Monaco-Debakel der Scuderia
Binotto listet Ferraris Strategie-Pannen auf

Wenn man beim Großen Preis von Monaco mit beiden Autos aus der ersten Reihe startet und am Ende die Plätze 2 und 4 einfährt, ist etwas gewaltig schief gelaufen. Ferrari erlebte beim Formel-1-Spektakel im Fürstentum ein Strategie-Debakel, den Albtraum für alle Hirne am Kommandostand. Teamchef Mattia Binotto listet die Fehler der Scuderia schonungslos auf.
"Danach ging das Chaos los"
Ferrari habe in der turbulenten Anfangsphase des Rennens die falschen Ansagen gemacht, räumte Binotto ein. „Der erste Fehler war, dass wir die Pace des Intermediate-Reifen unterschätzt haben und die Lücke zu den anderen Teams, was unsere Track Position angeht.“
Hintergrund: Polesetter Charles Leclerc hatte seinen Heim-GP auf Regenreifen nach einem Start hinter dem Safety Car souverän angeführt, dahinter hielt Carlos Sainz die Red Bulls von Sergio Perez und Max Verstappen locker in Schach. Red Bull brachte die Roten dann aber in Runde 16 mit einem Undercut ins Schwimmen, zog Perez Intermediate-Pneus auf.
Ferrari reagierte zwar einen Umlauf später, mit den frischen Misch-Reifen hatte Perez auf seiner Out Lap aber derartig viel Boden gut gemacht, dass Leclerc hinter den Mexikaner zurückfiel. Stallkollege Sainz war zwar noch vorne, Leclercs Führung vor Perez aber war futsch, der Sieg eigentlich hier schon verloren. "Die erste Entscheidung war eine ziemlich klare - und eine ziemlich falsche. Und danach ging das Chaos los", meckerte Leclerc unverhohlen.
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Binotto: Entweder früher oder direkt auf Slicks
„Wir hätten ihn früher reinholen sollen, mindestens eine Runde früher“, kritisierte Binotto seine Strategie-Abteilung. „Und wenn nicht, hätten wir auf dem Regenreifen draußen bleiben sollen, um die Position zu verteidigen, um dann vielleicht direkt auf Trockenreifen zu wechseln.“
Letzteres tat Ferrari bei Carlos Sainz in Runde 22: Der Spanier wechselte von Regenreifen auf harte Slicks, hatte allerdings Pech, dass er hinter Williams-Mann Nicholas Latifi auf die Strecke kam, wie Binotto anmerkte. Die entscheidenden Sekunden, die Sainz hinter dem Kanadier verlor, nutzte Perez, um den Ferrari-Stopp eine Runde später zu covern und mit harten Pneus vor Sainz zu bleiben.
Totale Verwirrung bei Leclerc
Pech war also auch dabei, allerdings nur im Fall Sainz. Denn bei Leclerc, dem heißen WM-Eisen der Scuderia, ging nun alles in die Hose, brach das „Chaos“ aus, wie der 24-Jährige es nannte .
Ferrari gab Leclerc die Ansage aufs Ohr, direkt hinter Sainz zu stoppen, um sich ebenfalls harte Gummis abzuholen – nur, um dem Monegassen kurz vor der Boxenausfahrt doch den Befehl zu geben, auf der Strecke zu bleiben. Zu spät. Leclerc war schon in der Box, verlor bei dem Doppel-Stopp der Roten wichtige Zeit, fiel so letztlich hinter seinen WM-Rivalen Max Verstappen zurück. Von 1 auf 4 – was in Monaco eigentlich unmöglich ist, wurde für Leclerc albtraumhafte Realität.
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Leclerc haut sein Team in die Pfanne
"Bei diesen Bedingungen verlässt man sich ein wenig darauf, was das Team sehen kann“, schob Leclerc den schwarzen Peter nach dem Rennen ungewohnt offen seiner roten Crew zu. "Du siehst ja nicht, was die anderen mit Intermediates und Trockenreifen machen."
"Ich wurde gefragt, ob ich von den Regenreifen auf die Slicks wechseln möchte. Ich habe gesagt: 'Ja, aber jetzt noch nicht, sondern etwas später'", rollte er den Kardinalfehler Ferraris auf. "Ich verstehe nicht, was uns dazu gebracht hat, die Meinung zu ändern und auf Intermediates zu gehen."
Hätte sich Ferrari den ersten Stopp geschenkt und Leclerc wie Sainz in Runde 22 direkt von Regen- auf Trockenreifen umgerüstet – der Lokalmatador hätte das Rennen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gewonnen, da sein Polster auf Perez und Verstappen ungleich größer war als das von Stallkollege Sainz.
Binotto kündigt schonungslose Analyse an
„Vierter zu werden zeigt, dass wir etwas falsch gemacht haben, ich glaube nicht, dass es etwas mit Pech zu tun hatte. Wir hätten das Rennen gewinnen können, sogar Carlos“, bemühte Binotto zum Abschluss des Monaco-Debakels den Konjunktiv – und kündigte eine schonungslose Fehler-Analyse an.
Der Hauptfehler – Leclercs erster Stopp – sei einfach zu erkennen. „Was war der Prozess, der uns dort hin geführt hat? Es wird etwas Zeit brauchen, sich das anzuschauen und eine klare Erklärung zu haben.“ Die nächsten Tage in Maranello werden ungemütlich. (mar)