Zhou nach Horror-Crash fit fürs nächste Rennen
Wie Halo zum Silverstone-Lebensretter wurde

Die Szenen lassen den Atem stocken. Das Schlimmste befürchten. Formel-1-Pilot Zhou Guanyu schlittert kurz nach dem Start zum Großen Preis von Großbritannien nach einer Berührung mit einem anderen Wagen kopfüber durchs Kiesbett und wird über den Reifenstapel geschleudert. Nach bangen Minuten ist klar: Ihm geht es gut. Wie kann das sein? Die Antwort: Ein bei der Einführung teils verschmähtes und verhöhntes Bauteil wird an diesem Tag in Silverstone zum doppelten Lebensretter.
Viele Kritiker, aber das System liefert

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Einen weiteren Beweis für die Sinnhaftigkeit des Cockpitschutzes Halo hätte es nicht benötigt. Nicht an diesem Tag und generell sowieso nicht.
2018 bewahrte es den jungen Charles Leclerc in Spa nach einem Start-Unfall vor brutalen Folgen, 2020 half es Romain Grosjean den fürchterlichen Feuer-Crash in Bahrain zu überstehen und 2021 schützte es auch Rekord-Weltmeister Lewis Hamilton vor einer massiven Kopfverletzung, als der Red-Bull-Renner von Max Verstappen in Monza über seinen Kopf ruckelte und dort zum Stehen kam.
Die Rede ist vom Halo. Zu Deutsch „Heiligenschein“. Die simple und wichtige Aufgabe des Cockpitschutz-Systems: Leben retten. Ein Überrollbügel mit drei Streben aus dem Leichtmetall Titan spannt sich über den Kopf der Fahrer, neun Kilogramm schwer, an drei Stellen mit dem Cockpit verbunden. Es soll dem Druck von bis zu zwölf Tonnen standhalten.
Rosberg: Diskussion beendet
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So sinnvoll die Einführung 2018 ist und rückblickend als überfällig erscheint, die Kritik an dem Bauteil war immens. Die Mercedes-Männer Lewis Hamilton und Toto Wolff waren dagegen, Max Verstappen fand es hässlich, auch Niki Lauda und Romain Grosjean lehnten es ab. Die Optik und Ästhetik störten viele Motorsportpuristen. Denn der Bügel nahm den Piloten das offene Cockpit. Aber es gab viel mehr zurück.
Denn es folgten die ersten bösen Crashs und der Heiligenschein hielt, was sich die Experten versprochen hatten. Er rettete ganz einfach Leben. Ein Cockpit-Schutz war zuvor über Jahre diskutiert worden, nach dem tödlichen Unfall von Jules Bianchi (2014) nahmen die Diskussionen wieder an Fahrt auf. Nach Testphasen dann die Einführung im Jahr 2018.
Schon nach dem Leclerc-Crash (2018) erklärte Ex-Weltmeister Nico Rosberg die Diskussionen um die Halo-Einführung für beendet. Die Kritik verstummte. Es ist wohl eine der spektakulär erfolgreichsten Einführungen in der Geschichte der Formel 1. Die einstigen Kritiker schwenkten um. Hamilton wusste nach dem Crash 2021 genau, was er am Halo hat. „Gott sei Dank gibt es den Halo. Er hat mich gerettet."
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Zhou Guanyu kann beim nächsten Rennen schon wieder mitfahren

Genauso erging es nun auch Zhou. Nach dem Crash wurde er im Medical Centre an der Strecke durchgecheckt. Das Team gab schnell Entwarnung. Ihm geht es gut. Der Chinese spazierte sogar wieder durchs Fahrerlager. Mittlerweile ist auch klar, dass Zhou fit für das nächste Rennen am Wochenende in Österreich ist. Auf Twitter meldete sich der F1-Rookie mit einem Dank zu Wort. Seine klare Aussagen. „Mir geht es gut, alles klar. Halo hat mich heute gerettet. Danke an alle für eure netten Nachrichten!“
Schon wenige Stunden zuvor hatten das Halo-System wohl ein Leben gerettet. Beim Formel-2-Rennen an gleicher Stelle. Der F2-Pilot Roy Nissany wurde nach einer Kollision von einem anderen Wagen getroffen. Das Halo-System half auch hier – mindestens verheerende Verletzungen wehrte das System ab. Wohl aber rettete es das Leben.
Kurz darauf erwischte es auch Zhou. Der Alfa-Pilot profitierte sicher auch vom verbesserten Monocoque, der Überlebenszelle im Wagen und vom Sicherheitssystem HANS, dem Hals- und Nacken-Schutz. Zudem noch von Glück und Silverstone-Schutzengeln. Die Hauptrolle aber dürfte Halo gespielt haben – der erfolgreichste Heiligenschein aller Zeiten. (msc)