann ich als Angehöriger meine Hilfe zum Ausdruck bringen? Auf welche Warnzeichen sollte ich achten?
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Unrealistische Schönheitsideale machen uns krank!
Laut neuen Daten der Kaufmännischen Krankenkasse KKH sind die Fälle von Essstörungen wie Magersucht, Bulimie und Binge Eating bei den 12- bis 17-jährigen Mädchen von 2012 auf 2022 mit einem Plus von 54 Prozent stark angestiegen. Woran das liegt, was Betroffene und Angehörige tun können und welche Alarmsignale ihr beachten solltet.

Unrealistische Schönheitsideale dank TikTok, Instagram und Co.?

Soziale Netzwerke bieten Entertainment und einen regen Austausch unter den Usern. Doch Instagram, TikTok und Co. können vor allem für junge Menschen gefährlich werden, wenn gestellte und gefilterte Fotos und Videos dafür sorgen, dass unrealistische Körpertrends propagiert werden.

Scheinbar makellose Haut, vermeintlich perfekte Körper – all das kann bei Jugendlichen zu Selbstzweifeln, seelischen Erkrankungen, Bodyshaming und Essstörungen führen.

Wie zum Beispiel der Trend der Thigh Gap – wenn eine Lücke zwischen den Oberschenkeln erkennbar ist – oder der aktuell grassierende Trend namens Paper Waist, bei dem es darum geht, eine Taille zu haben, die so dünn ist wie ein DinA4-Blatt.

Gerade junge Frauen seien anfällig für solche Ideale, welche die Psyche stark belasten können, schreibt die Kaufmännischen Krankenkasse KKH in ihrer Pressemitteilung. „Sie vergleichen sich intensiver in sozialen Medien als gleichaltrige Jungen und beschäftigen sich stärker mit sich selbst. Außerdem spüren sie einen höheren Druck, Schönheitsidealen zu entsprechen“, sagt KKH-Psychologin Franziska Klemm.

Der Anteil der 12- bis 17-jährigen Mädchen mit Essstörungen (von 90 auf 139 Fälle pro 10.000 Versicherte von 2012 bis 2022) sei im Vergleich zu den gleichaltrigen Jungen (38 Fälle pro 10.000 Versicherte) etwa viermal so hoch.

Laut einer Hochrechnung der Krankenkasse wurden 2022 rund 455.000 Menschen in Deutschland wegen Magersucht, Bulimie oder Binge Eating ambulant behandelt.

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Richtiger Umgang mit Essstörungen - diese Tipps sollten Angehörige beherzigen

Doch was können Angehörige tun? Denn die Problematik anzusprechen, ist heikel, oft fühlen sich Angehörige und Freunde hilflos, wenn jemand im Umfeld an einer Essstörung leidet.

Laut Therapeutin und Autorin Sandra Steiner Roth aus Bern solle man seinen Verdacht auf jeden Fall ansprechen: „Je ehrlicher, je klarer, desto besser, weil die Betroffenen ein sehr feines Gespür für Echtheit haben.“

Dem stimmt auch Franziska Klemm von der KKH zu. Keinesfalls sollten Angehörige und Freunde bestimmte Verhaltensweisen ignorieren, denn: „Bulimie und Magersucht sind schwere psychische Erkrankungen, die häufig mit Angststörungen, Depressionen, selbstverletzendem Verhalten oder Suchterkrankungen einhergehen und ärztlich behandelt werden müssen“, sagt sie. Sie rate Angehörigen, Lehrern, Bekannten und Freunden dazu, genauer hinzusehen.

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Wichtig: Kommt es zu einem Gespräch, sollte in Ich-Botschaften gesendet werden. „Ich würde allen empfehlen, die Person in einem guten Moment direkt anzusprechen, mit einer konkreten Beobachtung. Zum Beispiel: ‘Mir fällt auf, dass du nur noch einen Apfel isst.’ [...] Dabei sollte man möglichst die eigene Sorge zum Ausdruck bringen“, erklärt Steiner Roth.

No-Gos seien, die eigene Wertung unterzubringen, Druck auszuüben oder gar wegzuschauen.

Bei diesen Warnzeichen und Alarmsignalen solltet ihr hellhörig werden

Folgende Warnzeichen sollten ernst genommen werden:

  • wenn Betroffene unverhältnismäßig viel Aufwand in das eigene Aussehen stecken

  • wenn geliebte Hobbys plötzlich aufgegeben werden

  • wenn unverhältnismäßig viel Zeit auf Social Media verbracht wird

Weitere Alarmsignale seien:

  • sozialer Rückzug

  • Gewichtsveränderungen

  • auffälliges Essverhalten (zum Beispiel eingeschränkte Nahrungsauswahl, Diät, Verzehr großer Mengen)

  • Erbrechen

  • die Einnahme von Abführmitteln

  • exzessiver Sport

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Wege aus der Essstörung - das rät die Therapeutin

Therapeutin und Autorin Sandra Steiner Roth („Das Stück Brot ist wieder ein Stück Brot – Wege aus der Essstörung“) schlägt vor, die Betroffenen zu einer Therapie zu ermutigen. Dazu zähle auch, bei der Suche nach einem Therapieplatz behilflich zu sein.

Auch hier komme es auf viel Fingerspitzengefühl an, man solle sensibel vorgehen und auf keinen Fall Druck ausüben.

Weitere Tipps und Hilfen, auch für Angehörige, gibt es auf der Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). (vdü/mit dpa)

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