Ur-Enkel George und Charlotte bei Queen-Begräbnis dabei
Ab wann können Kinder mit zu einer Beerdigung? Trauerexpertin klärt auf

Die Ur-Enkel Prinz George (9) und Prinzessin Charlotte (7) nehmen am Staatsbegräbnis ihrer Ur-Oma Queen Elizabeth II. (1926-2022) teil. Sollten Kinder so früh eine Beerdigung besuchen? Wie verabschieden Kinder sich überhaupt richtig? Und wann wird es ihnen zu viel? Wir haben mit der Münchner Trauerpädagogin Renata Bauer-Mehren darüber gesprochen. Sie sagt: Man sollte auch kleine Kinder nicht ausschließen.
Kinder tragen schwerer daran, ausgeschlossen zu sein
Muss man Kinder vor den Bildern tiefer Trauer schützen, denen sie bei einer Beerdigung ausgesetzt werden? „Nein, Kinder gehören bei der Beerdigung von nahen Verwandten, Opa oder Oma, Tante oder Onkel auf jeden Fall dazu", sagt Trauerpädagogin Bauer-Mehren, als wir sie 2021 anlässlich des Todes von Prinz Philip zu dem Thema befragen. Damals lautete die Entscheidung der britischen Royals noch anders: Die Ur-Enkel George, Charlotte und Co. sollten nicht an der Beerdigung ihres Ur-Opas teilnehmen. "Wenn wir bei unserer Arbeit bei den Erwachsenen nachfragen, bekommen wir immer wieder zu hören: 'Wenn der Opa gestorben war, wurden wir zu irgendeiner Nachbarin gegeben.' Und das ist Gift, weil die Kinder spüren: Da ist etwas los, was sie nicht sehen dürfen, wo sie nicht mit dabei sein dürfen. Und da tragen sie dann schwer dran“, lautet die Einschätzung der Expertin damals.
Lese-Tipp: Trauerbewältigung bei Kindern – wie kann man dabei helfen?
Kinder spüren die Trauer so oder so
Das Alter der Kinder spiele dabei keine Rolle, erklärt Bauer-Mehren. Sie selbst habe bei der Beerdigung ihrer Mutter ein Baby dabei gehabt. Als es geschrien habe, hätten die Leute entsetzt geguckt – da es ja die Trauer stören würde. "Das ist ganz alte Schule", sagt die Trauerexpertin.
Die Haltung, Kindern das Schwere nicht zeigen zu wollen, wenn die Erwachsenen weinen, weil sie sonst verstört werden, das sei "wirklich großer Quatsch". Denn Kinder spürten so oder so, dass wir traurig sind. „Wir sollten sie lieber einfach mit auf den Schoß setzen. Oder jemand anderes kümmert sich dort um die Kinder", so Bauer-Mehren.
Lese-Tipp: Auch Babys können trauern - so arbeiten Sie das Thema Tod mit Ihrem Kind auf
Mit den Kindern darüber reden
Bei welchen Verwandten, Freunden und Bekannten es Sinn ergibt, die Kinder mitzunehmen, „das muss jeder für sich entscheiden", sagt uns die Trauerexpertin. "Aber wenn die Trauer besonders groß ist, dann muss man mit den Kindern darüber reden und ihnen erklären, dass man auf eine Beerdigung geht. Ab einem gewissen Alter sollte man die Kinder dann auch fragen, ob sie mit wollen.“
Manchmal sagen Kinder dann auch nein. Dann sollte man sie dazu auch nicht zwingen. Wenn Kinder auch bei einem nahen Verwandten nicht mit zur Beerdigung gehen wollen, sollte man allerdings versuchen herauszufinden, was dahinter steckt: „Wenn es Angst ist, dann darf man sie natürlich nicht überfordern.“
Lese-Tipp: Trauerbewältigung – wie verkraftet man den Tod geliebter Menschen?
Niemals sagen, der Verstorbene sei eingeschlafen
Wie verabschieden Kinder sich richtig und wann wird es ihnen zu viel? „Natürlich muss man mit ihnen reden und ihnen erklären, zum Beispiel: Großvater ist tot.“ Man dürfe niemals sagen, der Verstorbene sei eingeschlafen. Denn: Dann haben die Kinder irgendwann Angst vor dem Einschlafen. „Man kann den Kindern keinen Schmerz ersparen", sagt die Trauerpädagogin. „Wenn man sie ausbootet und ausschaltet, weil man sie schützen will, dann bewirkt man genau das Gegenteil, die bekommen dann eher Angst, als wenn sie dabei sein dürfen.“
Lese-Tipp: Trauerbewältigung – wie lange dauert Trauer?
Die Kinder könnten zum Abschied den Sarg anmalen
Sogar den Verstorbenen noch einmal anschauen dürfen, sei etwas ganz Wichtiges. „Wenn wir Beerdigungen machen, dann gibt es den offenen Sarg, da können die Kinder mitgucken. Es ist immer jemand dabei, der erklärt, warum der Opa jetzt anders ausschaut, aber er schaut friedlich aus", schildert die Expertin. "Man darf sogar auch anfassen. Oder die Kinder können auch Bilder malen als Grabbeigabe oder sogar den Sarg anmalen. Das ist eine wunderbare Idee!" Denn: Wenn wir Erwachsenen einen natürlichen Umgang mit Tod und Sterben pflegen, dann lernen Kinder den auch.
Lesen Sie auch: Warum Jugendliche anders trauern
Spaß haben, das Leben auskosten, in den Tag hineinleben – das Leben von Jugendlichen ist vor allem von Leichtigkeit geprägt. Doch was passiert, wenn sich der Tod in das Leben eines jungen Menschen schleicht? Das Lebenskonzept wird durch diese emotionale Ausnahmesituation durcheinandergebracht, es entsteht ein Zwiespalt zwischen Trauer und Heiterkeit. Während Erwachsene sich zum Trauern oft zurückziehen, nehmen manche Jugendliche kurz nach einem Todesfall die Einladung zu einer Geburtstagsparty an. Das heißt jedoch keinesfalls, dass es ihnen leichter fällt, einen Tod zu verkraften – sie trauern nur anders.