2,5 Jahre nach Anschlag auf neun unschuldige Menschen
Überlebender des Hanau-Attentats: Verschlossener Notausgang wurde zur Todesfalle
Wäre der Notausgang offen gewesen, hätten alle in der Arena-Bar den rechtsextremen Anschlag in Hanau überlebt. Diese Aussage eines Überlebenden vor dem Untersuchungsausschuss in Wiesbaden zum Attentat von Tobias R. am 19. Februar 2020 wirft Fragen und Zweifel auf. Die fehlende Fluchtmöglichkeit sorgt auch 2,5 Jahre nach der Tat für Diskussionen.
"Neun Tote, teilweise mit Löchern im Kopf - das sieht nicht jeder jeden Tag."
Für viele überlebende Opfer, Angehörige der Getöteten und die hessische Opposition bleibt die Tatnacht eine Verkettung von Versagen. Warum war der Notausgang in der Arena-Bar, die Attentäter Tobias R. als einen seiner Tatorte auserkoren hatte, verschlossen? Warum gibt es immer wieder Beschwerden, dass Zeugen sich von der Polizei nicht ernst genommen fühlen? Piter Minnemann ist einer der Zeugen aus der Arena-Bar und übt seitdem Kritik an der Polizeiarbeit in dieser Nacht und danach: "Ich meine, das sieht nicht jeder jeden Tag: neun Tote, teilweise mit Löchern im Kopf und so. Das sieht man nicht, ich verstehe das, das ist menschlich. Und dann gibt es auch wieder diesen Punkt, wo man professionell sein muss und dann wieder seine Arbeit machen muss. Und das ist in unserem Fall nicht geschehen."
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Unnötige Diskussion um verschlossenen Fluchtweg?
Es sei laut seiner Aussage schon klar gewesen, dass der Notausgang und damit der mögliche Fluchtweg verschlossen waren. Unterstützt wird der Zeuge aus der Bar durch die Initiative 19. Februar, eine Organisation, die Gedenken und Aufklärung einfordert. Mitglied Hagen Kopp kritisiert: "Das mit dem Notausgang ist wirklich bedauerlich, dass das immer wieder versucht wird in Frage zu stellen. Selbst die Polizisten haben beim letzten Termin klar gemacht, dass der Notausgang zu war.“
Dass Minnemann überlebt habe, trotz verschlossener Tür, sei nur Glück gewesen, sagte er vor dem U-Ausschuss am 26. September. „Wir waren alle an einem Fleck.“
Widersprüchliche Zeugenaussagen erschweren Ermittlung
Ein Mitarbeiter des Landeskriminalamts (LKA) berichtete am Montag, es habe von Zeugen zu diesem Thema sehr widersprüchliche Angaben gegeben. So hätten Gäste von einer generell verschlossenen Tür berichtet. Angestellte hätten ausgesagt, diese sei grundsätzlich offen gewesen. Er selbst habe es bei einer Tatortbegehung im Dezember 2020 mit normalem Kraftaufwand nicht geschafft, die Tür zu öffnen, da diese geklemmt habe.
Der Betreiber habe ausgesagt, die Tür sei früher immer mal wieder verschlossen worden, damit Gäste dort nicht hätten hinausgehen können. Bei den Ermittlungen hätten sie erfahren, dass das Gewerbeamt dies bei Kontrollen moniert habe, so der Mitarbeiter des LKA. (dpa/bch/gmö)