Vettels brillante Baku-Fahrt
Er ist wieder da!
Sebastian Vettel feiert 2. Platz beim Aserbaidschan-GP
Sebastian Vettel war „aus dem Häuschen“, wie er später sagte. Als hätte er den turbulenten Grand Prix von Aserbaidschan in Baku eben selbst gewonnen, kletterte der 33-Jährige im Parc Fermé aus seinem Aston Martin, streckte die Arme aus und warf sich in die Arme seiner jubelnden Mechaniker. Vettels Botschaft an die Formel-1-Welt: Ich bin endgültig wieder da.
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Und wie: Zwei Wochen nach Rang 5 beim Klassiker in Monaco setzte der viermalige Weltmeister am Kaspischen Meer noch einen drauf. Weil Vettel auch in Baku fehlerlos und konstant schnell über den Stadtkurs jagte, durfte er saftig zubeißen, als Max Verstappen das Pech in Form eines Reifenplatzers ereilte und Lewis Hamilton beim Re-Start patzte. Platz 2, 18 Punkte, die erste Sektdusche seit 203 Tagen, das erste F1-Podium für die stolze Marke Aston Martin. Wenn Monaco das Aufrichten war, war Baku Teil 2 der Vettel-Auferstehung.
Wie wichtig der Erfolg für Vettel war, machte nicht nur seine erste Reaktion im Boxenfunk („Hahahaha! Ja, Leute, das ist ein Podium!“) sowie das Abfeiern mit den Jungs in Grün deutlich. Auch andere spürten offenbar, welche Last dem Deutschen von den Schultern fiel. Charles Leclerc gratulierte seinem Ex-Ferrari-Kollegen sofort herzlich, wenngleich sich der Polesetter von Vettel (Startplatz 11) genüsslich an dessen Prophezeiung nach dem Qualifying („Schau in die Rückspiegel, morgen komme ich“) erinnern lassen musste.
Auch Altmeister Fernando Alonso – früher ein erbitterter Rivale Vettels – schritt würdevoll zum Aston-Martin-Piloten, um abzuklatschen. „Danke, Fernando“, sagte Vettel. Man spürte: Dieser 2. Platz, die Komplimente, die Gratulationen – sie waren Balsam für die lange geschundene Rennfahrerseele.
Denn Vettels Misere war nach dem Wechsel von Ferrari zu Aston Martin ja erst einmal weitergegangen. Von den Bahrain-Tests, bei denen es nicht lief, über die ersten Rennen, in denen Vettel kaum etwas gelang. Dem 33-Jährigen war das Lachen vergangen, der Spaß am Fahren schien weg. Derart bitter war der Eindruck, dass sich viele F1-Fans ernsthaft Sorgen um „ihren“ Seb machten. Jetzt aber, so scheint es, hat der F1-Routinier die Kurve gekratzt.
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Freitags-Arbeit zahlt sich aus
Seit nun mehreren Rennen präsentiert sich Vettel über das gesamte Wochenende tadellos, ist meist flotter als Stallkollege Lance Stroll, holt immer mehr das Maximum aus seinem AMR21 heraus. Was er in Monte Carlo begonnen hatte, setzte Vettel in Baku nahtlos fort.
Schnell, konstant, präzise am Limit, in den entscheidenden Situationen kaltblütig. Der „alte“ Vettel ist wieder da. Der, der die Königsklasse schon in jungen Jahren aufgemischt und später jahrelang (mit)dominiert hatte.
Dabei hatte am Freitag noch nicht viel auf Vettels Parforce-Ritt hingedeutet. In den Trainings-Sessions zum Aserbaidschan-GP zierte er nur die hinteren Ränge. Das hatte aber seinen Grund: Vettel arbeitete von Beginn an konsequent an seiner Rennpace, konzentrierte sich stärker als andere auf die Longruns. Am Baku-Sonntag kam ihm dies zugute. Auf weichen Reifen blieb Vettel länger draußen als die meisten seiner Konkurrenten.
Dank des famosen ersten Stints überholte Vettel nicht nur AlphaTauri-Rookie Yuki Tsunoda in der Box. Im Vergleich zu den weit vor ihm gestarteten Leclercs und Pierre Gaslys, die viel früher ihren ersten Stopp machten, erfuhr sich Agent 005 im Aston Martin auch einen Reifenvorteil für die zweite Rennhälfte – den er zu nutzen wusste. Runde um Runde verkleinerte Vettel mit seinen frischeren Gummis den Rückstand auf Gasly (P4) und Leclerc (P5).
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"Hoffe, dass wir jetzt regelmäßiger in die Punkte fahren können"
Den Ferrari ließ Vettel schließlich nach dem ersten fliegenden Re-Start in Kurve 1 stehen. Warum? Weil der Aston-Martin-Pilot anders als Leclerc präzise in den Linksknick einlenkte, den roten Renner so innen lockerleicht ausbeschleunigte. Kurz darauf war Gasly fällig, der kaum glauben konnte, wie der grüne Blitz auf Start/Ziel an ihm vorbeiflog. Auch beim stehenden Neustart nach dem Verstappen-Crash blieb Vettel ganz cool, brachte den von Hamilton geerbten 2. Platz souverän nach Hause.
„Platz 4 wäre schon sehr stark gewesen“, resümierte Vettel nach dem verrückten Rennen bei Sky und richtete den Blick direkt nach vorne: „Ich hoffe, wir können dieses Momentum mitnehmen. Das Vertrauen ins Auto ist da, das ist ein gutes Zeichen. Wir verstehen das Auto immer besser. Insgesamt sind wir auf dem richtigen Weg, um unser Paket zu maximieren. Ich hoffe, dass wir jetzt regelmäßiger in die Punkte fahren können.“
Sicher: Der schon als Gurke gehandelte Aston Martin ist nicht auf einmal ein Top-Auto geworden, es dürften Strecken kommen, auf denen es für das Werksteam wesentlich schwerer wird. Und doch: Einem Sebastian Vettel in der Monaco/Baku-Form sind Punkte ganz gewiss zuzutrauen. (mar)