Russell will bei Mercedes durchstarten - WM-Titel als Ziel

Fährt Hamiltons größter Gegner im eigenen Team?

28.08.2021, Belgien, Spa: Motorsport: Formel-1-Weltmeisterschaft, Großer Preis von Belgien, Qualifying: Der zweitplatzierte George Russell (l) aus Großbritannien von Team Williams Racing gibt dem drittplatzierten Lewis Hamilton aus Großbritannien von Team Mercedes die Hand. Der Große Preis von Belgien  wird am Sonntag, 29.08.2021 ausgetragen. Foto: John Thys/Pool AFP/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
In der Saison 2021 musste Lewis Hamilton dem damaligen Williams-Underdog im Qualifying zum Belgien im Regen den Vortritt lassen
nwi, dpa, John Thys
von Mats-Yannick Roth

Allerletzte Zweifel bestehen zwar immer noch, doch seit Wochenbeginn ist praktisch klar: Lewis Hamilton bleibt der Formel 1 erhalten und wagt 2022 den nächsten Versuch, seinen achten Fahrertitel zu holen. Erstmals seit fünf Jahren tritt der derzeit abgetauchte Superstar dabei nicht mehr als gejagter Titelverteidiger an. Und erstmals seit fünf Jahren muss er sich einer neuen Konkurrenz im eigenen Stall erwehren.

Hamilton hat Revanche gegen Verstappen im Sinn

Lewis Hamilton wird auch 2022 im Mercedes Platz nehmen und sich neben seinem neuen Teamkollegen George Russell wieder einmal neu beweisen müssen.

Spätestens seit seiner am letzten Montag veröffentlichten Videobotschaft mit chinesischen Neujahrsgrüßen bestehen keine größeren Zweifel mehr daran, dass der 36-Jährige im neuen Mercedes W13 noch einmal zur großen Revanche und Attacke auf den neuen Weltmeister Max Verstappen blasen wird.

"Er wird auf jeden Fall am 18. Februar bei der Präsentation dabei sein. Er wird mit neuer Motivation 2022 gegen Max Verstappen antreten", versprach Formel-1-Insider und -Reporter Felix Görner den Millionen deutschsprachigen Mercedes-Fans.

Russell beim ersten Mercedes-Besuch noch handzahm

Der vermeintlich größte Widersacher für den Rekordweltmeister nimmt in der neuen Saison dabei aber wohl gar nicht im konkurrierenden Red Bull Platz. George Russell hat mit riesiger Motivation und großer Euphorie seine Arbeit als neuer Stammpilot bei Mercedes aufgenommen und an seinem ersten offiziellen Arbeitstag gleich mal die Werke im englischen Brackley und Brixworth besucht.

"Für mich ist es ein Privileg, an der Seite von Hamilton zu fahren. Das ist eine fabelhafte Chance, um zu sehen, wo ich genau stehe und, um mich als Pilot weiterzuentwickeln", zeigte sich der 23-Jährige zuletzt zwar noch respektvoll und handzahm.

Dennoch ist klar: George Russell wird vom ersten Tag im W13 seine Chance suchen, den siebenmaligen Weltmeister im zweiten Mercedes in Verlegenheit zu bringen. Russell will mehr sein als Hamiltons Wingman, träumt längst von seiner eigenen Titelchance.

Eine klare Hackordnung wie in der jüngeren Vergangenheit beim Abo-Konstrukteurschampion, als Valtteri Bottas als klare Nummer zwei hinter Lewis Hamilton nur zwei Siege in den letzten 41 Rennen - im Vergleich dazu Hamilton: 20 Siege (!) im selben Zeitraum - einfuhr, wird es vorerst nicht mehr geben.

Fährt Hamilton wie kolportiert mindestens die bevorstehende Saison weiter im Mercedes, wird er sich seinen Status als unangefochtene Nummer eins im Team wieder neu verdienen müssen.

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Ex-Teamchef traut Russell direkt Siege zu

Formel-1-Experten sind sich einig, dass George Russell das fahrerische Talent mitbringt, dem 103-fachen Rennsieger auf Sicht gesehen den Rang abzulaufen. "Er hat das Talent, dieses Auto zu fahren. [...] Seine Arbeitsmoral und die Art und Weise, wie er das Team zusammenbringt, sowie seine Fähigkeit und sein Selbstvertrauen, Entscheidungen zu treffen, das alles sind die wirklichen Schlüsselfaktoren", umreißt Williams-Ingenieur Dave Robson die herausragenden Qualitäten Russells.

Bei Williams ließ er seine Fähigkeiten in den letzten drei Jahren immer wieder aufblitzen, pilotierte den unterlegenen FW43B im letzten August sogar sensationell aufs Podium.

Auch Russells Ex-Teamchef Jost Capito war sich im RTL-Interview sicher, dass sein einstiger Schützling sofort und ernsthaft in den Titelkampf eingreifen kann: "Ich glaube, wenn er das erste Mal in das Auto steigt, dann ist er absolut top. Der (Lewis Hamilton, Anm. d. Red.) kann sich nicht hinsetzen und sagen: 'Ich bin mir sicher, ich kann ihn von Anfang an schlagen.'"

Hamilton mit beeindruckender Formel-1-Bilanz

Hochveranlagte Gegner im eigenen Team sind für Lewis Hamilton, der mittlerweile auf 15 Saisons in der Königsklasse des Motorsports zurückblickt, bei weitem kein Neuland. Den damaligen Weltmeister Fernando Alonso hielt Hamilton in seiner sensationellen Debüt-Saison 2007 direkt in Schach.

Mit Jenson Button (2010 bis 2012) und Nico Rosberg (2013 bis 2016) hatte der erfolgreichste Formel-1-Fahrer aller Zeiten zudem zwei weitere Fahrer im Team, die bereits Weltmeister waren oder neben ihm wurden.

In seiner gesamten Formel-1-Karriere wurde Lewis Hamilton nur zweimal von seinem Teamkollegen in einer Saison geschlagen: 2011 setzte es gegen Jenson Button im McLaren-Mercedes eine bittere Klatsche mit am Ende 227:270 Punkten. Button wurde damals hinter Sebastian Vettel Vize-Weltmeister, Hamilton nur WM-Fünfter.

2016 folgte der legendäre "Krieg der Sterne" gegen Nico Rosberg, in dem der Deutsche bekanntlich als gefeierter Sieger hervorging und direkt danach sein Karriereende verkündete.

George Russell will unbedingt der dritte Fahrer sein, der Lewis Hamilton die Stirn bieten kann. Mit Talent, Akribie, Entschlossenheit und dem gewissen Gespür für die richtige teaminterne Kommunikation und Atmosphäre will der Neue beim deutsch-britischen Rennstall Protagonist werden und kein Nebendarsteller.

Russell selbst zeigte sich zuletzt noch betont bescheiden: "Ich halte es für möglich, dass wir bei den Wintertests und bei den ersten Rennen Überraschungen erleben werden", gab er bei seiner Werksbesichtigung seines neuen Arbeitsgebers zu verstehen.

Letztlich wird er sich damit vor allem selbst meinen.

Quelle: sport.de