Keine Chance zur Flucht Hanau-Anschlag: Wer trägt die Schuld, dass der Notausgang zur Sackgasse wurde?

Als Fakt gilt inzwischen: Der Notausgang der Arena-Bar, in der Attentäter Tobias R. im Februar 2020 fünf Menschen tötete, war verschlossen. Doch wer trägt die Schuld daran? Ein Untersuchungsausschuss in Wiesbaden soll u.a. diese Frage klären. Am Montag äußerte sich Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky zum Thema.

Oberbürgermeister sieht Betreiber in "absoluter Verantwortung"

Dieser Notausgang in der Arena-Bar in Hanau wurde seinem Namen nicht gerecht, er war verschlossen, als der Attentäter am 19. Februar 2020 seine Opfer hier mit der tödlichen Waffe überraschte. Seit 2012 bis zur Tatnacht habe es drei Hinweise gegeben, dass der Notausgang in der Arena-Bar verschlossen gewesen sei, so Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky im RTL-Interview. Er sehe bei der Stadt „keine Pflichtverletzung“. 2017 habe man den damaligen Betreiber – u.a. auch wegen des Verschließen des Notausganges – aus der Immobilie herausgeklagt. Und auch danach habe es in der „absoluten Verantwortung“ des neuen Betreibers der Bar – auch im Eigeninteresse – gelegen, dass die Tür offen sein muss.

„Das was man als Behörde machen kann, wurde getan“, so Kaminsky. „Sie können nicht neben jeden Notausgang einen städtischen Beamten stellen, der permanent überwacht, dass der Notausgang offen ist. das ist auch normalerweise nicht erforderlich.“

Lese-Tipp: Angehörige der Opfer von Hanau fordern lückenlose Aufklärung

Der Wunsch nach Aufklärung sei berechtigt, so der Oberbürgermeister. Er werde sich weiter für die Angehörigen der Anschlagsopfer einsetzen. Doch hekte auch: „Was nicht mehr aufklärbar ist, muss man den Menschen sagen.“

Recherchegruppe bestätigt: Verschlossener Notausgang war bekannt

Im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zum rassistischen Anschlag von Hanau sind bereits Mitte Oktober die Recherchen der Gruppe Forensic Architecture (FA) zum Notausgang an einem der Tatorte Thema gewesen. Ein Vertreter des Kollektivs sagte im Parlament in Wiesbaden, dass die Besucher der Arena-Bar vor dem Täter mutmaßlich hätten fliehen können, wenn der Notausgang nicht verschlossen gewesen wäre.

Lese-Tipp: Überlebender des Hanau-Attentats: Verschlossener Notausgang wurde zur Todesfalle

Sie hätten nach Auftauchen des Täters genügend Zeit gehabt, den Notausgang zu erreichen, erläuterte der Journalist von FA. Das habe die Auswertung von Videomaterial der Kameras aus der Arena-Bar ergeben. Er erklärte, die Besucher hätten aber gewusst, dass der Notausgang verschlossen gewesen sei und seien daher in einen anderen Teil des Raumes gerannt - in eine Sackgasse. (dpa/npa/gmö)